Ludwig Friedrich Schult, Stettin, ca. 1940 sowie Matthias Klotz, Mittenwald, 1981

  • Guten Tag ins Forum,
    ich bin das erste mal hier, eine interessante Lektüre!


    Ich verfüge über zwei Geigen und eine Bratsche aus dem Besitz meiner Mutter, sie war Geigenlehrerin, hat nach dem Krieg in Detmold studiert. Leider spielt bei uns keiner Geige in der Familie, daher möchten wir die Instrumente in gute Hände abgeben. Beide Instrumente wurden spielfertig gemacht, Steg und Stimme erneuert und positioniert, neue Saiten, kleine Macken an den Kanten gemildert, bei der Schult zusätzlich das Griffbrett ein wenig angehoben.


    Bei der Geige von Schult (Sohn des Lübecker J.H. Schult) handelt es sich um die erste "richtige" Geige meiner Mutter, sie wurde ca. 1941 erworben, daher die Datierung. Sie hat einen sehr feinen, differenzierten Klang, der aber trotzdem kräftig und weittragend ist.



    Bei der Klotz-Geige handelt es sich um ein sehr klangstarkes Instrument, vom Charaker etwas "bodenständiger", wie der Mittenwalder vielleicht so ist, nicht ganz fein ziseliert, aber eine echte Ton-Rakete... Dieser Matthias Klotz war wohl der letzte aus der langen Tradition, der noch in Mittenwald gearbeitet hat, er ist 1907 geboren.



    Die Bratsche ist entweder noch Sudetendeutsch (der Form nach) oder schon Bubenreuth, ca. 1950, von starkem Ton, aber keine Offenbarung. Bei Bedarf kann ich Bilder nachreichen, aber ich glaube, die verleihe ich an Schüler..., das macht mehr Sinn, als sie zu veräußern.


    Ich freue mich auf Hinweise zu einer realsitische Preis-Orientierung, wohl wissend, dass der Markt im Keller ist.
    An Bögen verfügen wir über einen schönen Justin Poirson, Paris, ca. 1880, runde Stange, silber montiert,
    einen R. Arnold Stöss, Markneukirchen, ca. 1940
    einen +Paul Knopf+, Datierung schwierig, vielleicht eher ein Manufaktur-Bogen?


    Herzlichen Dank schon jetzt für Ihre Beiträge!
    Sebastian

  • Über die Bilder ist es schwer den Wert zu ermitteln, da die Geigen beim Geigenbauer Umfangreich Überholt wurde, hat der doch sicherlich auch gesagt um welche werte es sich handelt. Oder war da ein Verkauf nocht nicht beabsichtigt?
    Meine Empfehlung ist es die Geigen einen Geigenbauer vor zu stellen.


    Zu den Bögen


    Der Justin Poirson Bogen wurde mit einem Höchstpreis bei Amati für 5400Pfund verkauft
    Der R. Arnold Stöss wurde bei Skinners mit 984 Dollar angeboten
    Der Paul Knopf wurde bei Christies für 812 Dollar verkauft.


    Bei den Preisen handelt es sich um Einzelentscheidungen es kommt wie bei den Geigen auch, auf die Ausstattung und Zustand an.
    Der Wert kann hier auch wesentlich niedriger liegen. Auch hier ist meine Empfehlung diese einen Bogenmacher vorzustellen.
    Bei Echtheit des Justin Poirson Bogen könnte sich für einen Verkauf auch ein Zertifikat Positiv aus wirken. (z.B. J.F. Raffin)
    Natürlich verrausgesetzt die sind echt.

  • Wie Abalon schon sagte, bei diesen Geigen ist es sehr schwer, diese via Internet zu bewerten.
    So auf den Fotos erscheinen sie mir als feine Lehrgeigen ABER vom Topniveau. Da sind Preise durchaus über der 2000€ Liga möglich - für die Klotz wegen Doppelbonus Mittenwald und Klotz-Dynastie (der legendäre Matthias I begründeteals Stainer Kopierer damals die Mittenwalder Schule - dieser Matthias ist schon der 5. oder 6. aus der Generation) noch etwas mehr.
    Schult war ein anerkannter Geigenmacher von hohem Niveau. Leider ist er heute etwas vergessen. Für so ein auf "blind gekauft" sind da bei Kennern aber schon Preise wie gesagt ab 2000€ möglich.
    Aber hierzu kommt man an einer Schätzung in Natura durch einen Experten nicht vorbei! Checken SIe aber vorher dessen Honorarforderungen!

  • Ich würde die Instrumente bei einem Geigenbauer in Kommission geben. Der hat erfahrungsgemäss mehr Kundschaft- weil er Kunden Probespiel, Service und in gewissem Rahmen auch Garantien anbieten kann. Daher kann er auch höhere Preise verlangen-klar geht da noch Provision ab, aber als Privatverkäufer bekommen Sie wahrscheinlich auch nicht viel mehr, da Sie eben auf Kundschaft warten müssen oder entsprechend mit den Preisen nach unten gehen müssen.

  • Herzlichen Dank für die Antworten, das geht ja superflott hier!


