Beiträge von Hannes_F

    Hallo,

    diejenigen, die hier regelmäßig Auskunft geben, sind meiner Information nach durchweg Amateurgeigenbauer, jedoch in einigen Fällen nicht weniger kundig als Berufsgeigenbauer. Einige sind sogar ausgesprochene Spezialisten.

    Was allerdings kaum zu ersetzen ist: Ein Instrument macht immer einen viel deutlicheren Eindruck, wenn es in die Hand genommen werden kann. Gewicht, Geruch, der ganze optische Eindruck der Details usw., das ist doch durch Fotos schwer zu ersetzen. Auch daher wird hier im Forum oft geraten, mit bestimmten Geigen, bei denen die Einordnung nicht gleich eindeutig ist, zum Geigenbauer zu gehen. Wie es auch in diesem Thread geschehen ist.

    Wenn dann aber diejenigen, die vorher hier ihre Zeit investiert haben, im Nachhinein abgewertet werden, dann ist das nicht gerade fein.

    Seine Art, Geigen zu testen, ist mir allerdings etwas suspekt. Einmal haben wir ihm sieben Geigen hingelegt. Jede kurz angespielt, ein paar Tonleitern, gebrochene Akkorde über alle Saiten, dann wanderten schonmal fünf weg. Wir waren beeindruckt ob seiner Professionalität und Routine. Dann hat er auf den verbliebenen auf jeder Saite bis in die hohen Lagen die Töne möglichst nüchtern und gleichmäßig mit - seiner Aussage gemäß - etwa 70 Prozent Kraft gespielt. Um die Spitzen herauszufinden- wie gleichmäßig die Töne sind, ob da welche sind, die lauter als andere sind oder häßliche Nebengeräusche produzieren. Das war allerdings der Hauptteil des Tests, und das war's dann eigentlich. Die Töne, die dabei produziert wurden, waren alles andere als schön. Er provozierte direkt die Spitzen. Zunächst war ich immer noch beeindruckt, aber ich frage mich, ob das so entscheidend ist. Es ist sicher sinnvoll, so etwas zu integrieren. Aber Geigen, die zu viele Spitzen produzieren, dann sofort abzuurteilen, ohne zu entdecken, was sie vielleicht doch können, schien mir irgendwie nicht vollständig.

    Geigen testen ist ein Kapitel für sich. Sowohl das "technische Testen" als auch das "kleine Konzerte geben" haben ihren Platz.

    Das "technische Testen" strebt nach Objektivität. Objektive Kriterien sind das, was übrig bleibt, wenn man weder daran glaubt, noch von etwas begeistert ist. Somit ist es auch von einem Geiger zum anderen halbwegs übertragbar - wenn ein Instrument an einer Stelle einen Wolf hat, dann hat es den da. "Kratzig spielen" scheint mir allerdings etwas extrem.

    Das "kleine Konzerte geben" ist stark vom Spieler (der Spielerin) abhängig, also subjektiv. Es gibt welche, die können aus vielen Instrumenten ein relatives Maximum dessen herausholen, was das Instrument hergeben kann, weil sie sich sehr schnell auf das jeweilige Instrument einstellen können. Das heißt aber noch nicht, dass dieses Instrument dann bei einem anderen Spieler/in unbedingt genauso gut klingt. Es zeigt lediglich an, was das Instrument mindestens kann, wenn die entsprechende Spieltechnik vorhanden ist.

    PS.: Wenn jemand viel spielt, dann werden solche Dinge schon dermaßen im Unterbewusstsein versenkt, dass man sie gar nicht mehr wahrnimmt bzw. auch als unbedeutend betrachtet. Insofern muss man Deinem Geigenlehrer keinen Vorwurf machen.

    Aber sowohl von der Theorie her (Physik) als auch in der Praxis (eben ausprobiert) wird der Ton beim Herunterdrücken des Fingers nochmal etwas höher.

    Spezialfall: Oftmals liegt ein "unterer Finger" bereits auf der Saite auf. Wenn man z.B. den eigentlichen Ton mit dem vierten Finger spielt, dann kommt es oft vor, dass der erste, der zweite oder der dritte Finger bereits auf der Saite liegen - je nachdem, von welchem Ton man kommt, und ob man dort wieder zurückwill. In solchen Fällen ist der "Tonhöhenverschiebungseffekt" kleiner, da die Saite ja schonmal ein Stück vorgedehnt ist, d.h. der Unterschied zum eigentlichen Ton ist dann nicht mehr so groß. Insofern fällt die Tonerhöhung, die Du da hörst, in vielen Fällen noch etwas geringer aus.

    Hallo, ich habe mal eine technische Frage.

    Man liest ja immer wieder von dem berühmten "Dachbodenfund" bzw. der "Stradivari", die jemand auf dem Dachboden fand, und die dann natürlich doch keine war.

    Das legt nahe, dass viele Generationen die Geigen ihrer Vorväter tatsächlich auf dem Dachboden aufbewahrt haben.

