K. A. Glier, Markneukirchen?

  • Ein "Stimmriss" (unter dem rechten Stegfuß) ist eine ganz andere Kategorie als z. B. ein unproblematischer Einriss an einem F-Loch oder im seitlichen Backenbereich.
    Eine oberflächliche Leimung reicht da nicht, selbst bei der aufwändigen und kostspieligen Anfertigung eines Stimmfutters sind klangliche Einbußen zu befürchten.


    MfG
    Rainer

  • Dann schau ich am besten mal rein, ob und wie das repariert wurde. Reparaturen mit zusätzlichem Holz gegen die Decke geleimt hab ich gesehn. Warum nimmt man bei sowas nicht z. B. Glas- oder Kohlefaser + Klebstoff? Wäre doch härter, leichter und würde sich der gegebenen Oberfläche viel einfacher anpassen. ??

  • Also, ein Stimmriss ist bei dieser Preiskategorie ein Totalschaden. Sorry. Die Geige bekommst du nie wieder verkauft. Der Riss unter dem Saitenhalter klafft, und scheint mir vom Foto her nicht repariert zu sein.


    Das Problem mit Rissen in Geigen versus Gitarren ist, dass Geigen völlig anders konstruiert sind und ein ganz anderes Innenleben haben. Bei einer Gitarre ist die Decke innen durch Hölzer verstärkt, die Deckenstärke relativ gleichmässig und die Decke glatt. Bei den -im Vergleich zur Deckendicke- sehr dicken Balken unter der Gitarrendecke fällt ein reparierter Riss klanglich wenig ins Gewicht, und man kann da recht gut mit Zwingen von aussen ran.


    Bei der Geige liegt das akustische Herz zwischen den f-Löchern. Alle Risse in dieser Region sind klanglich potenziell sehr problematisch. Die Geige hat eine gewölbte Decke, welche unter Spannung steht und deren Dicke variiert. Mit "einfach Zwinge anseztzen" ist es nicht getan. da muss oft die Decke runter. DDie Schwingungen der Gaigensaiten werden durch den Stimmstock (ein Holzstäbchen zwischen Decke und Boden) in den Innenraum und auf den Boden übertragen. Der Stimmstock ist also für den Klang der Geige von immenser Wichtigkeit, und je nach Position verändert sich der Klamg der Geige wesentlich. Deshalb wird der Stimmstock auch nicht eingeleimt, sondern muss verschiebbar bleiben. Der Geigenbauer reguliert den Klang der Geige über doie Stimmstockposition. Risse üner dem Stimmstock -wie bei deiner Geige- sind klanglich hoch problematisch, weil die Schallpbertragung einfach nicht mehr ganz so funktioniert. Gleichzeitig steht die Decke dort unter sehr grosser Spannung, so dass ein solcher Riss immer mit einem Futter repariert werden muss.


    Auch ein repariertwr Stimmriss ist aus o.g. Gründen stark wertmindernd, und bei einer Geige dieser Preisklasse ein Totalschaden. Klar kann man damit irgendwie spielen und auch lernen, und klar ist das für einen Hobbyspieler vielleicht weniger relevant, das Instrument kann dennich annehbar klingen. Aber es ist eben eine starle Wertminderung. Der geforderte Preis ist daher meiner Meinung jach deutlich zu hoch, da gbt es qirklich bessere Geigen auf Ebay, die man für den Einkaufspreis auch in etwa wieder los wird.

  • ok, habe deinen letzten Post gelesen, die Geige scheint ein Stimmfutter zu haben. Das ist schon mal ganz gut, d.h., da hat schon mal einer richtig viel Geld in das Teil investiert. Aber auch mit Stimmfutter ist sie wertgemindert.


    Wie ich schrieb, ist der Stimmstock die klangliche "Seele" der Geige. Man versucht bei dem Stimmfutter auch ähnlich gewachsenes Holz wie das Ursprungsholz zu verwenden, weil man die Schwingungsübertragung und den Klang so wenig wie möglich stören will. Die Schallwellen sollen sich sowohl innerhalb der Decke als auch von Decke auf Stimmstock auf Innenraum auf Boden übertragen. Dafür ist die Deckendicke und die Gewichtsverhältnisse und möglichst homogenes Material entscheidend. "Irgendwas gegenleimen" mag die Decke besser stützen, aber eben auch ihre Schwingung behindern. Beidpielsweise werden Wölfe beim Cello ab und zu dadurch behandelt, indem an irgendwelche Stellen auf der Deckeninnenseite kleine Gewichte innForm von Holzklötzen angebracht werden.... Also, das Klangverhalten von Geigen ist recht komplex...

  • Schau auch mal ob der Riss am Saitenhalter wirklich repariert ist. Wie gesagt, es gibt sicher Geigen auf Ebay, die "wertstabiler" sind. Aber wenn beide Schäden gut repariert sind (Stimmfutter!), dir das Instrument gefällt und du es eh nie wieder verkaufen willst und die Geige klanglich einigermassen gut ist (mal jemanden spielen lassen, der es kann!) spricht nix dagegen, darauf spielen zu lernen. Evtl. muss der Obersattel noch mal korrigiert werden, aber das ist nicht so teuer.


    Um mal zu differenzieren: Bei einer wirklich schlechten Geige würde man keine solche aufwendige Reparatur machen (es sei denn, man lebte in Ostdeutschland und musste zu DDR-Zeiten froh sein, ünerhaupt ein Instrument zu haben...da wurde alles repariert, was nicht bei dri auf den Bäumen war). Auch der gute Steg spricht dafür, dass jemand mal Geld reingesteckt hat. Das ungewöhnliche Griffbrett und der nicht ganz regelgerecjte Obersattel wiederrum stimmen nicht mit der Theorie "gutes Instrument perfekt repariert" überein. Ursprüngöich war das also wahrscheinlich schon ein recht gutes Instrument, und es kann sein, dass sie auch jetut noch recht gut klingt.


    Schattenseite: Es gibt so viele hübsche, alte, gute Instrumente auf dem Markt, dassich persönlich so ein Instrument nicht kaufen würde, sondern mich nach einer -evtl. auch leicht teureren- Alternative umsehen würde. Das Geld, was du jetut sparst, investierst du evtl. in Folgeschäden oder in immer wieder auftretende Problemchen. Das hat man evtl. mit jedem Instrument, aber mt solchen Vorschäden hätte ich da keine Lust drauf. Ich würde sie nicht kaufen.

  • Ach ja, ich hab schon wirklich viele Ebayinstrumente gekauft, und was da als "repariert" oder "spielbereit" verkauft wird...offene Risse (bei als "garantiert rissfrei" beworbenen Instrumenten), offene Leimfugen ("spielbereit"), "giter Zustand" (offener Stimmriss, Risse im Wirbelkasten)... vergiss es. ;)

  • Mich wundert halt nur, dass es ein gewerblicher Verkäufer ist, der jeden Tag Geigen verkauft. 100% gute Bewertungen und ne Webseite, die schlüssig ist. Ich hab sie jetzt mal per Mail angefragt, wie die Risse repariert worden sind, ob ein Stimmfutter eingesetzt wurde und ob die Decke offen war.

  • "jeden Tag" halte ich für übertrieben... Aber warum sollte jemanden schlecht bewerten, wenn es ein Rückgaberecht gibt? Dann schickt man die Sachen zurück, und dann gibts doch gar keinen Grund für eine schlechte Bewertung. Und falls doch jemand schlecht bewertet, kann der Verkäufer diese von Ebay löschen lassen, weil er ja Rücknahme angeboten hat.