Herkunftsanalyse zu dieser Geige

  • Auch die Mensur ist nicht unbedingt aussagekräftig. Es gab Barockgeigen sowohl mit kürzerer als auch mit längerer Mensur.


    Inwieweit das ein Barockhals ist oder ein moderner, der barockisiert ist muss man in Natura sehen, also auch mal von innen reinschauen. Dabei kann man sich gleich Bassbalken, Unterklotz und den Rest der Innenarbeit ansehen... nur so von aussen kann man bezüglich Echtheit kaum eine Aussage treffen.


    Nach Sachsen passt das Instrument schon, aber die Urheberschaft ist zweifelhaft.


    Die Mensurlänge ist durchaus Aussagekräftig, sie hat sich mit den Jahren doch Standartisiert.
    Was ich mich zu sagen getraue:


    -Das ist höchstwahrscheinlich eine Markneukirchner Geige aus dem späten 18. Jh, dafür spricht eigentlich alles, incl der Bodenlänge und die in die Ecken gezogenen Riemchen, abgesehen von der einfach äußerst typischen Erscheinung in Form und Lack sowie dem eingelassenen Untersattel.
    -Sie hat noch einen nicht modernen Hals, aber den modernen Halswinkel, also doch eher ein New York Pullback. Ein schöner Kompromiss um damit heute Barockmusik zu machen. Ich denke, man kann sie sowohl 440Hz als auch 415Hz spielen, aber der blanke Darm gehört da auf jeden Fall hin.
    -Sie wurde aufwendig repariert, den Bassbalken hat man dabei höchstwahrscheinlich ersetzt, er ist nicht original. Der Halsklotz sieht auch nicht original aus.
    -Sie ist aus tollem Holz gebaut und in gutem Zustand (abgesehen vom Stimmriss). Eventuell wurden die Zargen nachträglich noch einmal dem Original Nachempfunden, das sieht für mich ein wenig so aus, dafür spricht auch die Teilung am Endknopf. Dann wird die ganze Reifchengeschichte natürlich irrelevant.
    -Zur Schönfelder Familie passt, neben dem Brandzeichen, dass die Schnecke etwas weiter eindreht als üblich. Ich bin mir allerdings recht sicher, dass es keine Johann Georg Schönfelder I Geige ist
    -Es könnte durchaus eine Johann Georg II. Schönfelder sein.
    -Es ist wohl keine, wie von mir vorgeschlagen, Schlosser ist es eher nicht, nachdem ich noch einmal genauer verglichen habe.
    Mein Tipp: Kontakt mit Herrn Andre Mehler aufnehmen.


    Mehr kann ich dazu leider nicht sagen.

  • Ich gebe Dir absolut Recht, dass sich die Halsmensur über die Jahre standardisiert hat, und dass es über die Masse der Instrumente hinweg eben keinen Standard sondern meist kürzere Hälse gab. Aber am einzelnen Instrument festzumachen, dass es keine Barockgeige sein kann, wenn der Hals etwa die moderne Länge hat, halte ich für gewagt. Das meinte ich mit "nicht zwangsläufig aussagekräftig".

  • Das ist recht alt, würde ich sagen. Die Ränder werden einfach runtergehobelt, das ist also kein Hexenwerk. Ob das Stimmfutter gut ist kann ich so nicht sagen, aber die Reperatur scheint bisher gehalten zu haben.

  • Ich könnte mir gut vorstellen das aufgrund des höreren seitedrucks es nicht ausreicht das Futter so anzupassen das die Materialstärke wieder hergestellt wird. Sondern etwas mehr aufträgt.

  • Wahrscheinlicher ist, dass der Reparateur bei der Reparatur der Meinung war, dass die Decke am Stimmstock nicht dick/stabil genug war und daher die Stelle etwas verstärkt hat. An der STelle sind die Kräfte durch den Stimmstock absolut vorherrschend.

  • Ich denke wir sind uns alle einig, dass der Hals nicht allen typischen Barockmerkmalen folgt.
    Zunächst ist klar, dass er bearbeitet wurde und dabei Dinge geändert wurden, vermutlich auch der Winkel, sicher die Befestigung.
    Was wir heute als barock bezeichnen ist eine sehr moderne Einigung, tasächlich hat sich aus den Andrea Amatis aber viel unterschiedliches entwickelt und nicht alles folgt dabei den Regeln die wir heute oft für brocke Hälse nennen. Ähnlich wie beim Kammerton, der mehr als einen Ganzton variierte und damit logischer Weise auch die Instrumente.
    Der Hals so ist dem Barockhals durchaus nachempfunden. Die Dicke ist recht aussgelos. Das Griffbrett ht definitiv den barocken Gedanken, moderne Literatur geht darauf nicht, zwei Oktaven sollte man schon auf einer Saite erreichen dafür. Die Unterseite ist nur nicht so ausgeschnitten, weil es auf Grund des Halswinkels unnötig ist. Das Material war auch nur deshalb nicht Ebenholz, weil man es nicht hatte. Die Länge des Halses legt auch Barock nahe.
    Ich denke, der Hals wurde mit neuem Oberklotz angebracht und dabei nach hinten gekippt (New York Pullback).

  • (...) Die Unterseite ist nur nicht so ausgeschnitten, weil es auf Grund des Halswinkels unnötig ist. (...).


    Nach nochmaligem Betrachten der kleinen Bilder sieht es so aus, wie wenn das Griffbrett über dem Korpus
    eben schon ausgeschnitten ist. Den Halsansatz kann ich so klein nicht genau erkennen.