Alter und Herkunft dieser Geige

  • Hallo,


    ich hab mir bei Ebay Kleinanzeigen eine Geige gekauft. Ich spiele selber schon länger Geige und habe auch eine, aber die fand ich sehr interessant und hab sie günstig bekommen. Zur Herkunft konnte mir die Verkäuferin nicht viel sagen. Ich habe die Geige zum Geigenbauer gebracht um das notwendige zu machen, um sie wieder Spielfertig zu machen und zu schauen, wie der Klang ist. Vorher war sie zwar auch spielbar, aber nicht so gut. Jetzt hat die Geige einen neuen Steg, ein etwas erhöhtes Griffbrett, Risse wurden geleimt und der Stimmstock wurde neu positioniert. Ich habe dann noch Saiten, Saitenhalter und Kinnteller drangemacht und man kann mit der Geige Musik machen. Sie klingt nicht so gut wie meine andere Geige. Der Klang ist zwar warm, aber etwas dumpf und nicht sehr weich. Auch andere Saiten haben erstmal keine große Besserung gebracht. Daher die Frage an euch, was Ihr meint, was die Geige Wert sein könnte. Wenn es sich lohnt würde ich Sie zu einem anderen GB bringen und noch weitere Reparaturen (Wirbel, Klangeinstellung) machen lassen. er Geigenbauer wo ich sie jetzt hingebracht habe ist schon sehr alt und wollte mir zu Wert und Herkunft nichts sagen, da er schon zu lange raus sei und da kein Experte ist. Er sagte aber, dass sie wohl um die 150 Jahre alt ist.


    Ich finde die Geige optisch recht ansprechend, nur klanglich noch nicht. Im Grunde ist ja immer wieder die Frage, ob es eine böhmische/sächsische Manufakturgeige ist. Was meint Ihr? Das kann ich euch noch über die Geige sagen: Die Geige hat keinen Zettel. Die Schnecke finde ich etwas unförmig. Wölbung ist eher stark und die Geige ist mit 3 Nägeln genagelt (italienische Bauweise?). Spricht das für eine umgebaute Barockgeige? Sie ist recht zierlich, das heißt im Vergleich zu anderen Geigen ist die Zargenhöhe eher niedrig.


    Bilder füge ich ein und freue mich auf eure Antworten.


    LG

  • Um zu entscheiden, ob es eine Barockgeige ist, müsste ich den Halsansatz sehen. Aber die barocke Bauweise wurde in Sachsen/Böhmen noch lange nach der Barockzeit fortgeführt. Ich tippe auf eine böhmische Herkunft, Mitte bis Ende 19.Jahrhundert. Die Nagelung findet man bei Instrumenten bis heute, das hat mit barock oder nicht barock nix zutun.


    Wenn Du mit dem Klang nicht zufrieden ist, solltest Du eine Klngeinstellung machen lassen. Die Druckverhältnisse zwischen Saiten (…erhöhtes Griffbrett…), Steg und Stimmstock (und dessen Position!) sind komplex, und mit "irgendwie zusammenwurschteln" und "Standardstimmstockposition" hat man nicht immer die optimalen Ergebnisse. Manchmal brauchen die Instrumente auch Zeit, um sich wieder "einzuschwingen"- spiel die Geige mal ein paar Wochen, und schau mal, wie es sich entwickelt. Danach würde ich noch mal zur Klangeinstellung raten.

  • Ach ja, bei der Veränderung der Stimmstockposition verändert sich natürlich auch immer der Gegendruck des Stimmstocks, gerade bei hochgewölbten Instrumenten sorgt ein Verschieben also nicht nur für eine andere Position zum Steg, sondern auch für andere Druckverhältnisse.

  • Also für eine sehr alte Geige fehlen mir mehr gebrauchsspuren. Die Randeinlage auf dem Boden ist aufgemalt,
    dafür gefällt mir der Krakelierte Lack. Ob jetzt Italien oder Sachsen / Böhmen kann ich nicht sagen. Da ja alles nach gebaut wurde.


    Aber auch ich hatte das erlebniss mit einer Geige, die bekamm einen neuen Stimmstock und einen neuen Steg und neue Saiten.
    Der Klang war zum Weglaufen. Ich habe Sie tagelang gequelt und siehe da, alle holzteilchen haben zu einander gefunder und es wurde eine schöne Klangvolle Geige. Also wie Braaatsch schon sagt, einfach eine weile Spielen.


    Nachtrag: Ich hatte für eine Geige einen einfachensteg angefertigt ich hatte mich beim bearbeiten schon gewundert das er sich so leicht schnitzen ließ. Die Geige klang auch gedämpft. Ich habe dann einen neuen Steg genommen von einem Markenhersteller, es fiel auf das er viel härter und schwieriger zu bearbeiten war. Ergebniss eine Geige mit Top Klang


    Mir ist noch aufgefallen das der Steg doch sehr Hoch ist und Überprüf doch mal ob der Abstand vom Saiten Halter zum Steg stimmt. Sieht für mich von Bildern so aus als wäre es zu wenig. Kann aber auch teuschen.

  • Am Rest der Geige sieht man es...das ist kein wirklich altes Instrument (ok, ich meine Einschätzung war etwas älter, aber so weit sind "Ende 19.Jahrhundert" und "um 1900" ja nicht entfernt...)


    Craquelierung lässt sich chemisch und mit Wärme auslösen. Letztendlich muss man die oberen Lackschichten schnell trocknen, so dass sich diese über dem noch nicht ganz trockenen "Unterbau" zusammenziehen und reissen. Entweder man hat schon einen fertig gemischten Lack, der diese Trocknungseigenschaften besitzt, oder hilft bei einem dicken Lack an der Oberfläche chemisch nach. Wenn Du das selber mal ausprobieren willst, gibts im Künstlerbedarf eine Auswahl an geeigneten "Craquelierlacken". Viele "alte" Ölbilder, die es bei Ebay und Co. gibt, sind entsprechend nachbehandelt.


    Im "Handbuch des Kunstfälschers" (eine meiner Lieblingslektüren) stehen auch noch eine Menge aderer Tricks drin, die sich zwar auf die Malereiszene beziehen,maner die man auch auf die gesamte Antiquitätenszene und den Geigenbau beziehen kann. Grade vieles zum Thema Gewchäft und Fälschung etc. ist sehr interessant.

  • Das Buch kostete im Original um die 30 Euro :)
    Bei einem Angebot von 50 Euro hätte ich ja noch eingewilligt.
    Schöner Versuch es für über 200 Euro zu verkaufen.
    Ich habe auch schon Preiswünsche von 500 Dollar gesehen :(
    Naja, wo es um Kunst geht, wird betrogen wo es nur geht ;)
    Aus dem Wikipedia:
    Am 8. Januar 1996, kurz nach der Publikation der italienischen Ausgabe seines Kunstfälscherhandbuchs wurde Hebborn in Rom mit schweren Kopfverletzungen aufgefunden.
    Er starb drei Tage später an den Folgen eines Schlages mit einem stumpfen Gegenstand.