Das Übliche?

  • R. Weichold hatte seine aktive Phase zwischen 1850 und 1870. also ist die Geige mindestens 160 Jahre alt. Da er nicht alle Geigen selber gebaut hat sondern auch viel experimentiert könnte deine Geige locker noch 50-100 Jahre älter sein. Zu oder deine Oma hat die Geige zum Geigenbau gebracht um einen neuen Stick machen zu lassen. Geigenbau hatte den zufällig einen alten Weichhold-Steg………???


    Ich meine, an den Jahresringen etwas zu sehen (siehe Bilder).


    Magst du mir das Bild von der Geigendecken Innenseite noch mal ohne Verlust direkt zu mailen? Mich interessieren vor allem diese beiden Stellen:



    Deshalb meine ich immer das außen rum um den Fund Zustand hilft bei ehrlichen Angaben schnell viel weiter.


    Das dritte Bild eine Vergrößerung des Wirbelkastens\Anschäfter:

    Warum bilden die Linien von oben auf denWirbelkasten keine Abgrenzung des Verlaufes? Müsste nicht im Bereich der Kreise waagerechte Trennstriche sein? Entschuldigung mein Misstrauen, natürlich siehst du das viel besser, du hast die Geige in der Hand.😂😂😂.


    Viertes Bild: shit happens!😇

  • Ich denke, Braaatsch hat recht, sowohl Schnecke wie auch Hals sind aus Ahorn.

    Wobei der Hals auch ungeflammtes Ahorn sein könnte. Die Flammen könnte mit schwarzen Aquarellfarben vor der ersten Lackierung aufgebracht sein. Könnte aber auch sein, dass, wenn ich die Geige in der Hand hätte ich zu einem völlig anderen Ergebnis komme. 🤷‍♂️. Das macht ja die Argumentation in dem Forum so schwierig.

    Schönes Beispiel für eine gut gemalte Flammung ist die Fake- Marchetti-Geige die ich mal für Hannes_F Klang optimiert hatte. Im Forum beschrieben.

  • Chiocciola Ich hatte den Steg nicht mit fotografiert und genannt, weil sein Stempel ja im besten Fall nur aussagt, wer die Geige als letztes spielfertig gemacht hat. Weil ich aber gar nichts über die Geige rausgefunden habe, hab ich mal zu Weichold recherchiert und die o.g. Sachen gefunden.

    Die Geige gehörte nicht meiner Oma, sondern einem angeheirateten Teil der Familie. Sie wurde, soweit ich mich erinnere, in den 1950er Jahren in Dresden gekauft, aber dann nicht oder nur wenig gespielt. Es kann natürlich sein, dass hier ein Steg wiederverwendet wurde, das hab ich auch schon gemacht. Deshalb interessiert es mich ja, ob die Stege aus dieser Werkstatt auch nach dem Ausscheiden von Weichold noch mit seinem Namen gestempelt wurden. Dann könnte der Steg vielleicht zwischen den Weltkriegen gestempelt worden sein.


    Ich gehe davon aus, dass Weichold die von ihm selbst gebauten Geigen irgendwie kenntlich gemacht hat, weil er ja die Instrumente selbst verkauft und nicht irgendeinem Händler überlassen hat. Leider hab ich nicht unter den falschen Klotz-Zettel geschaut. Hab gelesen, dass die Händler die Modellzettel manchmal über den Stempel des Geigenbauers geklebt haben. Aufmachen will ich die Geige deshalb aber nicht wieder. Mal sehn, was das Forum des Museums Markneukirchen zu dem Thema sagt.


    Hier nochmal Detailbilder des Anschäfters. Der neue Hals verjüngt sich im Wirbelkasten nach oben hin nicht bis auf Null, sondern hat am oberen Ende eine 3mm breite Kante. Das sind vermutlich die von Dir genannten Trennstriche. Man kann sie kaum erkennen, weil die Holzmaserung auf der Wirbelkasten-Oberseite fast identisch ist. Bei der Ansicht von der Seite und von unten verlaufen die Holszfasern sichtbar unterschiedlich. Man sieht es hoffentlich auf den Bildern.


          


    Das Bild der Decken-Innenseite hab ich Dir geschickt.

