Geigenbögen

  • Für viele spielt der Bogen eine große Rolle, für andere nicht. Man muss da einen mentalen Draht dazu haben.
    Ich habe den nicht. Wenn Gewicht und Spannung stimmen (die Form ist doch eh quasi genormt) dann passt es.
    Ganz entscheidend ist bei mir aber die Pflege der Saiten und der Haare des Bogens. Da bin ich sensibel.


    Dass die Bogenstange sich auf den Klang auswirkt, da bin ich skeptisch. Ich hatte noch nie jemanden, der das
    hören kann. Und solange niemand etwas daran liegt, das zu widerlegen, wird es auch nicht passieren.

  • ...deswegen gebe ich für Bögen von Fotos auch nie eine Schätzung ab.


    Es gibt aber auch gestempelte, schicke Meisterbögen, die einfach nur schlecht sind. Bei alten Bögen sind diese schon lange vom Markt „aussortiert“, so dass der Eindruck entsteht, alle alten Meisterbögen müssen gut gewesen sein.


    Ausserdem werden Bögen nach ihrer Fertigstellung erst klassifiziert und dann gestempelt. Manche Hersteller benutzen verschiedene Kürzel oder Sterne um die Qualität des Bogens zu kennzeichnen. Bögen, die nicht gut genug sind, bekommen keinen Stempel.

  • ...es ist also keineswegs so, dass die Hersteller nur gute Bögen bauen.


    Ausserdem funktioniert Bogenbau ganz anders als Geigenbau. Bei der Geige weiss man erst ganz am Ende, wie sie klingt. Die Möglichkeiten, daran etwas zu verändern, sind dann sehr begrenzt.


    Beim Bogenbau wird das Biegeverhalten der Stange und ihre Geometrie während der Herstellung ständig geprüft. Auch nach der Fertigstellung (also Behaarung etc.) kann die Stange noch verändert werden (Biegung durch Hitze, Wegnehmen von Material etc.).


    Und dann kommt obiges zum Tragen- die Hersteller sind bemüht, dass nur gute Bögen das Haus verlassen. Klappt aber nicht immer.

  • Stimmt, alles gute Punkte! Bis ich die Bögen in die Hand bekomme sind sie quasi dreifach vorsortiert, den Bogenbauer selbst, ob sie die Zeit dazwischen ausreichend wertgeschätzt wurden und bestenfalls noch durch einen kompetenten Händler.


    Das erklärt vielleicht auch meinen Frust immer wenn ich eine Auktion besucht habe, da hat der letzte Punkt vielleicht gefehlt :)

  • Fiddler, indirekt wirkt sich die Stange durchaus auf den Klang aus- nämlich ob der Bogen gut handhabbar ist oder nicht. Wenn der wackelt wie Lämmerschwanz, bekommt auch ein guter Spieler keinen guten Ton.


    Inwieweit das Material einen Einfluss hat (und wie gross dieser ist), ist eine gute Frage. Dazu müsste man Bögen vergleichen, die sich nur im Material unterscheiden, aber bei denen Handhabung, Gewicht, Schwerpunkt etc. identisch ist. Das ist nicht so einfach.


    Ich denke schon, dass das Material einen Einfluss hat. Wenn nicht direkt, dann zumindest indirekt beispielsweise über Gewicht und Steifigkeit, die dann die Handhabung beeinflussen. Und allein der Glaube, dass das Material einen Einfluss hat oder dass man mit dem Einen oder Anderen besser zurechtkommt, kann einen Einfluss haben.


    Wat dem ein‘ sin Uhl, is dem annern sin Nachtigall.

  • Fiddler, indirekt wirkt sich die Stange durchaus auf den Klang aus- nämlich ob der Bogen gut handhabbar ist oder nicht. Wenn der wackelt wie Lämmerschwanz, bekommt auch ein guter Spieler keinen guten Ton.


    Ja, klar. Aber wenn die Spannung, Gewicht und die Form stimmen, was soll dann wackeln? Dann stimmt
    auch das „Gefühl“, der „Response“. Dann kommt noch die Optik und die Oberfläche und die Ausstattung, das
    Daumenleder. Auch da bin ich sensibel. Und ich spiele lieber Holz als Carbon. Ich kann aber nicht mal sagen,
    warum. Alles, wie du sagst, „Gefühlssache“.


    Ob es Labor-Aufnahmen gibt mit einer Versuchs-Anordnung, um das Klangbild von Geigenbögen im Zusammenspiel
    mit Geigen zu messen, weiß ich nicht. Habe ich noch nicht gehört. Solange bin ich der Meinung, die Stange des
    Bogens muss nicht klingen, sondern lieber dämpfen. Aber: Man lernt nie aus. Möglich ist alles.

  • Das ist hier online alles immer nicht "beweisbar", aber ein Schlüsselerlebnis für mich war ein Bogen, der spieltechnisch genial war, aber es ganz leicht hörbar war für Spieler und Zuhörer (ok, sicher nicht in größerer Distanz, aber da bin ich maximal-egoistisch und suche alles danach aus wie es für mich klingt), dass er den Ton auf allen Saiten in den hohen Frequenzen beschnitten hat.


    So wie ich das sägezahnhafte Schwingungsverhalten der Saite verstehe, muss die Bogenstange alle Frequenzen mitmachen, die hinterher auch hörbar sind. Und wenn da in der frequenzabhängigen Absorption irgendwo zu viel ist, dann fehlt das eben.


    Auch sehr reproduzierbar finde ich den klanglichen Unterscheid von etwas wie der Korfkerrest. Man kann es mögen oder nicht, aber bei jeder nicht-toten Violine sollte es einen klaren Effekt geben.

  • Ich höre auch deutliche Unterschiede zwischen meinen Bögen. Aber die unterscheiden sich eben nicht nur im Material. Insofern ist da natürlich die Frage berechtigt, was genau denn zu diesem Unterschied führt: Material, Geometrie, Gewicht, Behaarung, Steifigkeit,..., was auch immer.


    Es gibt sicherlich Spieler, die sind so gut, die könnten auch mit einem Besenstiel spielen. ;) Sicher gibt es Leute, die sensibler auf verschiedene Bögen reagieren, und andere, die sich jedem Bogen intuitiv anpassen können. Genauso wie es Instrumente gibt, die mit vielen Bögen toll klingen, und andere, die da spezifischere Anforderungen haben.


    Kann ja jeder für sich entdecken.


    Ich hab da meinen Weg gefunden, aber der ist für MICH richtig. Nicht zwangsläufig auch für alle Anderen.