    Meine Frage: Sind die Instrumente dabei kaputt gegangen? Reissen die, gehen die Leimungen auf? Ist es dort zu trocken, zu feucht, zu kalt? Was geschieht da technisch? Welche Erfahrungen habt Ihr mit "Dachbodenfunden" bzw. "Dachbodenaufbewahrung"?

    Ich stelle mir vor, dass das Klima auf dem Dachboden nicht groß anders ist als draußen, d.h. eigentlich immer gemäßigte relative Luftfeuchtigkeit. Und die sollte ja wohl das Wichtigste sein. Oder?

    Ich hab ihn dazu schon mal gefragt, es kam keine Antwort.

    Hallo, tut mir leid, ich habe das entweder übersehen oder nie bekommen, oder ich bin darüber hinweggekommen. War keine böse Absicht! Erhalte pro Tag manchmal 50 Mails (meistens Werbung), da kann mal was untergehen, auch wenn ich versuche, das zu vermeiden.

    Falls noch Interesse an Fragen besteht, bin ich unter info@strings-on-demand.com zu erreichen.

    Den Rest des Threads lese ich mir dann noch durch; vielleicht kann ich etwas dazu beisteuern.

    Hallo, passen in dieses Forum auch Berichte über Musikprojekte?

    Falls ja: Neulich hatte ich das Vergnügen, einen Spezialisten persönlich zu treffen, den ich sehr schätze, den schwedischen Akustiker Jens Eklund aus Stockholm. Vor etwas mehr als zehn Jahren, als ich ihn in einem Akustikforum online kennenlernte, stellten wir beide fest, dass wir oft Ansichten hatten, die ziemlich übereinstimmten. Wie auch immer, jetzt war es an der Zeit, uns persönlich kennenzulernen.


    Jens Eklund ist ein viel beschäftigter Studiodesigner in Schweden, ein Energiebündel, das immer an drei oder vier Projekten gleichzeitig arbeitet. Läuft auf Kaffee. Er lud mich ein, eine Demoaufnahme mit meinen Instrumenten und Mikrofonen für ein Aufnahmestudio auszuprobieren, das er gerade fertiggestellt hatte, das "Fascination Street Studio" in Örebro, Schweden. Es ist ein komplett neues Gebäude, das erst nach und nach in Betrieb genommen wird (parallel zu den alten Räumlichkeiten), und sie haben einen großen Live-Saal für akustische Aufnahmen. Laut Jens war es von Anfang an die Absicht, einen der bestklingenden Studioräume für akustische Musik in Schweden zu schaffen.



    Als ich meine Instrumente auspackte und stimmte, sprach mich die Akustik des Raumes sofort an, und ich beschloss, die Mikrofone aufzustellen und alles sofort aufzunehmen. Ich war ohne eine konkrete Idee nach Örebro gekommen und beschloss, mich einfach von der Atmosphäre und der Stimmung des Tages inspirieren zu lassen. Ich wollte eine Demo erstellen, die den Raum anderen Musikern vorstellt und somit zeigt, wie die Instrumente mit dem Raum wechselwirken. Es entstand die Idee, eine kleine Geschichte über den Soundcheck einer Streicherband mit einem typischen Ablauf zu erzählen: Es wird gestimmt, der zweite Geiger legt schonmal los, um zu zeigen, dass er auch locker die erste Geige spielen könnte (haha), die verschiedenen Instrumente werden im Raum vorgestellt (Bratsche, Cello), dann fängt jemand mit einer Line an, und von da an kommt ein improvisierter Warmup-Track ins Rollen.


    Zwischendurch habe ich die Tracks im Atmos-Raum (Surround) abgemischt, der ebenfalls frisch von Jens Eklund entworfen und eingemessen wurde und nun darauf wartet, benutzt zu werden.

    Was ich bei diesem Projekt reizvoll fand, war, völlig frei von allen Zwängen zu sein, auch von einem Klick oder einem Raster. Mikrofone an, Ohren auf, Instrumente in die Hand, das Unterbewusstsein anzapfen und los geht's. Das möchte ich jetzt öfters machen.


    Viel Spaß beim Zuhören,
    Hannes


    Track als mp3, falls es jemanden interessiert:
    http://www.strings-on-demand.com/clients/Jens_Eklund/20221121a_Fascination_Street_Studios_Eklund_b_mp3
    Production notes:

    Alle Instrumente wurden von mir gespielt (3 verschiedene Geigen, 1 Bratsche, 1 Cello). Die besonders ab 0:44 gut zu hörende, auch auf den unteren Saiten wunderbar sonore und durchsetzungsfähige Sologeige wurde von Philipp Lieberwirth / Hannover gebaut (Guarneri-Modell). Lieberwirth hat übrigens auch bei zwei der anderen hier verwendeten Instrumente mitgewirkt - Halskorrektur bei der Bratsche, und das Cello wurde auch von ihm eingerichtet und verkauft. Empfehlenswert.

    Microphones:
    Main microphones 2 x Sennheiser MKH 40
    Room microphones 2 x Earthworks QTC 30
    Close microphones in MS: Beyerdynamic 160 & 130, Weissklang V17 & NoHypeAudio LM-2, Royer Labs R121 & NoHypeAudio LM-2


    No equalizer, no reverb.