Geigenrätsel

  • Chiocciola: Was meinst Du genau mit "Höhe vorne am Hals"?


    So einen magnetischen Dickenmesser hab ich nicht, und 250 € ist mir, ehrlich gesagt, auch zu teuer für so was. Aufmachen will ich die Geige jetzt noch nicht. Hab schon genug Baustellen, und erst mal hängt sie sehr schmückend in meinem Arbeitszimmer ;)

    Wenn ich sie offen habe, werde ich Decke und Boden ausmessen.

  • Gestern Abend hab ich die Geige aufgemacht. Der Halsfuß hatte sich unter dem Saitenzug gelöst, deshalb hab ich zuerst den Boden abgemacht. Decke und Boden wurden komplett mit einer dicken Schicht Holzleim auf die Zargen geklebt, und der nicht bündige Deckenriss rechts neben dem Griffbrett wurde auch damit geklebt. Sogar die Stimme war eingeleimt. Zum Glück ist es wasserlöslicher Leim, so dass er sich ganz gut entfernen lässt. Hoffentlich auch aus dem Riss...


          


    Man sieht, dass die Geige insgesamt sehr sauber gearbeitet wurde, auch die spitzen Holzergänzungen an den F-Löchern. Die Reifchen sind nicht in die Eckklötze eingelassen, und zumindest auf der Bodenseite gehen die Eckklötze nicht bis in die Zargenspitzen hinein. Die Zargen zeigen innen noch Spuren der Säge. Auf der Decke gibt es unter dem Griffbrett zwei Stellen, die aussehen wie aufgefüllte Wurmgänge. Genau kann ich es erst sagen, wenn ich die Decke abgemacht habe.


       


    Und in allen Ritzen und Spalten ist LEIM =O So kann es gehen, wenn ein Holz-Handwerker eine Geige in die Finger kriegt...


    Den rechten C-Bügel werde ich wahrscheinlich kürzen müssen. Ich frage mich, ob der Zargenkranz im jetzigen Zustand jemals richtig gepasst hat. Falls ja, nun tut er es nicht mehr. Ich hab jetzt erst mal alle Holzleimreste von der Unterseite des Zargenkranzes entfernt und leime den Boden in zwei Schritten wieder auf. Die Zargen haben sich etwas verzogen, was dieses Unterfangen nicht leicht macht. Vor allem der Halsfuß muss genau auf dem winzigen Zäpfchen sitzen. Einige Stellen, an denen die Zargen zu weit innen stehen, lasse ich erst mal lose und leime sie von oben, wenn die Decke ab ist.

  • Meiner Meinung nach hat sich der Geigenbauer geweigert das Ding zu reparieren und ein guter Schreiner hat Hand angelegt. Hast du doch ein Bild von der Decke von außen? Hat sie da ein paar kleine Löchlein von der Holzwespe? Ich könnte mir vorstellen die Decke hatte ordentlich Wurmfraß.

    Und die Eckklötze liegen nicht bündig an der Zarge an? Wurden wohl nachträglich eingebaut um das Instrument auf zuwerten?

    Decke und Boden überall 3 mm dick?

  • Ich glaube eher, dass Decke, Boden und Zargen ziemlich alt sind. Das Plateau des Bodens für den Oberklotz (s. Bild oben) passt mit seinem eckigen Umriss nicht ganz zu einer Konstruktion mit Oberklotz, sondern eher zu einem durchgesetzten Hals. Der ovale Oberklotz liegt nicht komplett an, hoffentlich aber mit genug Fläche, um zu halten.


    Die Unterzarge hat rechts einen langen Riss, der auch (nicht bündig) mit Holzleim geleimt wurde. Zur Verstärkung wurde dahinter ein Reifchen geleimt, das doppelt so hoch ist wie die übrigen Reifchen, aber aus genau demselben fein gemaserten Fichtenholz. Deshalb gehe ich davon aus, dass die Reifchen neuer sind als der Korpus.


          


    Ich denke wirklich, ein Schreiner hat hier versucht, eine alte Geige wieder flott zu kriegen, und vielleicht Hals und Schnecke einer anderen Geige recycled. Oder der Geigenkorpus war nur ein Übungsstück für das Versetzen der F-Löcher und lag dann herum, fing sich einen Holzwurm ein und wurde aussortiert. Die Fraßgänge sind mit irgendeiner Leimmischung zugeschmiert, und außen ist ziemlich professionell ein Holzspan eingeleimt. Im Bereich des Unterklotzes der Decke gibt es weitere Wurmspuren, die nicht gefüllt sind.


          



    Den Riss rechts neben dem Griffbrett hab ich vom Weißleim befreit und bündig geleimt bekommen. Muss noch retuschiert werden. Im Bereich des Unterklotzes hat die Zarge Risse, darunter einen vertikalen, der genau neben dem Oberklotz verläuft. Hier werde ich vermutlich Holz vom Oberklotz entfernen, um einen Beleg setzen zu können.


