Analyse und Einschätzung

  • Also ich denke das ist ein recht neues Instrument, zu neu um es noch einer Schule gut zuzuordnen. Könnte USA, Tschechien, China, Deutschland oder sonst was als Herkunft haben.
    Sieht erst mal ganz nett aus, einfache Holzwahl, typische zweiteilige Decke, zweiteiliger Boden aus eventuell Chinaholz? Sieht nicht so recht nach europäischem Ahorn aus. Die Schnecke ist solide geschnitzt, aber auch keine besonders künstlerische und bietet keinen Anhaltspunkt für mich, außer dass es keine 50€ Geige ist.
    An Strad angelehnt. Etwas schneller Anstieg der Deceknkrümmung an den Zargen, also eher warm als zu tragfähig, aber das ist schon mehr begründetes Raten. Ich müsste die wirklich in der Hand halten um was zu sagen.

  • Denke auch, dass es ein recht neues Instrument ist. Die Schnecke und der Wirbelkasten machen auf mich den Eindruck, dass diese maschinell hergestellt wurden. Sieht irgendwie nicht nach Handarbeit aus.
    Die Geige schaut aber recht nett aus, entscheidend ist jedoch der Klang und die Ansprache! Wie klingt sie denn und wie lässt sie sich spielen?

  • Hallo, danke für die Rückmeldungen. Genau, das sollte ein neueres Instrument sein, ca. 20 Jahre alt. Innen steht, wie gesagt, kein Name. Nur Staatliche Fachschule für Geigenbau Mittenwald, mit Bj. 1998 und einer Nummer, die sich mit einer daneben ins Bodenholz eingestantzten Nummer deckt. Neben der gestanzten Nummer ist innen ein Brandzeichen mit einem Baum im Kreis. Ich weiß nun nicht, was mir das sagt. Heißt das, es handelt sich u. U. um ein Instrument, was im Rahmen der Geigenbaulehre "angefallen" ist, von einem Schüler? Schade, wie ihr das Holz einschätzt. Woran sieht man das? Den Klang finde ich schön, rund und warm, soweit man das beschreiben kann. Es geht um einen eventuellen Kauf. Der GB will, wer hätt's gedacht, etwas mehr als 50€ dafür.


    So, eine habe ich noch für euch, das wäre eine Alternative. Wie immer interessiert mich sehr, wo genau ihr hinschaut und was euch, positiv als auch negativ, auffällt. Leider klanglich m. E. leicht unterlegen. Rein von der Optik und Ästhetik, ohne das jetzt handwerklich begründen zu können, würde ich klar zu ihr tendieren:

  • Das ist dann eine Geige aus der Berufsfachschule in Mittenwald. Das sind zwar Schüler, aber in der Regel gute. Die Aufnahmeprüfung dort ist schwer und nur jeder 10te schafft es rein.
    Hölzer sind so ne Sache, manche Strads haben Hölzer, die würde ein GB heute nicht mit einem Stock anfassen. Mit der Herkunft ist es dann auch doch europäischer Ahorn. Manch dieser Geigen sind recht ordentlich, andere weniger.
    Die andere Geige hat einen schönen Boden und sieht auch sonst nett aus, einzig die Wölbung spricht eher für die andere Geige. Ist der Riss im Wirbelkasten echt oder gemalt? Generell ist da viel gute Antiquisierung dran gemacht worden! Optisch wirlich schön und auch die Schnecke ist etwas besser gestochen. Klang geht aber natürlich vor!

  • Den Riss kann ich leider nicht beurteilen. Ich frage mich halt, wie es mit einem eventuellen Wiederverkaufswert sein mag. Die eine 20 Jahre alt, die andere runde 100... beide liegen preislich sehr ähnlich und werden von den GBs für etwa stattliche vier Kilo aufgerufen, was ja durchaus kein Pappenstiel ist. In der Bucht sind die dann in fünf Jahren für drei Stellen vor dem Komma zu veräußern nehme ich an, aber was ist mit Kommission? Macht man mit so einer Investition einen gnadenlosen Verlust, und gibt es darüberhinaus einen Unterschied zwischen einem neueren und einer älteren Instrument? Vielleicht hat jemand dazu etwas zu sagen, wie auch sonst, falls noch Kommentare zu den Instrumente kommen, immer gerne!

  • In diesem Preisbereich findet man schon eine sehr gute Auswahl an Instrumenten, ich würde Dir raten, einfach noch mal weiter zu schauen und auch Privatangebote probezuspielen. Wenn es "die Geige Deines Lebens" werden soll, musst Du völlig von ihr überzeugt sein.


    Da spielt dann auch der Wiederverkaufswert eine geringere Rolle. Tendenziell entwickelt sich der Geigenmarkt auseinander- alles, was bis 10.000 Euro geht, wird meiner Meinung nach im Preis fallen. Erst Recht "namenlose" Geigen (also alles, was keinen "Stammbaum" hat) und Manufakturinstrumente, so gut sie auch klingen mögen. Und zwar deshalb, weil die asiatischen Hersteller immer besser werden, und vom Anfängerbereich langsam in den klanglich ernstzunehmenden Geigenmarkt vordringen. Und das zu Preisen, die für hiesige Geigenbauer einfach nicht zu halten sind.


