Richard Martin 1895

  • Man kann das Sammeln von Geigen und deren Reparatur durchaus als ein schönes Hobby betrachten, und das Hobby darf auch Geld kosten. Mit genügend Zeit & Platz & Erfahrung macht das Geigensammeln wirklich Spass.


    Aber.


    So, wie die Preise für einfache Instrumente gefallen sind, so werden sie auch für Mittelklasseinstrumente deutlich fallen. Die Asiaten werden qualitativ immer besser, und "fressen" sich ins nächste Markstsegment. Geigen, die einen Antiquitäten/Kunstwert besitzen (sprich, authentische alte Meistergeigen mit grossem Namen) sind bei dieser Entwicklung sicher noch eine ganze Weile aussen vor. Aber da sprechen wir vom hohen vierstelligen oder eher fünfstelligen Bereich. Alles, was drunter ist, wird meiner Meinung nach in den nächsten Jahren deutlich an Wert verlieren- die Idee, mit guten Geigen (nicht mit Profi-Instrumenten) Geld verdienen zu wollen oder es als Geldanlage zu sehen ist meiner Meinung nach eher ein frommer Wunsch. Ebaypreise sind da leider richtungsweisend...


    2. Problem, und das ist nicht politisch korrekt, ich erwähne es aber trotzdem. Die Anzahl der Kinder, die in bildungsnahen Haushalten mit europäischem Kulturhintergrund aufwachsen, und deren Eltern Zeit, Geld und Mühe in die musikalische Förderung ihrer Kinder stecken und ein so traditionelles, heute eher "uncooles" und schwer zu lernendes Instrument wie Geige fördern und fordern, sinkt rapide. Schon heute sind in westdeutschen Grossstädten ca. 1/4-1/3 der Kindergartenkinder nicht aus bildungsnahen europäisch-kulturellen Elternhäusern, und man kann damit rechnen, dass diese Kinder nicht unbedingt Geige lernen werden. Das Interesse lässt aber auch bei bürgerlichen Kindern hiesiger Herkunft deutlich nach- da wird lieber auf dem Ipad gedaddelt, und Musik kommt aus dem MP3-Player. Ein Musikinstrument zu können ist eben heute nicht mehr Teil des "Bildungskanons", und auch wenn Instrumente wie E-Gitarre, Saxophon, Schlagzeug etc. noch eine zeitlang "cool" sein werden, so sind junge klassische Musiker eher rar, und werden immer rarer.


    3. Problem: Die E-Instrumente werden immer besser. Sprich, sie sind inzwischen für viele eine "coolere" Alternative, und leider in immer mehr Fällen (kleine Wohnung, Studentenwohnheim, schlechte Bausubstanz/Fertigteilhäuser, Klagewut der Nachbarn, fehlender Bezug zur klassischen Musikausbildung seitens der Nachbarn (früher gehörte Musiküben bei Allen dazu und war normale Geräuschkulisse!)
    etc.) fast notwendig, zumindest als Zweitinstrument. Die technischen Möglichkeiten (leises Üben, Aufnehmen der Tonspur, Abmischen, eigene kleine Musikproduktion) lassen sich mit diesen neuen Instrumenten viel leichter umsetzen.


    Kurz: Die Konkurrenz aus Asien wird auch das bessere Marktsegment einnehmen, es wird also immer bessere Instrumente zu immer niedrigeren Preisen geben, und immer weniger Kundschaft. Da auf eine Wertanlage zu spekulieren ist in meinen Augen naiv.

  • Du bekommst heute nicht mal so selten am Trödel schon chines. Komplettsets - also Geige mit Bogen, Kolophonium und Koffer für sagenhafte 50€ oder sogar weniger. Da kann man ohne großem Risiko mal abchecken, ob der Filius oder die Filia wirklich das Zeug zum Paganini 2.0 hat.
    Dadurch zerfällt der Preis sogar für gute alte Schülerinstrumente.
    Wie Braatsch es korrekt sagte, entweder man spekuliert nur noch auf die Top-Instrumente - aber nur wenn die niet- und nagelfest keine Fälschungen sind (sogar dieser Nachweis kann saftig kosten!)- oder man läßt es bleiben!

  • Das kann ich mir Gut vorstellen. Was ich aber meine, es sind keine Geigen mit einem besonders Großen Wert.
    Es sind mehr die solide und Gut gemachten Instrumente wo man im Privat Bereich von 500€ bis 3000€ spricht. Was da für ein Geigenbauer nehmen würde weiß ich nicht. Aber wie so oft schon Diskutiert bietet der Geigenbauer eben auch mehr Servis an und Gewinn möchte er ja auch machen.


