geigenzettel antoniazzi milano

  • Liebes Forum,


    mich beschäftigt die Frage, ob die sächsischen oder böhmischen Geigenbauer um die Jahrhundertwende ihre
    Kollegen der "Mailänder Schule" wie Z.B. die Antoniazzi Brüder gekannt haben und auch deren Geigen kopiert haben und
    auch deren Zettel. Damals um 1900 waren die Informationen ja auf Druckerzeugnisse und Messebesuche oder Handlungsreisende besvhränkt.
    Vielen Dank für Eure Anregungen

  • Wieso? Die letzte Jahrhundertwende (gleichzeitig auch Jahrtausendwende) ist erst 19 Jahre her....


    Zu den Zetteln: Keine Angst, die damaligen Grosshändler, in deren Auftrag die Zettel eingeklebt wurden und die die entsprechenden Zettel drucken liessen (nein, das hat der Geigenbauer nicht selber gemacht!) verfügten über beste Messekontakte, stellten ja selber ihre Instrumente und Erzeugnisse auf Messen aus end liessen sich mit „Medaillen“ auszeichnen...


    Du kannst davon ausgehen, dass die über alle ernstzunehmenden Geigenbauer bestens Bescheid wussten.


    Und im Zweifel wurden auch italienische Namen erfunden. ;)


    Um die Jahrhundertwende 1900 gab es in dem kleinen Markneukirchen sogar eine amerikanische Konsularvertretung, um den Überseehandel mit Instrumenten zu koordinieren. Die waren sehr geschäftstüchtig, und international „up to date“.

  • Das mit den erfundenen Namen hat dann sogar dazu geführt, dass in einigen Aufstellungen von Geigebauern dann solche Namen auftauchten. Erst später konnte dann bewiesen werden, dass diese nie gelebt haben.
    Aber nach dem, was ich gelesen habe, sollen auch Geigenbauer, ja sogar berümte Geigenbauer, die falschen Zettel eingeklebt haben. So soll Vuillaume in seiner Anfangszeit sehr gute Stradivari-Kopien gefertigt und diese mit Stradivari-Zetteln ausgestattet haben. Erst später, als seine Geigen sich auch unter seinem Namen gut verkaufen liessen, hat er dieses wohl nicht mehr gemacht.
    Es gibt noch mehr Kuriositäten: So sind aus guten Geigen die Zettel bekannter Geigenbauer entfernt und in einfachere Geigen eingeklebt worden. Die guten Meistergeigen liesen sich auch ohne Zettel hochpreisig verkaufen und die einfacheren nun durch den Zettel auch.

  • Oder auch unschön, so wohl in Mantua im 20. Jhd. geschehen: Geigenbauer, die (bescheidene) fremde Arbeiten mit den eigenen Zetteln ausstatten und noch gleich Zertifikate mitliefern. Oder die Zettel vom Vater einkleben und das Zertifikat dafür schreiben. Oder gleich noch dessen Lehrmeister Scarampella mit hineinziehen...