Review Mezzo Forte Carbon Cello

  • Hallo allerseits,


    vielleicht interessiert es ja jemanden, und vielleicht ist es eine Entscheidungshilfe für oder gegen ein Carboninstrument. Ich habe es -trotz der nicht kleinen Investition, kleinen diplomatischen Herausforderungen mit dem Familienfinanzminister und "Nicht-Probespielen-Können" gewagt, mir ein Carboncello zu bestellen. Man hat ja Rückgaberecht....auch wenn ich es immer noch besser finde, Probespielen zu können und es bei einem deutlich vierstelligen Betrag ein echtes Risiko ist. Und ja, der Lieferservice hat mich tatsächlich nicht enttäuscht :S - 10 Tage war das Paket unterwegs, und der Karton war bei Ankunft beschädigt. Da kann der Hersteller/Lieferant nix dafür, aber Instrumente verschicken ist eben wirklich, wirklich blöd. Ein Holzcello hätte das nicht schadlos überstanden, das Carboncello kam aber heil an. Also den ersten Test hat es schon mal bestanden.


    Zum Instrument selber: Ich habe nur EIN (Carbon-)Cello gespielt, kann also nur dieses beurteilen. Andere Exemplare haben vielleicht andere Stärken/Schwächen.


    Optik:

    Carbon ist Carbon, und ob man den Look mag ist Geschmacksache. Mein Instrument hatte vereinzelte Kratzer, die aber nur bei bestimmtem Lichteinfall sichtbar sind-damit kann ich leben. Ich hab ja auch die Economy-Variante bestellt (Mezzo Forte Evo-line). Obwohl ja Carbon den Ruf der (nahezu) "Unzerstörbarkeit" (..ich übertreibe...) hat, wirkt auf mich das Cello weniger "stabil" als ich dachte- aber es wird sich zeigen wie es sich im Alltag dauerhaft schlägt, und wenn man Holzcelli gewohnt ist, ist die Carbondecke im Vergleich dazu sehr dünn.


    Klang:

    Das ist wirklich eine echte Stärke. Das Cello spricht sehr gut an, und klingt sehr klar und frei. Mein Exemplar klingt ganz und gar nicht -wie befürchtet und in einigen anderen Reviews beschrieben- "kalt" oder "flach". Es hat zwar eine recht helle Klangfarbe, aber klingt keinesfalls nach "Plastebomber". Im Pizzicato erinnert es etwas an eine klassische Gitarre, aber hat definitiv auch genug "Wumms" in den Tiefen. Zumindest für ein Amateurinstrument (und mit seiner Preisklasse (ca. 2000-4000) sollte man es auch vergleichen) ist der Klang mehr als gut, und ich denke Amateure sind auch die Zielgruppe. Besonders auffällig ist die sehr leichte Ansprache- das Cello reagiert unglaublich direkt und ist "reaktionsschnell". Flapsig ausgedrückt: Das "geht ab wie Schmidts Katze". :thumbup: Das ist ein riesiger Pluspunkt -da quietscht, verzögert und knarzt nix (wenn man es halbwegs richtig macht, nicht dass jeder Anfänger jetzt denkt, das sei ein übefreies Wunderteil), im Gegensatz zu meinem Holzcello, wo ich gelegentlich mit Nebengeräuschen zu kämpfen habe.


    Ich bin auch gerne mal in den oberen Daumenlagen unterwegs, und der Klang und die Ansprache ist bis zum Griffbrettende sehr gut. Dort, wo viele Celli (zumindest die, welche für den durchschnittlichen Amateur preislich infrage kommen) echte Schwierigkeiten bekommen und ausser Jauern und Wimmern wenig kommt ist der Klang immer noch klar aber nicht schrill, das Cello "schaltet (gefühlt) einfach auf Geige um". Und das tatsächlich auch in einem recht breiten spielbaren Saitenabschnitt, im Gegensatz zu meinem Holzcello, wo man da oben schon den Sweetspot gut treffen muss. In Punkto Bogentechnik ist das Cello ausgesprochen gutmütig- man "kommt durch" und auch bei unbeholfenerer Bogenführung spricht das Instrument gut an und unterstützt.


    Ein paar kleine Wölfe gibt es, die üblichen Verdächtigen, aber nix Unbeherrschbares. Auffällig ist aber, dass die leeren Saiten doch deutlich anders klingen als gegriffen. Das ist bei allen Celli so, aber bei dem Carboncello finde ich es doch auffälliger. Insgesamt kommt mir das Carboncello auch lauter als mein Holzcello vor, auch als ich es mal -gespielt von einem Berufsmusiker- "passiv" gehört habe. Im Fremdcheck wurde mein ausgesprochen positiver Klangeindruck bestätigt.