    Die Geigen, bei dem sich ein Ordentlicher Wert ergeben könnte, werden einem Geigenbauer oder Auktionhaus angeboten. Und spätestens wenn dort signalisiert wird kein Intresse ist meistens auch kein großer Wert vorhanden, mit Groß meine 5000€ und mehr.. Aber das heist nicht das Sie dann wieder Verramscht werden müssen.
    Ich stelle oft Geigen mit Festpreis ein es dauert manchmal Monate bis sich einer Meldet aus der Region um sich die Geige an zu sehen. Und das meine ich mit Geduldig sein.

  • Ja, Abalon, genau das meine ich mit Hobby: Geigen sammeln, und es sich auch leisten können, die Geduld zu haben.


    Eine Wertanlage -im Sinne von Wertsteigerung oder zumindest Wertbeständigkeit- sind die preiswerten Geigen aber eben auf Dauer nicht. Sicher geht das noch ein paar Jahre gut, aber auf Dauer wird man auf den Instrumenten sitzenbleiben, oder sich preislich eben dem Markt anpassen müssen.


    Geigenbauer leben zum grossen Teil vom Service, das "täglich Brot" sind Wartungsarbeiten, Reparaturen, Restaurationen, und immer mehr auch das Spielbarmachen von Billiginstrumenten. Verkauf ist meist nur Zubrot. Es gibt Top-Geigenbauer, die vom Neubau leben können, aber das sind prozentual etwa so viele (oder weniger), wie der Anteil der Musikstudenten, der eine feste Orchesterstelle ergattert.

  • Ich denke, Braaatsch spricht da mit mehr Erfahrung und sieht die Tendenzen.
    Entweder man hat eine echte Meister Geige von Italien oder Frankreich und auch da nur die alten und besten Instrumente, dann wird der Wert bleiben oder gar steigen.
    Neue Instrumente aus Italien (Bsp. Cremona) haben schon Preise um die 20'000 Euro und sind danach schwer zu diesem Preis wieder zu verkaufen, ausser
    es gibt eine grosse Nachfrage auf einen ganz speziellen Geigenbauer, wie zum Beispiel beim deutschen Greiner oder englischen Florian Leonhard.
    Bei den günstigen Geigen ist es ungefähr so; kriege ich 350 Euro, 250 Euro oder gar nur 150 Euro.
    Geigen über 500 Euro gehen schon schwerer weg und selten wird über 1000 Euro im Online Handel bezahlt.
    Und ganz ehrlich, jeder weiss ja, für wie viel er seine Geigen gekauft hat.
    Warum sollten also andere viel mehr bezahlen, ausser Sie haben keine Ahnung und sind die neuen Glücksritter.
    Ich versuche dieses Glücksritter-Gen bei mir zu unterdrücken, denn es ist als Geld-Anlage gesehen wahrscheinlich
    mit der Zeit so, wie es Braaatsch treffend beschrieben hat. Ein bisschen Glück kann man ja immer noch haben.
    Es braucht wie es Abalon gesagt hat, einfach mehr Geduld und in naher Zukunft mit den vielen Billig-Geigen wohl noch mehr Geduld.

  • Ich weiß ja das Ihr alle Recht habt was den Wert der Geigen und der Entwicklung der Preise angeht.
    Aber genauso ist es wichtig für einen Geigenspieler ein Gutes und vor allem eine mit Klang zu bekommen.
    Und an dieser Stelle bin ich wohl etwas Altmodisch, die Geigen die ich habe Überholen lassen durch einen Geigenbauer sind eben Geigen für die Ich einen Wert Empfinde der auch über 1000€ geht oder mehr.
    Diese Geigen haben eine Qualität wo Ich gar nicht darüber nachdenke möchte Sie für weniger Verkaufen zu müssen.
    Ich glaube hier werde ich verstärkt darüber nachdenken müssen ob man diese Geigen nicht Verleiht.
    Wie das gehen soll weiß ich zwar noch nicht, aber bislang sind die prognosen im Forum meistens Eingetroffen und das würde ja bedeuten das ich nach ablauf einer gewissen zeit mehr energie als Brennholz zu erwarten habe als Geldmäßig einen vernünftigen Ertrag zu erwarten habe. ( Überspitzt :saint: )
    Es ist Brutal aber es wird wahrscheinlich so kommen.

  • Abalon, leider ist es für den Verkauf egal, was Du über den Wert denkst.... Das Problem ist, dass die asiatischen Instrumente eben immer besser werden, und die 1000-2000 Euro Geigen bald klanglich einholen (und das meiner Meinung nach teilweise schon tun...).