  • Ich wundere mich ein bißchen, dass man von Weichold fast nur Bögen findet... Hat er überhaupt selbst Instrumente gebaut oder nur das verkauft, was er aus Markneukirchen an Bögen und Instrumenten bezogen hat?

  • Danke, jetzt sehe ich den Anschäfter deutlich. Er ist über den gesamten Wirbelkasten geführt.Das ist eher selten. Vielen Dank für das Original Bild per E-Mail, jetzt kann man die Abstände gut sehen, auch dass die Decke geteilt ist.

    Weichold hat etliche fremde Geigen per Spezialbehandlung von innen „Holzgealtert“ und dadurch vermeintlich klangoptimiert. Die vermeintlich verbesserten Geigen hat er wieder (teuerer) verkauft. Frage mal in deiner Verwandtschaft, ob sie sich an so etwas erinnern können.


    Ich habe gerade noch eine Violine geöffnet, die ganze Eckklötze hat mit eingelassenen Reif chen. Man sieht, dass die Klötze in Windeseile mit sehr geschickter Hand gespalten sind und auch die Reifchen in die angespaltenen Klötze unter Spannung eingeklemmt wurden.

    Ergebnis: eine in Serie gebaute, gehobenemanufaktur Geige mit unten durchgehende Zarge. Die Violine hat zusätzlich ein furniertes Griffbrett. Ich zeige hier nur den Zargenkranz und stelle die Violine separat vor. Ich denke, deine Violine wurde ähnlich schnell gebaut mit ganzen Ecklötzen aber eben ohne eingelassen Reifchen.


    Die Violine war leider mit Pattex zugeklebt. Zwei Bilder vom Fund Zustand zeigen Sie als relativ geschwärzte Violine. Ich will die schwarze Farbe von der Decke komplett abnehmen und teilweise auch vom Boden, da darunter ein schönes rot braun hervor leuchtet. Mit was für eine Form\Technik wurde diese Violine wohl gebaut oder aufgeschachtelt? Was meint ihr? Reiche gerne noch Bilder nach!


    Buona notte

  • Ich wundere mich ein bißchen, dass man von Weichold fast nur Bögen findet... Hat er überhaupt selbst Instrumente gebaut oder nur das verkauft, was er aus Markneukirchen an Bögen und Instrumenten bezogen hat?

    Weichold war meines Wissens nach wie Koch Geschäftsmann und Geigenwissenschaftler, d.h. er hat publiziert. Er hat auch relativ geschickt agiert und nach seiner Lehre bald ein Orchester versorgt, exklusiv. Die Idee, Geigen durch chemische Behandlung Klang zu optimieren gab es zwischen 1870 und 1920 einige Male. Prof. Karl Fuhr war auch so ein Kandidat. Ich werde morgen noch mal nachlesen, das ist nur so aus der Erinnerung.

  • Zitat

    Danke, jetzt sehe ich den Anschäfter deutlich. Er ist über den gesamten Wirbelkasten geführt.Das ist eher selten. ...

    Was meinst Du mit "Er ist über den gesamten Wirbelkasten geführt"?

    Ich kenne zwei Methoden des Anschäftens: Bei der einen verjüngt sich der neue Hals konisch nach oben hin und liegt komplett an den Seitenwänden des Wirbelkastens an. Bei der anderen Methode, die hier verwendet wurde, wird der Wirbelkasten innen senkrecht zum Außenrand 2 - 3 mm eingeschnitten und dann konisch nach unten verbreitert, und an den oberen, waagerechten Kanten stößt dann der neue Hals an. Er verjüngt sich nach oben ebenfalls konisch, endet aber oben in einer geraden Linie.

    So sehen Eckklötze und Reifchen auch aus, wenn man sie mit unscharfen Werkzeugen bearbeitet ;) Aber ich sehe, was Du meinst: Die Klötze sind nur angeschnitten, und in diese Schlitze sind die Reifchen geklemmt. Das hab ich so noch nicht gesehen. Würde die Geige deshalb für das Imitat einer Mittenwalder Geige halten. Die echten Mittenwalder können auch recht flüchtig gearbeitet sein, die Lücken in den Eckklötzen für die Reifchen sind aber immer sauber ausgestochen. Ich restauriere grad so ein Schätzchen.


