Einschätzung dieser Geige

  • Hallo zusammen,


    ich bin neu hier im Forum bzw. war das letzte Mal vor Jahren hier. Ich habe mir vor ein paar Wochen privat eine nicht spielfertige alte Geige gekauft, die mir einfach rein optisch gefallen hat. Jetzt wollte ich euch gerne um eure Einschätzung bitte. Ich war bereits mit ihr beim Geigenbauer, möchte euch seine Einschätzung aber erst später mitteilen, da ich gerne noch eine unvoreingenommene zweite Meinung hätte. Wenn es sich lohnt, würde ich sie herrichten lassen und wenn sie mir dann insgesamt gefällt, behalte ich sie, um selbst darauf zu spielen. Andernfalls würde ich sie weiterverkaufen.


    Ich hoffe, die Bilder sind aussagekräftig. Die Farbe kommt auf den Bildern eine Nuance dunkler raus als in Wirklichkeit. Die Geige besitzt keinen Zettel, unten gibt es eine offene Stelle, die aber kein großes Problem darstellt, an einer Zarge gibt es einen reparierten Riss, wie es ausschaut.


    Ich danke euch im voraus und freue mich auf Antworten.


    Viele Grüße!

  • Hallo,
    du must dich fragen, warum hat jemand diese unfertige Geige (mit offener Leimung) lackiert und verkauft sie dann? Ich weiß nicht was der Geigenbauer gesagt hat, aber ich denke, dass die Kosten fürs Spielfertigmachen ( Griffbrett, Leimung, Steg, Saiten, Wirbel, wahrscheinlich auch Stimme) auf jeden den Wert dieser Geige übersteigen. Wie sie danach dann klingt, kann auch niemand sagen.
    Die offene Leimung ist ausserdem wahrscheinlich gar nicht mehr so einfach zu reparieren, da dort Lack reingelaufen ist.
    Gruß Norbert

  • Der Geigenbauer meinte schon, dass es sich lohnen würde. Er schätzt sie auf ca. 100 Jahre, Manufakturgeige aus Sachsen. Für das Herrichten hat er mir 440€ veranschlagt, er meinte, danach wäre sie nach seiner Schätzung ca. 1000-1200€ wert. Ob das jemand bezahlt und man einen Käufer findet, steht natürlich auf einem anderen Blatt. Die offene Stelle hat er als sehr unproblematisch empfunden.

  • Danke schonmal für die Einschätzungen. Falls ich sie denn dann wieder verkaufe (ebay oder Kleinanzeigen), würdet ihr sie dann wenigstens leimen lassen (GB hatte dafür glaube ich 20€ aufgeschrieben) und dann mit Saitenhalter, Kinnstütze, Steg und Wirbeln ausstatten, auch wenn man dann noch Wirbel anpassen und Griffbrett machen müsste, wenn man sie vernünftig spielen will? Oder meint ihr, das steigert den Verkaufspreis nicht wirklich? Ich habe 140€ dafür bezahlt, die würde ich natürlich gerne zumindest annähernd wieder reinkriegen, falls ich mich entschließen sollte, sie nicht für mich richten zu lassen.


    Viele Grüße

  • Herzlich willkommen im Club der Geigeliebhaber. Leider ist es oftmals so das man eben nicht das selbe wieder bekommt. Und je mehr man in die Geige reinsteckt wird in diesem Fall der verlust nur Größer denn man macht. Mein Tip wäre hier sehr schöne Bilder machen und hoffen das der Wunschpreis erzielt wird.
    Wenn nicht ist es als lehrgeld zu sehen den nicht nur Ich bei meinen Geigen bezahlt habe. Es geht sehr vielen so die anfangen sich mit Geigen zu beschäftigen.

  • Wenn die Leimung unproblematisch ist, dann stimmt das mit den 20 EUR. Die würde ich jetzt noch investieren, weil die Geige bei ebay ohne offene Leimung 20 EUR mehr bringen wird, als mit einer solchen. Viele schätzen die Kosten für offene Leimungen viel zu hoch ein. Aber ob du deine 140 EUR bekommst, ist fraglich. Es gibt leider viel zu viele sächsische (markneukirchener, usw.) Manufaktur-Geigen bei ebay. Und viele bringen auch in einem spielbereiten Zustand nur 300 EUR oder weniger.

  • Manchmal kriegt man auch schon spielfertige alte Geigen für 100 Euro und muss vielleicht noch die Saiten wechseln. 140 Euro für eine Wundertütte kommt manchmal vor, wenn sich zwei oder drei darum streiten, respektive hochhandeln. In diesem Fall würde ich alles lassen und einen Sofortpreis von 150 oder 160 machen und darauf hoffen, dass jemand die Reparaturen übernimmt. Oder eben dann die 440 Euro investieren und selber spielen. Auf eine Wertsteigerung zu hoffen wäre da wie auf den Gewinn der Lotto Millionen zu hoffen. Möglich aber doch sehr sehr unwahrscheinlich.

  • Abalon hat sicher Recht. Das einzige was dabei besser als Aktien ist. Man hat noch etwas, wenn ein Verlust da ist und es kann einem trotzdem erfreuen auch wenn keine Wertsteigerung eingetroffen ist.

  • Also eigentlich reizt es mich ja schon, die Geige spielbar zu machen, aber über 400€ dafür sind mir schon etwas zuviel. Wenn ich die Geige so verkaufe, mache ich ja sicherlich sowieso Verlust, daher spiele ich mit dem Gedanken, ob ich nicht einen (Groß-)Teil der Arbeiten selbst machen könnte. Das hier wäre alles zu machen laut GB:
    Wirbel neu: 99€
    GB abziehen: 60€
    Steg neu: 60€
    Stimme neu: 50€
    Leimstelle: 20€
    Obersattel: 26€


    Dann noch Saitenhalter, Knöpfchen, Kinnhalter und Saiten für insgesamt 131€. Macht gesamt 446.


    Sowas wir Saitenhalter, Knöpfchen, Kinnhalter kann man ja sicherlich selbst anbringen für weniger Geld. Da habe ich Ebenholz-Sets für ca. 20€ gesehen, es muss ja nicht das allerteuerste sein.
    Die Leimstelle mit Knochenleim oder Hautleim zu leimen, sollte auch nicht allzu schwierig sein, obwohl das Leimen beim GB kostentechnisch ja mit das gerinsgte war.
    Für den Obersattel gibt es auch Rohlinge für 3 oder 4 Euro, die Form anzupassen würde man sicher hinbekommen, aber wie kriegt man die Rillen für Saiten hinein? Wirbel müsste man halt schauen, ob man die eingermaßen angepasst bekommt mit Feile oder Schleifpapier. Gut, die Stimme zu korrigieren würde ich dann wohl schon vom Geigenbauer machen lassen (es ist ein Stimmstock drin, aber die Position muss wohl korrigiert werden).
    Bleibt noch das Griffbrett. Selbst abziehen, dass es gleichmäßig wird, ist wahrscheinlich schwierig (hat das schonmal jemand gemacht, wenn ja, wie?). Es gibt auch fertige Ebenholz-Griffbretter zwischen 10 und 20€, ob die was taugen? Wie man das alte Griffbrett abmacht, habe ich schon in einem anderen Thread gelesen. Ist es denn sehr schwierig, das neue Griffbrett passgenau aufzuleimen?
    Hier sind doch einige Leute unterwegs, die schon desöfteren selbst Hand angelegt habe. Für eine Einschätzung und Ratschläge wäre ich sehr dankbar!


    Viele Grüße!