Handstellung/Handgefühl/4.Finger-Gelenk

  • Hallo,



    bin eigentlich relativ fortgeschritten und bereite mich mit meinem Lehrer auf ein Studium vor, trotzdem hader ich hin und wieder mit mir, wie Ich am liebsten meine Handstellung hätte und welches Handgefühl mir auch am ehesten zusagt.

    Einerseits möchte Ich, dass sich meine Finger frei und flexibel anfühlen (dafür öffne Ich meine Hand und gehe etwas mehr rum mit dem Arm), andererseits soll es auch über längere Zeit entspannt spielbar sein können (lasse den Arm mehr hängen, Hand etwas geschlossener/ mehr am Griffbrett). Mich würde mal interessieren, wie und welche Kompromisse ihr so geschlossen habt.



    4.Finger-Gelenk:

    Interessant ist auch, wie sich der 4. Finger dabei verhält. Bei ganz vielen sehe Ich zwar eine relativ entspannte Armhaltung, jedoch einen 4.Finger, dessen oberstes Gelenk einknickt, sodass der Finger die Form eines "L" bildet. Das hab Ich als Kind auch gemacht, find ich aber nicht so gut, da der Finger dadurch an Flexibilität verliert und Ich den jetzt auch gar nicht mehr, wie üblich beugen und strecken kann.



    Bin gespannt auf eure Antworten. LG MYRI

  • ….um welches Instrument handelt es sich denn? Geige/Bratsche oder Cello/Bass?


    Generell sehe ich es so, dass Dein Körper der beste Lehrmeister diesbezüglich ist. Je nachdem, wie lang die Finger sind, wie breit die Mittelhand, wie das Längenverhältnis der Finger ist (z.B. haben Frauen oft ein im Verhältnis zum Zeigefinger kürzen Ringfinger als Männer) kann bzw. muss man von der „akademischen“ Haltung abweichen. Man muss einfach so spielen, wie es funktioniert (und technisch halbwegs richtig ist).


    Ansonsten gilt: Nach Anspannung folgt Entspannung oder Verspannung. Es macht für mich Sinn, da durchaus variabel zu bleiben. Bei schnellen Passagen eher in Richtung locker/entspannt, bei langsameren Passagen mit Doppelgriffe eher fester mit mehr „Hebelwirkung“/„Hängen am Griffbrett“ (ich spiele Cello, bei der Geige geht das vielleicht nicht so ohne Weiteres).

  • Hey,


    ich spiele Violine.

    Bei "Körper als Lehrmeister" stimme Ich dir voll zu, nur ist es manchmal so, dass Ich nicht weiss, was mein Körper da möchte. Ich versuche, dass danach auszurichten, wie es sich in der Hand gut anfühlt. Aber habe Ich sie auf eine Stellung gebracht, gefällt mir zwar eine Sache, aber die andere nicht.

    Deswegen weiss Ich manchmal nicht, was mehr Priorität haben soll, auch wenn Ich viel spiele und probiere.


    Momentan tendiere Ich, dank Geigenlehrer, zu einer "schrägen" Handhaltung bzgl. des Griffbretts. Handgelenk leicht eingeknickt Richtung 4. Finger, ausserdem seitlich nach aussen gedehnt (schwer zu erklären), sodass die Finger Richtung Saite kommen. Wie such immer, das hilft mir den 4. Finger rund aufzusetzen und sowieso alle recht ordentlich, doch manchmal fühlt es sich zu unflexibel für mich an.


    Vielen Dank für deine Antwort.

    LG

  • Momentan tendiere Ich, dank Geigenlehrer, zu einer "schrägen" Handhaltung bzgl. des Griffbretts. Handgelenk leicht eingeknickt Richtung 4. Finger, ausserdem seitlich nach aussen gedehnt (schwer zu erklären), sodass die Finger Richtung Saite kommen. Wie such immer, das hilft mir den 4. Finger rund aufzusetzen und sowieso alle recht ordentlich, doch manchmal fühlt es sich zu unflexibel für mich an.

    Das hört sich gut an. Der Geigenlehrer sollte es auch am besten beurteilen können. Aber ich würde es nicht

    als fest gemeißelt sehen .. sobald es unflexibel oder verkrampft wird, ändere die Haltung ein wenig. Überhaupt

    ändert es sich ja zu den oberen Lagen hin sowieso und der Handrücken wird aufrechter, nicht mehr eingeknickt,

    steiler und die Hand offener.


    Ich hatte als Jugenlicher mal versucht, die Finger fast senkrecht aufzusetzen und den kleinen Finger, bis dahin

    fast gestreckt, in ein rundes Draht-Korsett gesteckt, damit er ganz gebeugt wird. Das hätte langfristig zu einer

    Sehen-Entzündung meines Unterarmes geführt ... hätte nicht für mich gepasst ... aber immerhin ist mein

    kleiner Finger jetzt leicht gebeugt und schön locker ... ein wenig die Grenzen auszuloten schadet also nicht.

