Hilfe bei der Herkunftsanalyse, vermutlich Markneukirchen, Glier Werkstätten

  • Hallo zusammen,


    ich habe mir diese für mich sehr schöne Geige gekauft. In der Artikelbeschreibung stand, dass der Geigenbauer vermutlich den Glier Werkstätten/Markneunkirchen angehört.


    Als Baujahr wird von ca. 1940 ausgegangen. Nun ist die Geige vorhin gekommen und im Boden befindet sich ein Zettel: "Franz Becker 1920". Kann mir jemand mehr über die Herkunft dieser


    Geige sagen? Wer war Franz Becker und ist das Herstellungsjahr 1920 oder doch später?




    Ich bedanke mich für eure Hilfe!

  • Solche Instrumente wurden in Massen im Markneukirchener Raum gebaut, und zwischen 1900 und 1950 sahen die sich alle recht ähnlich. Ob das Instrument von 1920 oder 1940 ist, ist schwer einzuschätzen, zumindest von Fotos. Es könnte beides hinkommen.


    Dass die Markneukirchener Werkstätten alles und jeden kopierten, und sich im Bedarfsfalle auch neue nicht existente Namen ausdachten, oder Handelsnamen, die einfach gut klangen, ist auch kein Geheimnis. Da hatte jede Werkstatt ihren Kanon.


    Genaueres weiss sicher auch das Forum des Musikinstrumentenmuseums Markneukirchen, die wissen auch Näheres über die Glier-Werkstätten. Und wahrscheinlich wissen sie auch, ob "Franz Becker" wirklich existiert hat, oder ob das nur ein schön klingender "Meister" war, den man zur Verkaufsförderung aus dem Hut gezaubert hat.


    Allerdings spricht es für die Ehrlichkeit des Verkäufers, dass er die Geige nicht als "Meistergeige vonFranz Becker, dem berühmten und teuren Geigenbauer..." verkauft hat, sondern als unbekannte Manufakturarbeit, "wahrscheinlich"'Glier-Werkstätten. Das hat sich sicher auch im Preis niedergeschlagen...insofern würde ich den Angaben des Verkäufers doch durchaus Glauben schenken.

  • Danke für die schnelle Antwort! In diese Richtung werde ich weiter nachforschen.


    Von dem Verkäufer halte ich schon relativ viel! Hat zwar einen Liebhaberpreis verlangt, den wollte ich aber aufgrund des Klangs gerne zahlen ;)


    Wissen Sie, inwiefern sich die Produktion vor und nach dem 2. Weltkrieg in dieser Regionen unterschied? Ich dachte nämlich immer, dass viele der dort ansässigen Instrumentenbauer vertrieben wurden.

  • Für die Region Sachsen/Böhmen weiss das Forum des musikintrumentenmuseums Markneukirchen viel besser Bescheid, das ist quasi deren Spezialgebiet.


    Vertrieben wurden die deutschsprachigen/-stämmigen Böhmen im Zuge der allgemeinen Vertreibung aller Deutschen aus den Ostgebieten und Sudetenland/Böhmen. Viele der sächsischen Geigenbauer gingen freiwillig, da sie entweder mit den Menschen aus Böhmen verwandt waren, enteignet wurden etc.- sehr viele Menschen flohen vor der sowjetischen (russischen) Besatzung, diese Flucht startete in den letzten Kriegsmonaten und hielt bis in die DDR-Zeit an. Daher wurde auch die Mauer gebaut. Unter den vielen Flüchtenden waren natürlich auch viele Geigenbauer....Viele derer liessen sich in Bubenreuth und Umgebung nieder.


    Direkt vertrieben wurden aus Markneukirchen (...deutsches Gebiet) eher wenige, aber durch die Enteignung der Werkstätten und Eingliederung in grosse Produktionsbetriebe war das für viele, die eine eigene Werkstatt hatten, selbstständig waren, vielleicht noch einige Angestellte etc. nicht besonders attraktiv, und diese gingen dann freiwillig... so wie viele Mittelständler, Besitzer großer, mittlerer oder ganz kleiner Unternehmen, Selbstständige etc. Und natürlich alle, die es mit dem Sozialismus/Kommunismus etc. nicht ganz so hatten. Letutendlich wurde in der DDR ein Unrechtsregime ("Drittes Reich") durch ein anderes ersetz, und das bewog viele Menschen zur Flucht, nicht nur (aber auch) Geigenbauer.