Erbe / Dachbodenfund / Maggini

  • Hallo, ich habe von meinem Ur-Ur-Onkel eine alte Geige geerbt und würde nun gerne wissen, ob jemand aus dem Forum mir sagen kann, wie ich feststellen kann, ob diese Geige wertvoll ist.
    Ich habe ein paar Bilder gemacht.
    Die Geige hat innen einen ziemlich alten ,brüchigen und schmalen Zettel .Dort steht :Petrus Sanctus Maggini faciebat Bresciae A 16 und handschriftlich: 32
    Mein Onkel war erster Geiger in einem großen Orchester vermutlich so um 1870 herum, danach wurde die Geige immer weitervererbt und vergessen, bis jetzt . 1970 wurden einmal Reparaturen von einem Geigenbauer vorgenommen, den die Geige viele Monate bei sich hatte, leider war er sehr alt und ist schon lange verstorben, er behauptete die Geige sei wertvoll.
    Es würde mich sehr freuen, wenn jemand mir Tipps geben könnte, wo und von wem ich die Geige schätzen lassen kann, ohne betrogen zu werden.
    Maße:60 cm Breite 21,5 cm , breiteste Stelle, Hals ca.24,5 cm Schallausschnitte 8,5 quer längste Stelle gem.,Taile 11,5 cm.

  • Hallo Onkelsgeige


    über Maggini, mit vollem Namen Giovanni Paolo Maggini geboren 1580 in Botticino, Brescia, gestorben in 1632 an der Pest gibt es leider nicht so vieles im Detail
    notiert, wie es von den Cremonesern Geigenmacher gibt. Dennoch soll er scheinbar sieben Kinder gehabt haben, wovon vier bereits früh gestorben sind.
    Wie die drei verbliebenen Kinder heissen und ob eines der Geigenbau Kunst zugetan war, ist mir nicht bekannt.
    Da ihre Geige das Todesjahr von Maggini beinhaltet, ist die Chance klein, dass es vom Meister selbst gemacht wurde (sehr wahrscheinlich eine gute Kopie).
    Jedoch ohne vernünftige Bilder von allen Seiten und Details des f-Loches und des Geigenkopfes, kann man nur spekulieren.
    Maggini hatte zwei verschiedene bekannte Modelle (eines davon ist das Large Modell). Von diesem Aspekt her, wären auch die Grössenmasse relevant (wie eigentlich immer).
    Wenn der verstorbene Geigenbauer jedoch meinte, die Geige sei viel wert, dann sollten Sie unbedingt die Geige einem oder zwei Geigenbauern zeigen.
    Sicher ist es auch nicht verkehrt, hier ein paar Fotos und den Status der weiteren Ermittlungen zu hinterlassen.
    Besten Dank und viel Glück mit dem edlen Erbstück.

  • Tja, das ist ein bisschen so wie beim Autokauf: Ich habe ein Auto, da steht Opel drauf, und was ist das wert..? :) Sprich: Ohne Bilder geht nix- es gibt so viele Maggini-Kopien (bei Ebay sind auch immer welche im Angebot), dass eine Schätzung ohne Bilder unmöglich ist. Auch sind die Preise für Geigen so sehr gefallen, dass Instrumente, die noch in den 80gern mehrere tausend DM kosteten heute kaum noch für ein paar hundert Euro verkäuflich sind.


    Am Besten gehen Sie zu mehreren Geigenbauern, und legen das Instrument vor. Der Geigenbauer wird Ihnen einen Wert nennen können, meist den "Versicherungswert". Dann fragen Sie, für wieviel er die Geige ankaufen würde. Zwischen diesen beiden Zahlen liegt dann der wahre Wert.

  • Schon mal vielen Dank an alle , ich versuche heute ein paar Fotos einzustellen und die genauen Maße zu nehmen.
    Petrus Sanctus Maggini soll ein Verwandter sein, kein Sohn. Diesen Hinweis habe ich in einem Buch von Paul Stoeving gefunden.

  • …das sagt aber erstmal nix bezüglich der "Echtheit" der Geige. ;) Im Vogtland wurde alles gefälscht, was nicht bei 3 auf den Bäumen war, und auch zahlreiche neue Verwandte berühmter Geigenbauer "erfunden". Zum Beispiel der berüchtigte "Marcus Stainer", angeblich ein Bruder des berühmten Stainer.


