Geigenrätsel 3

  • Danke, und ja, man würde es merken. ;)

    Du schon :) Ich höre Klavier, Harfe, Streicher... aber ich höre nicht einmal, wie viele Geigen, und ob Bratschen, Cello, Bass dabei ist ...


    Aber dann noch verschiedene Geigen heraus hören .. ok, im Orchester, wenn ich direkt dazwischensitze

    und die anderen etwas kenne, da vielleicht. Sonst kann ich mir das nicht vorstellen. Zumal die Unterschiede

    doch eh minimal sind. Die meisten Leute hören den Unterschied nicht einmal, wenn man zuhause die versch.
    Geigen anspielt. Aber egal – die Idee, unterschiedliche Geigen einzuspielen hat schon was. :thumbup:

  • Ja, der technische Aspekt (Phasenprobleme) ergibt Sinn.


    Ich kenne das mit dem „Umsteigen“. Anfangs braucht man ein paar Minuten, irgendwann geht die Umstellung ganz schnell- man kann lernen, sich schnell auf einem neuen Instrument zurechtzufinden.


    Ausserdem kennst Du Deinen „Instrumentenzoo“ ja, und hast auch vor jedem Einspielen genug Einspielzeit ;)

  • Ich bin mir bei dieser Geige sehr unsicher. Vom Alter her tippe ich auf Mitte 19., aber bei der Herkunft tue ich mich schwer. Die Schnecke passt nicht nach Sachsen/Böhmen, ich tendiere eher zum süddeutschen/Wiener Raum. Aber ehrlich gesagt bin ich mir sehr unsicher.

    Was ist, wenn die Schnecke eine andere Herkunft hat als der Rest der Geige?

    Arbeitshypothese: Die Schnecke existierte bereits, stammte von einer anderen Geige, offensichtlich mit Wurmfraß. Aber offensichtlich muss sie als wertvoll angesehen worden sein, denn man machte sich die Mühe, sie sehr aufwendig zu entwurmen, restaurieren, die Seitenteile und Hinterseite anzusetzen, sie mehrfach auszubuchsen und an die damals "neue" Geige anzusetzen. Ich zähle 16 zusätzliche Holzteile ... wenn es um Zeit- oder Geldersparnis gegangen wäre, dann wäre es sicherlich einfacher gewesen, eine eigene Schnecke zu verwenden.

    Auch sind die zusätzlichen Holzarbeiten an der Schnecke qualitativ m.E. ein Gedicht. Offensichtlich hat sich jemand viel Mühe gemacht und wollte auch so viel wie möglich von der alten Schnecke erhalten, was man an den abgewinkelten Schnittkanten erkennen kann. Man kann annehmen, dass das ein sehr guter Geigenbaumeister im Auftrag des Eigentümers der alten Schnecke (und auch der neuen Geige) gemacht hat, denn die krakelige Eigentümerkennzeichnung steht dazu in einem starken Kontrast.

    Wahrscheinlich wird uns diese Geige ihr Geheimnis nie verraten, aber ich nehme jedenfalls an, dass die Schnecke älter ist als der Korpus, und dass sie zu einer damals als wertvoll angesehenen Geige (ob aus Sentimentalität oder aufgrund tatsächlichen Wertes ist eine andere Frage) gehört haben muss.

    Klingt das sinnvoll?

  • Hm, vom Holz her passt die Schnecke nicht zu Boden und Zargen der Geige, könnte also durchaus älter oder auch jünger sein. Die seitlichen Holzergänzungen bei den Wirbellöchern sind meines Wissens alte Reparaturen von Wirbelkastenrissen. So hat man die früher gemacht, aber eigentlich nimmt man dafür Holz, das in der Maserung nicht so stark abweicht, damit die Reparatur weniger auffällt. Die Arbeiten sind sauber gemacht.

    Die Wirbellöcher wurden mehrfach ausgebuchst, was für eine viel und gern gespielte Geige spricht. Tatsächlich sieht für mich aber die Schnecke auch älter aus als der Rest der Geige. Hast Du sie denn schon mal einem Geigenbauer gezeigt?

  • Es ist immer möglich, dass Schnecke und Geige nicht zusammengehören. Die Logik, eine alte Schnecke aufwendigst zu reparieren um sie dann an jüngeres Instrument zu basteln -anstatt eine neue bzw. gleich alte zu nehmen oder die vorhandene dazugehörige zu nehmen- erschliesst sich mir nicht. Eine Schnecke an sich hat keinen „Eigenwert“. Es ist sinnvoll, wenn man Instrumente mit altersmässig passenden Teilen ergänzt, oder im Falle des Verlustes eine neue Schnecke im Stil passend anfertigt.


    Aber es gibt nix, was es nicht gibt.


    Desweiteren sehe ich keine zwingenden Anhaltspunkte, dass Geige und Schnecke nicht zusammenpassen können. Der Korpus sieht mir stark restauriert und neu lackiert aus, aber von der Bauform her ist die Geige auch nicht neu- beides passt in die Mitte des 19. Jahrhunderts.


    Zum Thema „passendes Holz“: Die Geigenbauer damals haben genommen, was sie hatten. Das konnte vom gleichen Baum sein, oder eben auch nicht. Die flachen Spalte aus dem Stamm, und die Kantel für die Schnecke aus einem starken Ast oder von einem anderen Baum.


    Es gibt viele Geigen aus dem 18./19. Jahrhundert, deren Hälse sogar von einer anderen Baumart sind: Buche. Die gehören trotzdem „zusammen“. Es waren damals andere Zeiten, andere Holzhandelsmöglichkeiten, völlig andere Bedingungen als heute.

  • Stimmt, für Hälse und Wirbel wurde auch heimisches Obstholz, z.B. Birne verwendet. Aber würde man in so einem Fall für den Boden dann nicht schwach geflammten Ahorn nehmen, damit das besser passt? Wobei, vielleicht waren grad Krieg oder schlechte Zeiten, und man musste nehmen, was man hat.

  • Die Idee, dass das Holz "hübsch zusammenpassen" muss, ist relativ modern. Das muss man "sich leisten können", sprich, da muss man eine entsprechende Holzauswahl haben. Warum sollte man Holz, was für Böden geeignet ist, denn zerschneiden...nur um "hübsche passende" Hälse zu haben? Man hat damals wirtschaftlich gearbeitet, und für eine Schnecke ein Holz genommen, welches von der Grösse her passte. Sicher gab es auch "Star-Geigenbauer", die beste Beziehungen zu Holzhändlern hatten und sich viel Verschnitt leisten konnten.


    Man hat oft einfacheres Holz (einfacheren Ahorn, einfachere Buche...) für den Hals genommen, gerade WEIL man gutes, schönes Holz lieber für den Korpus genommen hat. Die damalige Lebensrealität lässt sich eben nur schwer aus unserer "Bei Amazon 24/7 bestellbar-und Ebay wird's schon haben-Mentalität" begreifen- man muss da nicht mal Kriegs-und Krisenzeiten bemühen, da reicht einfacher Pragmatismus.


    Des Weiteren ist stark geflammter Ahorn schwerer zu bearbeiten, eine "homogene" Buch oder ein weniger strukturierter Ahorn lassen sich einfacher in eine Schnecke schnitzen. Natürlich hat man auch damals versucht, passendes Holz zu finden- aber das war eben nicht immer möglich und eigentlich auch gar nicht notwendig.