    Aber: Es geht um ein Instrument, welches DIR gefallen muss und mit dem Du glücklich bist. Die Idee, dass gGeigen immer wertvoller werden und nicht an Wert verlieren ist eigentlcih absurd, und trifft nur für sehr teure Instrumente zu. Warum muss denn eine Geige eine Geldanlage sein? Wenn Du sie spielen willst, ist es ein Gebrauchsgegenstand, der ebenso an Wert verlieren darf wie ein Auto, ein Fahrrad, ein Klavier, eine Blockflöte, eine Klarinette, eine Akkordeon.....egentlich fällt mir kein Instrument ein(ok, eine Barockorgel... ;) ...), bei welchem alle Welt glaubt, dass es wertvoller werden sollte bzw. seinen Preis behält.


    Dieser Mythos der "wertvollen Geige" wird durch Einzelstücke und im Wert gehypte Kunstwerke wie wirklcih antike Geigen namhafter Geigenbauer genährt, trifft aber eben auf die Masse der Instrumente nicht zu. Das ist ein bisschen so wie bei einem Oldtimer. Ein Rolls Royce (schreibt man das so??) "Phantom" von 1925 ist unbezahlbar, aber nicht jeder klapprige Renault oder 20 Jahre alte Opel entwickelt sich zum gesuchten Oldtimer in diesen Preislagen.

  • Hallo Braaaaaaatsch, ;) vielen Dank für den ausführlichen und ehrlichen Kommentar. Von der Idee der Geige meines Lebens habe ich mich im Laufe der Suche irgendwie schon verabschiedet. Ich halte es für mehr als wahrscheinlich, dass ich in einigen Jahren, ob fünf oder zehn kann ich nicht sagen, mich vielleicht nochmal umschauen werde. Daher auch die Frage nach dem Werterhalt. Ich sehe das auch gar nicht als Anlage, da ging es mir tatsächlich nur um den zu erwartenden Verlust und ich hatte natürlich gehofft, dass dieser nicht allzu groß ausfallen würde (wie bei einem Auto etc.), da anders als beim Auto ja kein technischer Fortschritt o. ä. stattfindet.
    Deinen Tipps mit der Suche bin ich vorab schon gefolgt, war in der letzten Zeit bei einer ganzen Reihe von Geigenbauern, habe zahlreiche Instrumente angespielt, einige davon dann immer ausgeliehen und mitgenommen. Spieltechnisch bin ich ja trotzdem Laie, auch wenn ich mich schon eine gefühlte Ewigkeit am Instrument versuche. Das Familienstück (ganz oben im Thread) is das eine, aber es ist ja auch nett nochmal ein "eigenes" Instrument zu haben, das man sich auch selbst ausgesucht hat. So eine Suche ist dann auch eine sehr interessante (wenngleich schwierige) Sache, da ich eben immer nur dieses eine Instrument gespielt habe.
    Nur Privatangebote habe ich bislang noch keine angeschaut, wohl einfach weil GBs naturgemäß eine deutlich größere Auswahl vorhalten. Aber ist auf jeden Fall einen Versuch wert.
    Allen einen guten Wochenstart!

  • Hallo, danke für die Rückmeldungen. Genau, das sollte ein neueres Instrument sein, ca. 20 Jahre alt. Innen steht, wie gesagt, kein Name. Nur Staatliche Fachschule für Geigenbau Mittenwald, mit Bj. 1998 und einer Nummer, die sich.....


    Ich weiß nicht wie oft ich es noch sagen muss: "Bitte alles, was an Signaturen da ist, Zettel, Brandmarken, Schlagmarken, Bleiistiftmarken etc. wenn sichtbar von vorne herein IMMER ANGEBEN, auch wenn nur Blödsinn draufstehen würde ("Antonius Stradivari.....")
    Bezüglich Berufschule Mittenwald hatten wir auch schon eingie Diskussionen hier. Die sind nicht mal so selten.


    Instrument aus der Geigenbauschule Mittenwald

  • 4k beim Geigenbauer für die zweite hätte ich erwartet, für die erste ist es nicht wenig. Das kann natürlich heißen, dass sie einfach sehr gut ist.
    Letztendlich gibt es viele Geigen zur Auswahl in dieser Preisklasse, von einem schnellen Kauf will ich generell abraten. Wenn Sie einige Geigen ausprobiert haben und das ist die beste dieser Geigen ist sie den Preis wert. Wenn nicht, dann eben nicht.
    Wiederverkauf ist bei solch einem Instrument nicht einfach. Mit viel Geduld und Kommision, unter der Voraussetzung dass sie mit anderen Geigen in der Preisklasse gut Mithalten kann, können Sie sie wohl fast verlustfrei wieder loswerden, das kann aber Jahre dauern. Wenn schnell ein Käufer gefunden werden muss, dann mit hohen Verlusten.
    Dieser Mittenwälder können sich manchmal als echte Preisknaller entpuppen, manchmal klingen sie wie Sperrholzgeigen, deswegen ist es quasi unmöglich diesen Preis außerhalb von einer Auswahl ähnlich teurer Geigen zum Vergleich zu verkaufen.
    Manche GB bieten an, bei einem teureren Neukauf das alte Instrument wieder zum vollen Preis in Zahlung zu nehmen. Aber sich bei einer Geige auf einen Händler zu beschränken ist sehr schwierig, wie ich finde.
    Wertsteigerungspotential sehe ich bei unter 35 000€ nur bei sehr ausgewählten Erbauern, die gerade anfangen an Ruhm zu gelangen. Sicher wird das erst bei sechstelligen Beträgen und der Markt kann jederzeit platzen! Ich habe meine Einstellung diesbezüglich bereits ausführlich im Forum erläutert.