Wert "Stradivarius"-Geige Flohmarktfund

  • Meine Mutter hat vor über 30 Jahren eine Geige gekauft, die den Namen "Stradivarius" hinten eingebrannt hat. Sie hat Risse auf der Oberseite. Ich würde mich sehr freuen, wenn mir jemand sagen würde, wo ich sie am besten verkaufen kann und was ich als ungefähren Wert ansetzen kann. Vielen Dank Bettina

  • Leider ist der Flohmarkt auch heute noch die richtige Handelsadresse. Eigentlich war die Geige gar nicht mal so schlecht, also als Schülerinstrument durchaus tauglich. Durch den alllgemeinen Werteverfall auf dem Geigenmarkt sind diese Geigen, die in Massen um 1880-1920 in Sachsen und Böhmen hergestellt wurden, inzwischen auch in gutem Zustand wenig wert. Die Risse sind zusätzlich wertmindernd. Je nachdem in welcher Gegend Sie wohnen, kann man so 50-100 Euro ansetzen.

  • Da muß ich Braaatsch leider recht geben, auch wenn die Geige ein bisschen aufgehübscht wird.
    Kostet die wahrscheinlich mehr als man für die Geige bekommt. Der Steg gehört nicht zur Geige oder steht falsch und müßte mal gedreht werden. Die wirbel sind schon sehr Groß sollten gebuchst werden und neue Wirbel eingesetzt werden. Der Saitenhalter sitzt so nicht richtig und müßte korregiert oder ersetzt werden. Der Lack ausbessern und Polieren, eine neue Kinnstütze, Griffbrett abziehen und Obersattel anpassen oder erneuern.
    Neue Saite und fertig. Kosten ca. 350-450€. Die Risse sehen für mich geschlossen aus, nur schlecht bearbeitet. fließen daher nicht in die Bewertung mit ein. Möglicher verkaufspreis wie Braaatsch schrieb ca. 100€ vielleicht auch ein bisschen mehr weil sie jetzt wirklich Gut aussieht aber 300€ wird Sie wohl nicht erreichen.


    Achso zum Verkauf geht hier wohl nur Ebay oder Ebay kleinanzeigen. Ein Geigenbauer wird sie sicher nicht haben wollen.

  • Ich würde die in deiner Stelle gründlich reinigen und mit spezieller Politur für Geigen aufpolieren (ich habe dafür Glanz- und Pflegepolish von Hammerl). Dann ab 1 EUR bei ebay einstellen und schauen was dabei raus kommt. Der Steg passt nicht zur Geige (wie abalon schon schrieb) es ist ein unbearbeiteter Rohling. Da hat wohl mal jemand gedacht, er könnte einfach einen Steg kaufen und den unter die Saiten schieben und alles wäre in Ordnung. Da würde ich aber in deiner Stelle nichts dran ändern. Ein Geigenbauer nimmt zwar für einen neuen Steg nur ca. 70 EUR, aber die bekommst du beim Verkauf über ebay nicht wieder raus. Ausserdem würde kaum ein seriöser Geigenbauer bei einer Geige in diesem Zustand nur den Steg erneuern. So wie die Wirbelbohrungen aussehen (da ist ja teilweise ein Spalt zwischen Wirbel und Bohrung), kriegt man die Saiten kaum noch gestimmt.


    Viel Erfolg! Vielleicht schreibst du ja mal, was draus geworden ist. Danke!

  • Hallo Großmeister Braatsch, Doppel-As Abalon und Fortgeschrittener Norbert V, Ihr seid wirklich toll, tausend Dank!!! Ich hätte nicht gedacht, dass ich so schnell, so kompetent Antworten erhalte und bin jetzt sehr froh, dass ich diesen Weg eingeschlagen habe. Ich werde - wie Norbert V- empfiehlt, die Geige schön polieren und in Ebay ab 1,00 Euro stellen. Ganz liebe Grüße Bettina

  • Ungewöhnlich finde ich die Schnecke am Sattel. Der Sattel steht über dem Hals. Normalerweise
    steht der Sattel über dem Anfang des Wirbelkastens, das ist stabiler. Bei dieser Geige muss ein dünnes Holz dem ganzen
    Druck der Saiten standhalten. Habe ich so extrem noch nicht gesehen.


    Der Steg ist kein Rohling. Da ist ziemlich viel weggenommen worden, in der Stärke und vor allem oben.
    Ob die Füße richtig angepasst sind, kann man nicht erkennen.

  • Fiddler gut das du das gesehen hast, ich habe mir daher die Bilder nochmal angesehen.
    Ich finde das das Griffbrett auch etwas kürzer aussieht ähnlich Barrockgeige, das gleiche gilt für den Hals der in den Korpus eingesetzt ist. Wenn jetzt der bassbalken auch noch kurz ist, könnte die geige für Barrockliebhaber Intressant sein. Also ein Paar Hundert Euro mehr. Auch kann der Stempel später gemacht worden sein.
    Ich würde die Geige nun doch einen Geigenbauer zur Beurteilung zeigen.


  • Der Steg ist kein Rohling. Da ist ziemlich viel weggenommen worden, in der Stärke und vor allem oben.
    Ob die Füße richtig angepasst sind, kann man nicht erkennen.


    Du hast Recht, der Steg wurde in der Höhe gekürzt. Auf dem letzten Foto ist zu sehen, dass die Füße unten gerade sind und ich habe deshalb gedacht, dass der ganze Steg nicht bearbeitet wurde.


    Das mit dem Wirbelkastenansatz ist sehr interessant. Ich hatte an eine einfache Stradivari-Kopie aus dem Vogtland gedacht, aber das passt da nicht zu. Das habe ich auch noch nicht gesehen.


    Vielleicht hat kann ja noch jemand dazu eine Erklärung.

  • Das ist möglich. Die Saiten laufen in einem sehr flachen Winkel zu den Wirbeln. Die D- und A-Saite werden über den E-Wirbel gebogen. Der Abstand vom Wirbelkastenbug zum G-Wirbel ist allerdings sehr klein. Habe ich so schon häufig bei Barock-Geigen gesehen.