Echte Jean Baptiste Vuillaume?

  • Hallo zusammen! Bin neu in diesem Forum und würde mich über eine Expertenauskunft freuen. Es geht um die Geige meines verstorbenen Vaters, der Anfang der 1940-er Jahre als junger Mann darauf gespielt hat. Durch die F-Löcher des Instrumentes kann man einen Zettel sehen:"Jean Baptiste Vuillaume à Paris/ 3. rue Demours Ternes/1844" Mir ist natürlich klar, dass es sich bei solch einem berühmten Namen oftmals um eine Fälschung handelt, trotzdem möchte ich gerne herausfinden, ob es sich hier um eine hochwertige Geige handeln könnte.
    Im Anhang findet ihr ein paar Bilder die hoffentlich aussagekräftig genug sind.
    Vielen lieben Dank im Voraus!

  • Danke für den link.... Naja, es gab sicher immer schon Ahnungslose, die kostbare Instrumente einfach weitergegeben haben, wenn der Besitzer verstorben war, weil sie nichts damit anfangen konnten, bzw. das Instrument vielleicht beschädigt und schon sehr alt war. Ein Geigenbauer in meiner Nähe hat aufgrund der Bilder NICHT ausgeschlossen, dass es sich um eine echte Vuillaume handeln könnte. Ich möchte mich halt in alle Richtungen so gut wie möglich informieren. Haben Sie die (nachgereichten)Bilder schon angesehen?

  • Dass irgendwo irgendwelche teueren Instrumente plötzlich auftauchen, weil Vorbesitzer den Wert nicht erkannten, sie auf dem Flohmarkt in ominösen Kisten von noch ominöseren Dachböden angeboten werden etc. ist leider der Wunschtraum vieler, und noch unwahrscheinlicher als ein Lottogewinn. Auch wenn man bei Ebay und auf dem Flohmarkt die abstrusesten Geschichten hört… :)


    Ich gehe davon aus, dass die Geige eine "Kopie" ist. Schon so eine gedruckte Jahreszahl sollte jeden Geigenbauer stutzig machen. Vielleicht ist die Geige tatsächlich französischer Herkunft (das würde ich nicht ausschliessen, im Gegenteil, die hat schon einige Merkmale französischer Geigen!), aber mit Vuillaume hat sie meiner Meinung nach nichts zutun.


    Wieviel die Geige dennoch wert ist, kann Ihnen ein Geigenbauer am besten sagen- und zwar, wenn er das Instrument in den Händen hält, und auch mal den Klang testen kann. Unabhängig von einem Kunstwerk/Antiquitätenwert (den ich bei diesem Instrument nicht sehe) ist eine Geige ja in allererster Linie ein Musikinstrument, und wird nach ihrem Klang beurteilt. Desweiteren spielen offene und verdeckte Schäden bzw. notwendige Reparaturarbeiten eine gewisse Rolle bei der Werteinschätzung. Und da sehe ich einen Riss (oder nur Kratzer?) in Stegnähe, und ein Instrument, bei dem ich zumindest von neuem Steg, neuen Saiten, Überarbeitung der Wirbel, Klangeinstellung etc. ausgehen würde, um es als "spielbar" einzustufen.

  • Danke für die promte Antwort! Ich kann mir vortstellen, dass gerade zu Kriegszeiten solche Instrumente manchmal die seltsamsten Wege gegangen sind... Mein Vater hatte als junger Mann eine Berufs-Geiger Karriere angestrebt , musste diesen Plan jedoch nach einer schweren Handverletzung aufgeben. Die Geige hat er Zeit seines Lebens wie einen Schatz gehütet.(also dieses Instrument hat jedenfalls die letzten 70 Jahre keinesfalls auf dem Dachboden verbracht ...und Flohmärkte gab es damals sicher nicht...) Der Geigenbauer von dem ich sprach, meinte, es könnte sich evtl. um das Modell Stentor oder St.Cecile von Vuillaume handeln. Aber natürlich haben Sie Recht und ich werde jetzt als nächstes versuchen, den Klang testen zu lassen. Klar, das ist alles unwahrscheinlicher als ein Lottogewinn :) aber nicht unmöglich! Ich dachte übrigens, dass die Jahreszahl im Gegensatz zu dem Namen und der Adresse nach sehr sauber geschwungener Handschrift aussieht....aber ich bin halt auch eine von diesen Ahnungslosen. ;)

  • Diese Geige ist sicher keine Vuillaume.
    Als erstes fällt ins Auge, dass die Umrisse kein bisschen dazu passen. Dann die Krümmung der Decke, dann die handwerkliche Qualität, dann die Schnecke, dann der Lack und verwendete Materialien für Boden, Zarge, Decke und Griffbrett und zuletzt der nicht originale Zettel. Kurzum, nichts spricht für Vuillaume.
    Jetzt die interessante Frage was es sein könnte. Da tappe ich momentan im Dunkeln. Mirecourt mit Schönbach vorgestochener Schnecke passt zu Allem außer der Umrisse, die sind wirklich seltsam. Fast wie eine dieser verkleinerten Bratschen. Die C-Bügel und Ecken sehen nicht nach Originalzustand aus. Knifflig in dem Fall.
    Wie sehen den die Reifchen und Ecken innen aus? Richtige Eckhölzer? Was machen die Reifchen an den Ecken (abgeschnitten, laufen drüber oder sind eingelassen)?
    Also reich wird man durch die Geige nicht, zuordnen kann ich sie aber auch nicht.

  • Cecille gehen manchmal leicht in die Richtung (trotzdem stimmen auch da die Proportionen nicht), aber diese Geige auch nur evtl Vuillaume zuzuschreiben ist äußerst seltsam. GB sind allerdings auch nicht alle Experten über historische Geigen. Vuillaume hat so saubere Geigen gebaut, dass ihm Gerüchte sogar die Messiah zugeschrieben haben (wiederlegt). Das ist eine ganz andere Welt von Handwerkskunst.
    Stentor kenne ich nur als Manufakturmarke, dazu kann ich nichts sagen.

  • Das Griffbrett wurde mit einem Keil unterlegt, um den Saitendruck auf den Steg zu erhöhen und damit den Ton kräftiger zu machen. Der Keil ist eher eine günstige Lösung hierfür.
    Wenn man sich die Bilder anschaut, ist der erste Eindruck auf jeden Fall nicht, dass es sich um ein hochwertiges Instrument handelt. Aber ich würde auch raten, die mal einem Geigenbauer zu zeigen. Der kann auch mal in den Korpus schauen.