    Vorsicht mit dem dunklen Lack: Es kann auch sein, dass er im Original rot war und mit der Zeit nachgedunkelt ist. Das sieht man manchmal bei Mittenwalder Geigen, allerdings ist das dann kein deckender, schwarzer oder dunkelbrauner Lack, sondern man sieht bei starkem Licht noch den rötlichen Farbton und auch die Holzmaserung. Teste mal, ob das bei dieser Geige auch der Fall ist. Wenn nicht, würde ich, glaub ich, auch den schwarzen Oberlack entfernen.


    Ich denke, diese Geige wurde mit Hilfe einer Innenform gebaut, aber, wie Du schon sagtest, sehr flüchtig und schnell.

  • Ich kenne Weichold-Instrumente auch mit Stempel auf dem Boden und entsprechenden Zetteln. Was natürlich nicht heisst, dass die Werkstatt Weichold jedes zugekaufte oder reparierte Instrument gestempelt und mit Zetteln versehen hat. Auch habe ich gestempelte/bezettelte Instrumente gesehen, die auf dem Zettel auf später datiert wurden (also als R. Weichold selber nicht mehr aktiv war). Entweder waren das Fälschungen, oder die Werkstatt hat auch später noch Zettel und Stempel verwendet.


    Dass die Werkstatt Verschleissteile wie Stege lange Zeit vorrätig hat, erscheint mir plausibel- man kann ja heute auch ohne Weiteres 20- 50 Jahre alte Stege aus grösseren Werkstätten kaufen.


    Das Beste wird wirklich sein, wenn Du mal im Musikinstrumentenmuseum Markneukirchen vorbeigehst. Es ist wirklich schwierig, per Fotos zu Aussagen zu kommen.

  • Ich versuche einmal etwas Licht ins Dunkle zu bringen.

    1891 begann die Produktion der Stelzner Geigen mit dem Geigenbaumeister Richard Weidemann

    1893 Wurde die Prduktion von Wiesbaden nach Dresden Verlegt, das war auch der Zeitpunkt als Augustus Paulus die Werkstatt von Richard Weideman übernahm.

    Paulus hatte während dieser Zeit einige gehilfen z.B. Otto Wendisch, Wilhelm Brückner (1895-1897)

    Arnoldt Bernhardt (bis 1905)

    1933 Augustus Paulus starb sein Sohn Rudolf Paulus ist hat die Werkstatt übernommwn und wird als Inhaber der Firma Richard Weichhold in Dresden geführt.


    Jetzt könnte es also sein das Rudolf Paulus den Zettel von Weichhold weiter benutzt hat und mit Paulus ergänzt hat. Somit könnte es eine Geige aus der Werkstatt von Rudolf Paulus sein.

  • Ich kenne Weichold-Instrumente auch mit Stempel auf dem Boden und entsprechenden Zetteln. Was natürlich nicht heisst, dass die Werkstatt Weichold jedes zugekaufte oder reparierte Instrument gestempelt und mit Zetteln versehen hat. Auch habe ich gestempelte/bezettelte Instrumente gesehen, die auf dem Zettel auf später datiert wurden (also als R. Weichold selber nicht mehr aktiv war). Entweder waren das Fälschungen, oder die Werkstatt hat auch später noch Zettel und Stempel verwendet.


    Dass die Werkstatt Verschleissteile wie Stege lange Zeit vorrätig hat, erscheint mir plausibel- man kann ja heute auch ohne Weiteres 20- 50 Jahre alte Stege aus grösseren Werkstätten kaufen.


    ...

    Fraglich ist, ob die Vorrats-Stege schon gestempelt waren. Ich kenne das so, dass der Geigenbauer den Steg erst stempelt, wenn er fertig aufgeschnitten ist.

    Für mich ergibt es Sinn, den Weichold-Stempel weiterzuverwenden, wenn die Firma auch unter diesem Namen weitergeführt wird. Allerdings waren beide Paulus' wohl auch gelernte Geigenbauer. Warum sollten sie dann nicht ihre eigenen Instrumente mit ihrem Namen versehen?


    Markneukirchen ist leider nicht eben um die Ecke. Da muss ich schon mal nen Urlaub in der Nähe planen ^^