       


    Ausmessen werde ich Decke und Boden noch. Und soweit ich sehen kann, passen die Eckklötze oben genau an die Zargen. Ich mache Bilder, wenn ich die Oberkante des Zargenkranzes komplett gereinigt habe.

  • Der Zargenkranz ist fertig auf den Boden geleimt. Vom rechten C-Bügel musste ich an den Enden nur wenig wegnehmen, weil er hauptsächlich deshalb nicht gepasst hat, weil der rechte, untere Eckklotz falsch aufgeleimt war. Jetzt hat er wieder einen gleichmäßigen Deckenüberstand.


          


    Hier Fotos der original verleimten, linken Eckklötze. Sie passen genau in die Zargenrundung und füllen sie bis auf die letzte Spitze komplett aus. Das und der leicht unregelmäßige Umriss spricht für mich dafür, dass die Geige um eine Innenform gebaut wurde. Die Zargenecken rechts sind auf Gehrung eingepasst, bei denen links kann ich es nicht genau sagen. Die richtige Art, die Zargenecken zu bilden, wäre wohl, die Enden der C-Bügel so einzukürzen, dass sie im Windschatten der Ecken von Ober- und Unterzarge liegen. Das ist hier nicht der Fall. Die Bildung der Ecken sieht ein bißchen zufällig aus, was für mich ein weiteres Argument für ein Gesellenstück wäre.

  • Mittlerweile ist der Zargenriss beim Unterklotz geleimt und aufdoubliert. Dafür hab ich zunächst im Unterklotz direkt an der Zarge einen Streifen Holz ausgestochen, um ein bißchen Überstand zum vertikalen Riss zu haben.


       


    Dann wurde ein Stück Zargenholz innen gegen die Zarge geleimt und im Klotz verkeilt. Die Zargenrisse müssen nun noch retuschiert werden.


       


    Parallel dazu habe ich die Decke gesäubert und links oben im Bereich des Halsfußes fehlendes Holz und den Einlagespan ergänzt. Momentan glänzt mir die Decke zu stark, aber ich hoffe, dass der Lack mit der Zeit wieder matter wird. Man sieht, dass das Deckenholz verbeizt ist. Das spricht dafür, dass hier eine alte Geige aufgearbeitet und neu lackiert wurde, wohl aber nicht im Zuge der neu gesetzten F-Löcher, weil dort der Lack wiederum leicht abweicht. Schön finde ich, dass der Lack auch Stellen mit reliefartiger Struktur hat. Die geleimten Deckenrisse (rechtes F-Loch, rechts neben dem Griffbrett) und das neu angesetzte Holz müssen noch retuschiert werden. Innen fülle ich die Wurmlöcher grad mit Heißleim auf.


       

  • Und hier noch die gemessenen Dicken. Der Boden kommt mir sehr dünn, aber durchaus stabil vor. Die Decke wiegt 65 g, der restliche Korpus mit Hals und Schnecke 298 g.



    Die Decke ist bis auf die dünnen Randbereiche völlig blickdicht, der Boden lässt überhaupt kein Licht durch.

  • Mittlerweile hab ich die Geige zugeleimt. Leider hat der vorherige "Reparateur" den Endknopf eingeklebt :( Das hätte ich mir eigentlich denken können, wenn sogar die Stimme eingeleimt war. Aber ich hab es erst bemerkt, als ich ernsthaft versuchte, ihn rauszuziehen, um die Stimme setzen zu können. Auch nach einiger Zeit Einweichen mit kaltem Wasser, bei der sich an den Rändern etwas weißlich aufgeweichter Weißleim abschaben ließ, bewegt sich der Knopf leider keinen Millimeter. Diese Methode hat gut funktioniert, um den Leim innerhalb der Geige aufzuweichen, an den man direkt rankam. Hier klappt es leider nicht.

    Habt Ihr eine Idee, wie ich ihn lösen kann? Warmes Wasser? Essig-Essenz? Der Endknopf ist intakt und von guter Qualität, weshalb ich ihn ungern absägen und ausbohren möchte. Die Geige wieder öffnen und versuchen, den Endknopf von innen herauszuschieben, möchte ich auch nicht.

  • Ich würde den Endknopf rausbohren und eine neuen Endknopf einsetzen. Du läufst in die Gefahr mit Zuviel Feuchtigkeit auch die Zarge und den Oberklotz Zu lösen. Dann darfst du die Geige Öffnen das möchtest du ja nicht. Außerdem wirst du das Loch reinigen müssen danach könnte es passieren Das der Endknopf zu klein geworden ist weil das Füllmaterial Leim fehlt.

  • Der Endknopf sitzt an der richtigen Stelle? Einfach lassen wie es ist? Oder willst Du die Geige verkaufen? Wenn Du mechanisch härter vorgehst platzt vielleicht der Endknopf…..


    😬das passiert Dir nie wieder. Ausbohren ist gar nicht einfach!!! Vorsicht auch, Unterklotz kann einreißen!