    Handling:

    Die Saitenlage ist ok für normale Spieler, ich hätte es gerne etwas "tiefergelegter"-das werde ich noch mal anpassen. Die Feinstimmwirbel laufen gut, das Instrument lässt sich sehr einfach stimmen und ist stimmstabil. Trotzdem ist der Handling-Aspekt die bisher einzige wirklich erwähnenswerte Schwäche. Das betrifft das 8-Design ohne Ecken und das in meinen Augen etwas zu weiche Griffbrett. Wenn man in den oberen Daumenlagen spielt, biegt es sich etwas durch- das Problem habe ich bei keinem Ebenholz-Griffbrett gehabt. Vielleicht gewöhne ich mich da auch dran. Problematischer ist die 8-Form ohne Ecken und ohne überstehenden Deckenrand- das Cello ist "rundgelutscht". Dazu kommt das glatte Carbon/Kunststoffmaterial. Diese ungünstige Kombination sorgt dafür, dass das Cello für mich sehr schwer stabil zwischen den Beinen zu halten ist. Das "flutscht" mir gerne mal weg, insbesondere wenn ich mal etwas dynamischer mit vielen grossen Lagenwechseln unterwegs bin. Da überlege ich, ob ich mir an strategisch wichtigen Punkten Silikonpads (für Schuhe) anklebe.


    .....


    Fazit:

    Insgesamt ist das ein Cello, was wirklich Spass macht. Ob es klanglich für einen Profi reicht, wage ich mir nicht zu beurteilen- das ist für knapp 3000 Euro aber auch nicht angedacht. Für reine Anfänger -es sei denn gutbetuchte Spätanfänger- ist der Preis erstmal sehr abschreckend, insbesondere weil es wenig Gelegenheit gibt, diese Instrumente mal zu testen und sich überzeugen zu lassen. Für Leute, die wissen, dass sie dabeibleiben wollen, ist das gut angelegtes Geld und Vieles geht (und lernt sich) auf dem Carboncello einfacher, vor allem wenn es dann auch mal in die Daumenlagen geht. Da macht es einfach Spass, wenn man nicht kämpfen muss sondern klanglich quasi so entspannt unterwegs ist wie in der ersten Lage. Ob man als Laie im Orchester am letzten Pult und mit überschaubarem Können mit dem Carboncello auftauchen sollte bleibt dem eigenen Selbstbewusstsein überlassen, aber man muss schon damit rechnen dass man lauter als die Anderen ist. Für Kammermusik, kleinere Auftritte und Alles, was man hobbymässig normalerweise eben so anstellt ist das Cello meiner Meinung nach -trotz kleiner Schwächen im Handling- richtig, richtig gut.

  • Mezzo Forte Carbon 5 Saiter Hybrid Design Line

    Seit einigen Wochen besitze ich ein Mezzo Forte Carbon 5 Saiter Hybrid Design Line. Der obige Beitrag war für mich hilfreich, deswegen steuere ich gerne auch meine Erfahrung bei:


    Meine Hauptmotivation diesen Weg zu gehen war, dass ich ein 5-Saiter akkustisches Cello mit hoher E-Saite wollte, und alle Anfragen bei den wenigen Geigenbauern, die das überhaupt in Erwägung ziehen, das in Holz gebaut zu bekommen weit jenseits des mir zur Verfügung stehenden Budgets lagen. Ich hatte bereits ein NS-Design E-Cello mit hoher E-Saite und kannte deswegen die großen Vorteile einer hohen E-Saite. Ich kenne auch 5-Saiter Carbon- und Holz-Celli mit tiefer F-Saite, die von Vorteil sind, wenn man das Cello im Bass-Register ausbauen möchte, z.B. für den Einsatz im Jazz. Allerdings ist die tiefe F-Saite problematisch, ähnlich wie die 7. Saite auf der Gambe: Die zur Verfügung stehende schwingende Saitenlänge ist für diese tiefen Töne eigentlich zu kurz. Das kann man nur über Saitendicke und Gewicht in den Griff bekommen, was zu Kompromissen in der Ansprache und Tonqualität (mulmig) führt.


