Richard Martin 1895

  • ich komme gerade wieder vom Trödel aus Wien. Vor etwa einem Monat fiel mir dort bei einem Händler eine alte Geige mit einem etwas eigenartigen Zettel auf, auf welchem stand:

    Zitat


    Richard Martin
    fecit Bucuresti 1895


    daneben sein Emblem ein in sich verschlungenes M und R in einem Kreis
    wegen des erbärmlcihen Zustands dachte ich mir sofort, die sei eine billige Balkanfiedel und nicht weiter des Interesses wert. Doch augenfällig fiel mir die exorbitant schön gestochene Schnecke auf. Bei tieferer Begutachtung sah ich, dass die Decke aus feinstem engjährigem Fichtenholz ist, sowie Zargen und Boden aus höchstwertigem Riegelahorn (4A+ bis 5A.
    Die Form ist klassisch Stainer, besitzt also nicht diese Extremwölbung, wie wir sie jetzt schon in einigen Diskussionen hatten.
    Markant auch, dass die Stelle, wo der Stimmstock den Boden berührt diese mit einem kreisrunden Furnier verstärkt ist. Die Geige ist überhaupt sehr filigran gebaut, scheint dennoch sehr robust zu sein - kein Bruch an Decke, dafür feine Haarrisse am Boden!
    Dieser Eindruck wurde eben darin bestätigt, dass ich die 300 €, die der Händler damals wollte nciht bereit war zu zahlen.
    Heute kam ich wieder zum besagten Trödel und die Geige war noch immer da! Niemand wollte das Ding. Da habe ich halt auf 100€ runtergehandelt und es gekauft. Folglich hatte Geige hat die ärgsten Kälte- und Wärmeeinbrüche dieses Aprils unbeschadet überstanden!!! Respekt!
    Über Richard Martin sagt Lütgendorff nur, dass er 1866 im heutigen Sachsen-Anhalt geboren war, sich zuerst in Magdeburg niederließ, 1892 nach Budapest ging und ab 1895 in Bukarest arbeitete.
    Wäre wichtig, mehr über ihn zu erfahren, da er scheinbar wirklich gute Arbeit leisttete!
    PS: meine uralte Billigkamera scheint den Geist aufzugeben. Trotz 1000 Watt Beleuchtung (aus wirklich repsktvollem Abstand beleuchtet - mir ging schon eine Geige deswegen in Flammen!!!) kriege ich diesen orangen Stich nicht merh weg. Bitte das zu entschuldigen!

  • Hm... bin ja unerfahren. Aber so exorbitant schön finde ich die Schnecke dann auch nicht. Auf dem linken Bild sehe ich schon noch deutliche verbliebene Bearbeitungsspuren, und auch das Zentrum ist nicht sonderlich rund. Oder geben die Fotos das nicht so richtig wieder?

  • sie wurde sehr stark bespielt - ich habe sie von Romas aus dem Balkan. Das sind keine Arbeitsspuren sondern normale Matzen. Leider geben die Fotos die Schönheit der SChnecke wirklich nicht gut wieder. Auch ist der Lack wesentlich dunkler - sie scheint mal überpinselt worden zu sein und mit starker Beleuchtung (ich vewrwendete eine 1000 Watt Lampe!) kommt der alte Lack zum Vorschein. Sie muss mal toll lackiert gewesen sein - ich war über diese goldrote Farbe selber überrascht - ohne Beleuchtung ist sie eher duneklbraun bis schwarz.

  • ich habe jetzt versucht, diesen Farbeffkt irgendwie zu illustrieren, indem ich die Aufnahme im Kunstlicht mit einer im Naturlicht gegenüberstelle. Man merkt den Umschlag von dunkelbraun auf gold leuchtend schon. Leider ist meine Steinzeitkamera (auch schon 10 Jahre alt!!) nicht fähig die unglaubliche Tiefe der Maserungen sowohl der Fichte als auch des Ahonrs einzufangen.
    Wie die Schlieren etnstanden sind, ist mir auch ein Rätsel. Wären die nur überpinselt, müßte man ein Relief zwischen der dunklen Farbe und der goldgelben darunter spüren. Das ist aber nur teilweise der Fall. Ich habe das oft bei Meistergeigen erlebt, das er Lack nicht etwas statisches ist, sondenr auch "wandert", was sowohl Segen als auch Fluch sein kann. Dennoch mich fasziniert das Farbspiel ungemein - erinnert mich an ein Jackson Pollock Gemälde. Wäre das eine Gitarre mit dieser Holz- und Farbwahl, ich schwebte jetzt im 7.Himmel!

  • Ich kann leider auch nicht viel im Netz finden, aber wenn Sie echt ist und somit auch eine Meistergeige ist.
    Hat sich das geschäft auf jedenfall gelohnt. Sie sieht ja neckisch aus, die hätte ich auch nicht liegen lassen.
    Aber ich hätte schlaflose Nächte bekommen wenn ich Sie nicht gleich mit genommen hätte.


    Glückwunsch eine schöne Geige.


    In eigener Sache. Manchmal muß man sich technisch bei einer Kamera Verbessern. Auch meine macht die Bilder nicht so wie es wirklich ist und es nervt ein wenig. :huh:


    Noch ein nachtrag: Wo ist der Trödelmarkt ich könnte am Wochende noch ein Paar Hundert Kilometer abfahren. Ebay und co sind sehr mau geworden.

  • der ist in Wien in der Stadlau - ein großes Einkaufszentrum nördlich. Leicht über die Autobahn zu finden. Der Markt ist am Samstag und Sonntag auf einem großen Areal nahe beim dortigen Conrad Electronicshop.
    Wenn Sie mal Wien besuchen, dann am Samstag zuerst den am Naschmarkt - da sind die Chancen noch sehr groß, schöne Geigen zu finden, und danach fahren Sie einfach in die Stadlau - aber am besten am Sonntag möglichst früh.
    http://www.flohmarkt.at/flohma…/wien-gewerbepark-stadlau