    Und wie du ganz richtig sagst: Ein Spieler will/braucht ein klangvolles Instrument. Warum sollte also eine Mutti ihrem hoffnungsvollen Geigennachwuchs eine alte Geige für 1000 kaufen, wenn es eine mit gleicher Klangqualität schon für 700 gibt, bzw. für 1000 ein Neuinstrument mit besserem Klang zu bekommen ist, inkl. Garantien und Service? Da wird die Entwicklung leider hingehen, so weh das tut.


    Ich bin selber auch eher an alten Instrumenten interessiert, Historie und Schönheit, und Charakter und so Gedöns, aber diese Dinge sind eben für das reine handwerkliche Spielen nicht ausschlaggebend. Klar, Inspiration, Motivation,....aber vielleicht kann das ein Neuinstrument auch, wenn man nicht mehr die China=billig=schlecht Vorurteile hat, oder sich in die schöne Flammung verliebt hat etc.etc.


    Abalon, ich freue mich über jedes alte Instrument, was gerettet wird, und bin selber wirklich ein "Antiquitätenfan". Nur: Für mich ist das "Antiquitätenliebe", bei der mir klar ist, dass sie sich nicht monetär auszahlen wird, weil der Markt sich anders entwickelt. Und das ist der Unterschied zwischen Hobby/ Leidenschaft und Geschäft. Entsprechend passe ich mein Kaufverhalten an. Da ist mir Realismus lieber, als wenn in ein paar Jahren die grosse innerfamiliäre Staatstrauer ausbricht, weil ich irrsinnigerweise auf Werterhalt/-steigerung gesetzt habe.


    Und ja, die Martin-Geige war schon interessant...
    Liebe Geigenfans, Schnäppchenfinder und Verkäufer hier im Forum: Setzt doch den Link zu Eurer Auktion mit in den Thread, und kündigt den Verkauf an...! Mir ist es auch schon einige Male so gegangen, dass ich ein Instrument interessant fand, und durchaus mitgeboten hätte. Mir ist es egal,wenn ich den Einkaufspreis kenne, ich gebe soviel Geld, wie ich denke dass es fair/mir wert ist. Damit wäre allen geholfen: Ihr habt zumindest manchmal mehr Kunden, und bessere Preise, und wir haben ein Instrument, was uns gefällt, und wo wir schon mal alle "auf Herz und Nieren" unsere Meinung zu abgegeben haben/viele Meinungen gehört haben. Ergo weniger Risiko als bei einer anonymen Auktion, mehr Ehrlichkeit, Möglichkeit für Rückfragen vor Auktionsenede etc. etc.

  • Lieber Braaatsch ich gehe fest davon aus das du in den meisten Überlegungen Recht haben wirst.
    Aber, bislang habe ich keine China Geige gesehen in einem Konzert der Kinder und Schüler noch in Anspruchsvollern Konzerten der Fortgeschrittenen, die bei Jugend Musiziert mit machen.
    Das mag in einem daran liegen das asiatische Geigen noch nicht den Weg in die Schulen gefunden haben zum anderen das auch die lehrer sehr Speziel sind was die Geigen angeht. Ein weitere wichtiger Punkt ist das ja die alten Geigen aus Sachsen oder Stainer oder was auch immer Preislich sehr günstig zu haben sind.
    Sofern man das Risiko Eingehen möchte auch mal ein Flopp zu Kaufen. Bei den wirklichen Guten Geigen, die Klanglich überzeugen wird meiner Meinung nach die eher Alte gegen die Neue China Geige bevorzugt werden. Zu mal die Gute China Geige hier zwar keine 8000€ kostet aber mit knapp 1700€ auch nicht gerade ein Schnäppchen ist. Wenn wir daran Denken was alte Gute Geigen zur Zeit kosten liegt der Preis auf der selben höhe. Der Vorteil einer alten Geigen ist und bleibt das Sie Ihre Schwindungs Phase vom Holz hinter sich hat und die Neue china Geige die Schwindungs Phase noch vor sich hat.
    Aber und auch das siehst du vollkommen richtig, im Anfänger Bereich sind die Asiatischen Geigen seit Jahren auf der Überholspur und der Markt der Geigenbauer die diese Geige Überarbeiten und anbietet wird immer Größer und wächst. Was aber nicht schlecht sein muß wenn in dem Fall wieder mehr Kinder zum Geigespielen finden da es für die Eltern erschwinglich wird. Spätestens wenn die Kinder dabei bleiben und das Geige Spielen für sich entdeckt haben, werden meistens bessere Geige bevorzugt.

  • Das Holz hört auch bei alten Geigen nicht auf zu altern. Strads werden immer wieder versucht zurück zu beringen, sei es der Boden an der Stimmstockstelle oder der weiß was ich wie vielte Bassbalken mit noch mehr Stütze. Längere Stimme und dann wieder alles von vorne.