    Die hohe E-Saite hingegen bereitet überhaupt keine Probleme und hat sich einen Ton tiefer auf der Gambe seit Jahrhunderten bewährt. Auch im Barock gab es die 5. E-Saite, Bach hat sogar eine Suite dafür geschrieben, an der man sich heute mit 4 Saiten die Zähne ausbeißt. Die 5. E-Saite hat sich für mich automatisch ins Spielen eingefügt, ich musste eigentlich nicht darüber nachdenken, ich habe sie von beginn an einfach benutzt. Je länger ich die 5. Saite auf meinem E-Cello spielte, desto mehr habe ich sie auf meinem 4-Saiter Holz-Cello vermisst. Diese Saite eröffnet uns Cellisten das ganze Geigen-Repertoire und viele Stücke klingen in der sonoren Lage des Cellos mindestens ebenso gut wie auf der Geige, wenn nicht sogar schöner. Mein Verdacht ist, dass die Geiger den Cellisten die 5. E-Saite aus Eifersucht wieder geklaut haben ;) (Interessant ist, dass immer mehr Geiger die C-Saite entdecken und 5-Saiter mit tiefer C-Saite ordern, damit haben sie eine Geige und Bratsche in einem Instrument. So etwas gibt es auch bei Mezzo Forte). Ich spiele Musik aus allen Epochen von der Rennaissance, Barock, Klassik, Romantik bis in die Moderne, aber auch Folk, Blue Grass, … Häufig spiele ich auch in Folk Sessions und musste mich für die Fiddle-Tunes in der Daumenlage abquälen, während die Fiddler locker in der 1. Lage beim Tempo noch einen Zahn zulegten.


    Auf einer Urlaubsreise legten meine Frau und ich einen Zwischenstop beim Werk von Mezzo Forte ein und durften dort ausgiebig 4-Saiter Carbon Celli ausprobieren. Ja, es klingt anders als (m)ein Holz-Cello, aber welche zwei Holz-Celli klingen schon gleich. Uns hat der Klang sehr gut gefallen, und ich kann bestätigen, was dazu im obigen Artikel beschrieben wurde. Insbesondere die sehr einfache Ansprache hat uns enorm begeistert, das hat ja auch wieder großen Einfluss auf das eigene Spielen. Wir haben sowohl die Eco-Line als auch die Design-Line ausprobiert und die Unterschiede in Klang (entscheidend) und Aussehen (nicht ganz so entscheidend) sind so erheblich, dass die Eco-Line für mich nicht in Frage kam. Somit stand der Entschluss fest, dass ich diesen Weg gehen werde und ich habe angefangen dafür zu sparen.


    Die Mezzo Forte Celli kann man auch als 6-Saiter bekommen, dazu wird dann auch ein breiteres Griffbrett gebaut. Mit dem Gedanken habe ich mich etwas beschäftigt: Die Tonbeispiele, die davon zur Verfügung standen, haben meinen Verdacht bestätigt: mit jeder zusätzlichen Saite wird das Instrument im Charakter weicher, gambiger (deswegen gab es zu Zeiten von Beethoven auch als Gegenrichtung mit 3-Saiter Kontrabässe, weil man mehr Wums wollte). Eine Gambe habe ich aber schon. Und ich wusste um die Problematik der tiefen F-Saite.


    Also habe ich mir bei Mezzo Forte die 5-Saiter-Version mit hoher E-Saite bestellt.


    Kurz zusammengefasst: Ein Traum wurde Wirklichkeit.


    Das gelieferte Cello klingt und spielt sich so, wie ich es vom Probespielen in Erinnerung hatte, die Eigenschaften wurden in obigem Beitrag schon treffen beschrieben. Die Wittner-Wirbel sind zum Stimmen ein Genus, Feinstimmer braucht man dann wirklich nicht mehr. Hier noch ein paar zusätzliche Bemerkungen:


    Das Griffbrett wird für die 5. Saite nicht verbreitert. In den Saitenhalter, den es wohl noch nicht standardmäßig für 5 Saiten gibt, wurde einfach ein zusätzliches Loch gebohrt. Die 5 Saiten passen tatsächlich drauf, die Saitenabstände sind praktisch identisch zu meinem E-Cello, also passt das für mich sehr gut. Ich habe auch in den verstellbaren Stimmstock investiert, damit kann man sich dann auch noch mal beschäftigen. Die 5. E-Saite klingt wunderbar frei und erinnert im Klang etwas an eine Gambe, beeinflußt aber nicht die übrigen Saiten, wie mir das bei den 6-Saiter-Aufnahmen aufgefallen war. Ich habe mir dann nochmal die 5-Saiter-Aufnahmen angehört, da kann man den gambigen Charakter der 5. Saite auch hören. Nachdem man es live am Ohr gehört hat, wird es einem in der Aufnahme noch deutlicher. Mir gefällt dieser Klang sehr gut und er bringt in meine Bands/Ensembles eine neue bereichernde Klangfarbe, sie wird von allen als sehr schön empfunden. In einer Session ist mir aufgefallen, dass die 5. Saite von anderen Instrumenten geradezu angefeuert wird, wenn die auf Metallsaiten spielen (Geigen-E, Banjos, Bouzoukis, …). Da entstehen unglaubliche Oberschwingungen, die man mit dem Bogen kontrollieren muss, sonst pfeifft es.