    Von Bildern kann man ungefähr abschätzen, ob die Zeitangabe stimmen KÖNNTE, ob es sich aber um eine sehr gute "1:1 Kopie" oder wirklich ein Original handelt kann nur ein Geigenbauer feststellen-und selbst da sind schon versierte Gutachter auf Fälschungen hereingefallen. Das ist genauso wie bei den Kunstwerken: Anhand eines Bildes im Internet kann man nicht entscheiden, ob das Original abgelichtet wurde oder eine sehr gute Kopie. Allerdings gibt es sehr viele "Kopien", die schon auf den ersten Blick (und auch via Photo) als solche zu entlarven sind, daher sind wir auf die Photos gespannt. Man kann auch hier direkt Bilder hochladen, dazu braucht man keinen Webspace.


    Sorry dass ich so skeptisch bin, aber wirkliche Originale werden sehr selten noch irgendwo "aufgefunden" oder "tauchen in Erbschaften auf". Einfach deshalb, weil der Wert der alten Geigen seit Jahrzehnten bekannt ist, und wirklich wertvolle Instrumente nach einer aktiven Musikerkarriere oftmals an junge Talent weiterveräussert oder Stiftungen überlassen werden, um regelmässig und werterhaltend gespielt zu werden.


    Es ist natürlich nicht ausgeschlossen, dass Instrumente aus Erbschaften sich als ungeahnt wertvoll entpuppen (vor allem, wenn der Vorbesitzer sehr plötzlich verstorben ist), aber es ist wie gesagt recht selten.

  • So,ich habe ein paar Bilder gemacht, für mich sieht die Geige ziemlich beschädigt aus, aber in der Familie spielte nur mein Großvater ein wenig Geige, er hat es sich selber beigebracht, alle anderen spielten Klavier oder Flöte, deshalb hatte wohl auch niemand Interesse an Onkels Erbstück.Ein wenig Pflege hätte dem Instrument sicherlich gut getan. :)

  • Das ist auf jeden Fall schon eine schöne alte (schätzungsweise ca. 150-200 Jahre) Imitation einer Maggini, die allerdings schon Einiges an aufwändigen Reparaturen hinter sich hat. Vor einigen Jahren hätte man bei gutem Zustand und sehr gutem Klang dafür vermutlich noch gutes Geld im vierstelligen Bereich bekommen. Im Hinblick auf den aktuellen Zustand und den allgemeinen Preisverfall würde ich heute keine zu hohen Erwartungen haben, für einen Liebaber dieses Modells könnte sich aber ein Restaurierung durchaus lohnen. Der Preis für die komplette Überarbeitung durch einen Geigenbauer würde vermutlich schon etwa ebenso hoch sein wie der realistische Verkaufspreis.


    MfG
    Rainer

  • Ich würde sie auch auf ca. 150 -200 Jahre alt schätzen. Für eine "Maggini" finde ich die Wölbung aber extrem hoch, da hat wohl ein "Stainer"-Modell mit Pate gestanden…. Anfang bis Mitte des 19. Jahrhunderts waren solche hohen Wölbungen aber recht beliebt. Bei diesem Instrument wird der Klang einen entscheidenden Einfluss auf den Wert haben, daher rate ich zum Gang zum Geigenbauer. Der kann auch feststellen, welche Schäden das Instrument hat (ich sehe da auf den ersten Blick nix Dramatisches) und das Instrument evtl. ankaufen. Bei dem Alter des Instrumentes rate ich, einen Geigenbauer aufzusuchen, der sich auf "Barockinstrumente" spezialisiert hat. Evtl. ist dann auch die Eingrenzung auf eine Herstellerfamilie möglich- Ihre Geige ist keine Massenware.

  • Danke schon einmal für die ausführlichen und informativen Antworten, es ist schön, daß ich nun so langsam auch das Alter ein wenig eingrenzen kann.Ich weiß nur, daß die Geige in unserer Familie 2 Weltkriege mitgemacht hat und kann mich noch vage an Geschichten von meinem Ur- Ur -Onkel erinnern, der wohl ein Ausnahmetalent in unserer Familie, der durchschnittlich musikalischen Menschen,war. Soweit ich weiß, war er später irgendeine Art Musikdirektor, was auch immer das gewesen sein mag, als Kind hört man bei solchen Themen ja nicht so genau zu.Aber das würde ja auch erklären, warum er ein etwas teureres Instrument besaß, er konnte es sich wohl damals leisten.
    Schade, daß der Preis der alten Intrumente so verfällt, sicherlich ist wie auch in vielen anderen Sammelgebieten, das Internet und zb. Ebay oder ähnl. Anbieter daran schuld.
    Ich werde nun einmal sehen, welche Geigenbauer es im Ruhrgebiet so gibt und ob sich jemand auf Barockinstrumente spezialisiert hat, da bei uns keiner spielt, scheint es ja angeraten die Geige zu verkaufen.