    Die Divergenz zwischen der Aussage des Geigenbauers, was - vor allem in Relation zu den Kosten eines Neubaus - er für ein entsprechendes Instrument eigentlich verlangen müsste und den durch Überangebot gedrückten Marktpreisen ist mir durchaus bewusst.
    Er nennt für sich ein "ehrliches", der Qualität der Instrumente angemessenes Preisniveau von mind. 6T für die Schult und mind. 4T für die Klotz. Allerdings schätze ich sein handwerklichen Fähigkeiten höher ein als seine kaufmännischen... ;)
    Professionelle Dealer, wenn sie sich der Instrumente wg. Marktübersättigung überhaupt annehmen würden, liegen da maximal bei einem Drittel dieser vom GB genannten Preise.


    Liegt die Wahrheit dazwischen?


    Nochmals herzliche Grüße
    Sebastian

  • Na, ein Teil des Unterschieds besteht im Unterschied des Ankaufs- und Verkaufspreises. Das Preislevel, für den ein Geigenbauer eine vergleichbare Geige verkauft (=der Versicherungswert) ist ein anderes, als das Preislevel, für die solche Instrumente angekauft werden (um sie mit Gewinn zu verkaufen). In dieser Gewinnerwartung ist das Risiko, dass die Instrumente weiter im Wert fallen (aufgrund der Marktlage), dass sie "totes Kapital" sind (=gelagert werden müssen, gewartet werden müssen, vermarktet werden müssen, versichert werden müssen…) mit einberechnet, und ja der Händler will natürlich auch was verdienen.


    Jeder Händler will ein Schnäppchen machen, und je grösser das Schnäppchen ist, desto besser kann er einen "guten Preis" an seine Kunden weitergeben, ergo desto schneller bekommt er die Geige wieder verkauft. Insofern: Wenn man Eile mit dem Verkauf hat, muss man sich mit weniger zufriedengeben als wenn man sich mehr Zeit lässt.


    Falls es nicht eilt, würde ich die Geigen bei einem Geigenbauer in Kommission geben (nicht gleich dem erstbesten Händler verschachern), und mit diesem die Preisvorstellung regeln. Im Allgemeinen wissen die Geigenbauer, für wieviel die Instrumente verkaufbar sind. Man kann ja durchaus absprechen, dass es bei ernsthaften Interessenten auch noch einen gewissen Verhandlungsspielraum gibt. Wenn man mit dem Geigenbauer einen angemessenen, prozentualen Kommisionsprovisionsbetrag vereinbart, hat auch dieser ein Interesse daran, die Geigen relativ schnell und zu einem guten Preis zu verkaufen. Sprechen Sie durchaus auch mal mit mehreren Geigenbauern.

  • Ach ja, und wenn ein Geigenbauer nicht ausreichende (vielleicht nicht "gute", aber eben ausreichende!) kaufmännische Fähigkeiten hätte, gäbe es ihn nicht. Es spricht eher für den Geigenbauer, dass er ehrlich einen höheren Wert nennt, und nicht versucht, das Instrument für einen geringen Betrag abzuschwatzen. Ob er den hohen Preis dann verwirklichen kann, ist eine andere Frage (und da kann man, sollte das Instrument nach ein paar Monaten noch nicht verkauft sein, durchaus weitere Absprachen treffen). Aber die meisten Geigenbauer kennen ihre Kundschaft…und wenn am Ende nur 3/4 des Betrages herauskommt oder vielleicht auch nur die Hälfte, so ist es immer noch mehr als das "Du nehmen 100 Euro, ich sein ehrlicher Käufer" einer gewissen Händlerschicht.


    Ich hatte auch schon mal eine recht gute Geige bei ebay eingestellt (Sofortkaufen 500 Euro), und bekam in kurzer Zeit reihenweise solche Angebote- die mir "grosszügig" 200 Euro versprachen, und dabei auf die Familienehre, ihre absolute Grosszügigkeit (Geige nix sein wert…) und die Jungfräulichkeit ihrer Grossmutter schworen….Die Geige war nach 3 Tagen für den vollen Preis verkauft.

  • Er nennt für sich ein "ehrliches", der Qualität der Instrumente angemessenes Preisniveau von mind. 6T für die Schult und mind. 4T für die Klotz


    Ich nehme mal an, dass der Geigenbauer den Wert so angegeben hat, als würden diese Instrumente bei Ihm im Laden verkauft.
    Dies bedeutet, perfekt gepflegt und gewartet, mit der entsprechenden Kundenbetreuung und eventuellen Änderungswünschen des Kunden, sowie der Garantie
    auf versteckte Mängel und wahrheitsgetreuer Beratung. Dies alles wird man auf den "jedermann online Plattformen" nicht finden.


    Zu diesem Preis wird er die Instrumente wahrscheinlich nicht entgegen nehmen können.


    In Kommission geben finde ich da die fairste Lösung, da der Verkäufer vom guten Kundenstamm des Geigenbauers profitiert und
    der Geigenbauer einen gewissen Prozentsatz für seine professionelle Unterstützung und seinen guten Namen bekommt.
    Für beide eine Win - Win Situation, da es als Privatperson doch sehr schwer sein dürfte Instrumente im Wert von 10 Tausend Euro zu verkaufen.
    Ausser Sie sind selber Musiker in einem Orchester mit vielen potentiellen Käufern eines neuen "alten" Instrumentes.