    Gezupft klingt das Cello viel freier als ein Holz-Instrument, schwingt länger nach, es geht in Richtung einer gezupften Gambe oder Gitarre. Da eröffnet sich einem eine neue Welt: wenn man auf dem Cello fit mit Akkorden ist, kann man damit wunderbar begleiten. Man sollte dann auch an seiner Zupftechnik arbeiten, und alles vergessen was einem ein “klassischer” Cello-Lehrer mal dazu gesagt hat (besser mal Bassisten zuzuschauen, oder Jordi Savall, wenn er seine Gambe zupft, unbedingt auch mit dem Daumen). Auch dafür ist die E-Saite ein wahrer Schatz: durch die zusätzliche Saite hat man bei Akkorden mehr Möglichkeiten und man ist im Range oben bei der Gitarre und unten auf der C-Saite sogar noch zwei Töne tiefer - da haben einige Gitarristen schon spitze Ohren bekommen.


    Hybrid bedeutet: mit Piezo-Tonabnehmer, der in den Steg eingebaut wird, und eine Klinkenbuchse neben dem Stachel bekommt. Da ich immer wieder verstärkt spiele, habe ich diese Option bei diesem modernen Instrument gleich mit geordert. Der passive ANS-Abnehmer klingt sehr gut und kann ohne großen Aufwand einfach eingestöpselt werden, wenn es “quick and dirty” gehen muss. Wenn man mehr in den Klang investieren möchte, kann man auch noch ein dpa-Mikro dazu nehmen und die Signale mischen.


    Mit dem Hersteller (der einen ausgezeichnet und entgegenkommend berät) habe ich die Saiten-Optionen diskutiert. Vor einiger Zeit habe ich auf meinem Holz-Cello die neuen Il-Canone von Larsen aufgezogen und bin davon begeistert. Bei Mezzo Forte hatte man damit noch keine Erfahrung und ich habe die von ihnen getesteten Saiten aufziehen lassen. Beim nächsten anstehenden Wechsel werde ich wohl doch mal die wärmere Version von Il Canone ausprobieren. Es hängt halt auch vom persönlichen Geschmack ab, ob das Instrument ins trompetige oder wärmere gehen soll.


    Ich habe auch einen neuen Bogen dazu angeschafft und mich für einen Münsing C5 entschieden. Tatsächlich passt der für das Carbo-Cello besser als mein sehr guter Holzbogen, und ist natürlich auch in den Sessions hart im Nehmen und im Charakter dem Holzbogen ähnlich. Eine Alternative wäre vom gleichen Hersteller aber höhere Preisklasse ein Arcus-Bogen gewesen, der hat aber auch andere Eigenschaften, an die man sich gewöhnen muss … mal sehen.


    Zusammenfassung: Bin mit meiner Wahl sehr glücklich, nur schade, dass ich nicht schon von Anfang an vor 55 Jahren ein Cello mit hoher E-Saite hatte. Wenn man in früheren Jahrhunderten Carbon schon zur Verfügung gehabt hätte, wäre dieser Baustoff sicher auch schon für den Instrumentenbau genutzt worden. Tanne und Ahorn sind ja zum Glück noch keine raren Hölzer, aber bei den tropischen Hölzern sollte man sich doch Gedanken machen, ob die unbedingt sein müssen.


    Mein Appell:

    Die 5. hohe E-Saite sollte beim Cello Standard werden, wer das einmal erlebt hat, möchte nie mehr ohne.

  • Ich liebäugele ja mit dem 6-Saiter, aber das ist augenblicks weit ausserhalb meines Budgets….


    Ich spiele das Carboncello mit einem Arcus. Zuerst hatte ich einen Arcus Cadenza, ein guter Bogen, aber zu hell. Ein billiger Schlangenholz-Barockbogen aus China geht gut, und inzwischen habe ich einen Arcus aus der M-Serie, das geht auch ganz gut.