    Die „L“ Form, also das Endgelenk extrem weit zu beugen, braucht es eigentlich, meiner Meinung nach, nicht.

  • ja, naja so leicht rund, find ich auch optimal. Also so rund, wie nötig und so entspannt, wie möglich, finde Ich immer.

    Und dann gibt es ja noch unterschiedliche Ansichten darüber, ob die Finger oder nur der 4. die anderen Saiten berühren darf oder nicht. Ich finde das halt nicht so schön, weil dann die Resonanz schwächer ist und außerdem kann Ich selbst auch besser hören, ob der Ton stimmt 🤭 und für doppelgriffe muss es sowieso funktionieren.


    Aber, ich hab auch öfter das Gefühl, dass mein Arm beim Saitenwechsel nicht weiter rum gehen will und die finger einfach rübergreifen lassen will, aber dann passt der 4. nicht ganz. Alles wegen dem 4. 😄 und bei manchen sieht das so entspannt und einfach aus und ihr arm hängt fast immer, naja..


    Sein Experiment klingt schon krass, zum Glück ist dann doch nichts weiter passiert. Spielst du auch Violine? Mich würd ja auch mal ein persönlicher Austausch interessieren oder ob es Leute hier mit dem senkrecht abgeknickten 4. Finger gibt und wie die das finden und wie es denen damit geht.


    Und Hannes_F: Recht hast du..

    LG

  • Sein Experiment klingt schon krass, zum Glück ist dann doch nichts weiter passiert. Spielst du auch Violine? Mich würd ja auch mal ein persönlicher Austausch interessieren oder ob es Leute hier mit dem senkrecht abgeknickten 4. Finger gibt und wie die das finden und wie es denen damit geht.

    Ja, ich spiele Violine, aber nicht beruflich.


    Damals war ein angehender Violin-Student bei mir. Er zeigte mir, dass die Finger möglichst von oben

    mit der Spitze aufsetzen sollen. Daraufhin habe ich mir das Gestell für den kleinen Finger gebaut, denn

    aus eigener Kraft war das nicht zu schaffen, ich hatte den ja zuvor eher gestreckt.


    Heute weiß ich, dass es diese extreme Haltung gar nicht braucht ... es kommt eben auf die Finger an.

    Grundsätzlich ist eine entspannte und lockere Haltung, die kein Gelenk überdehnt, am besten.


    Und möglichst nie lange weiter üben, wenn etwas zu schmerzen anfängt. Sonst bleibt irgendwann nur
    noch eine längere Pause, damit sich der Körper erholen kann.

  • Da du dich auf ein Studium vorbereitest, willst du das Geigenspiel ja mal professionell, also für den Lebensunterhalt machen. Da ist es absolut wichtig, das Problem kurzfristig und mit professioneller Hilfe zu lösen. Also u.U. mal einen oder auch mehrere andere Geigenlehrer aufsuchen und um Rat fragen. Wir können dir von aussen kaum den richtigen Hinweis geben. Dafür hängt das von zu vielen Faktoren ab, die wir nicht kennen.

  • Ach, das ist ja krass. Ich finde absolute Empfehlungen und Bestimmungen nicht so sinnvoll. Es kommt immer alles "darauf" an, aber vielleicht lag hier auch die Betonung auf "möglichst".


    Naja, ich brauche mal ein Reset und werde ein paar Tage Abstand vom (Über)analysieren nehmen und einfach spielen und meine Übungen machen.


    Falls es hier drinnen oder da draußen noch jemanden gibt, der Erfahrungen mit dem abgeknickten kleinen Finger hat, würde Ich mich freuen, wenn dieser mir von seinen Erfahrungen berichtet.


    Vielen Dank für eure interessanten Antworten. LG

  • Hey Norbert,


    danke für deine Antwort. Ja, ich bekomme derzeit Unterricht und mein Geigenlehrer weiß von meinen Absichten. Ich finde ihn auch sehr gut, trotzdem interessiere Ich mich auch für andere Meinungen und Ratschläge, weil jeder ja auch seine ganz eigenen Erfahrungen hat. Mein Geigenlehrer hatte und hat das Problem mit dem abgeknickten 4.Finger z.b. nie.

    Daher war Ich ja auch mal an persönlichem Austausch interessiert. Weiss nicht, ob so etwas realisierbar ist. Ich muss mich wohl auch mal trauen meine Mitspieler im Kammerorchester anzusprechen, bei denen Ich das beobachte.


    LG