Geige und Bogen aus Sperrmüllcontainer

  • Wenn sie im Bereich des Unterklotzes offen ist, könnte man sie mit Hilfe eines (mittigen) Kinnhalters provisorisch schließen, so dass man sie einrichten und testen kann. Weiß nicht, ob das eine Option ist. Das hängt davon ab, wie weit die Fuge offen ist und an welcher Stelle.

    Damit hätte man weiterhin die Option, sie leicht aufzumachen, bekommt aber zumindest einen ersten Klangeindruck.


    Grundsätzlich ist es natürlich zum Zweck der Informationsfindung gut, eine Geige aufzumachen, wenn sich das schon so anbietet.


    Wie schätzt Du ihr Alter Chiocciola? Wäre es eine Option, sie mit dem originalen Bassbalken barock einzurichten?

  • Die Decke ist mit dem Hacklinger Dicken Messgerät nicht genau messbar, da sie zu holprig gebaut ist. Der stehen gelassene Bassbalken ist sehr flüchtig gearbeitet trägt das Risiko eines Bassbalkenrisses.


    Und macht es Sinn, mit einer Barockgeige/ -Bratsche klassische Geige spielen zu lernen?


    Ich habe früher auch mal gedacht, wenn man die Violine nicht richtig zu klebt und das Griffbrett nur Punktverleimt kann man das Klangerlebnis testen. Aber nach meiner Erfahrung ist es für ein authentisches Klang Erlebnis gerade wichtig, dass die Kiste nachhaltig verklebt ist.🤷‍♂️.

    Ich frage mal einige Freiburger Geigenbauer…..



    Sonst noch Vorschläge?😎Muss Franky30 entscheiden. Er könnte auch die Violine beiseite legen, erst mal ne andere spielen, und die (offene) Geige sauber verräumen bis nächstes Jahr. Vielleicht ist er bis dahin selbst „Geigenbauer“

    Er kommt ja aus einer ähnlichen Branche😉.

  • Wenn die Geige für mich wäre oder ich Spaß am herumbasteln hätte (was ich tatsächlich habe) , würde ich die Dicke der Decke und evtl. auch des Bodens überarbeiten und einen neuen Bassbalken einleimen.

    Im Auftrag kostet so eine Reparatur ziemlich viel, auch wenn man es sehr günstig macht - daher denke ich, dass es sich bei einer Manufakfurgeige nicht lohnt.

  • Das einzige Problem beim Öffnen des Bodens ist die Demontage im Bereich des Zäpfchen. Durch die Einlage ist der Boden hier sehr fragil.


    Die Einlage im Adergang ist, statt mit Ebenholz mit Nussbaum gearbeitet. auch der Untersattel ist aus Birnbaum gebeizt.Wohl auch ein Hinweis auf eine einfache Manufaktur.

  • Prinzipiell sehe ich erstmal keine Probleme, auf einer "Barockgeige" spielen zu lernen. Zumal dieses Instrument ja nie "richtig barock" gewesen ist- ob die nun Eckklötze hat oder einen stehengelassenen Bassbalken spielt vielleicht klangtechnisch eine Rolle, für das Spielenlernen ist das so ziemlich egal.


    Ich würde erstmal grundsätzlich ein paar Fragen stellen. Die Geschichte der Geigenrettung ist grossartig. Wie soll sie ausgehen?

    A) Man ist stolz, diese Geige gerettet zu haben, und will sie "originalgetreu" erhalten. Egal wie sie klingt, weil es eben "diese" Geige ist. Und auf genau "dieser" will man spielen lernen, und sich dem annähern, wie sie vor 100 Jahren geklungen hat, mit der alten Literatur etc. -> Das ist ein legitimes Ziel, und hat eine eigene Authentizität, zu deren Gunsten man Abstriche beim Klang/Lernfortschritt macht. Dann macht man an der Geige nur das, was zu machen ist um sie einigermassen spielbar zu kriegen.

    B) Man will auf genau dieser Geige spielen lernen, und mal sehen, was man aus dieser Geige herausholen kann, und will sie zur langfristigen Weggefährtin machen, der man alles gönnt, was sie besser macht. Es soll "die Geige für's Leben" werden. Dann sollte man die Decke nacharbeiten, neuen Bassbalken, alles reparieren...

    C) Eigentlich tendiert man zu A, aber man ist sich bewusst, dass andere Instrumente zum Lernen und klanglich "unkomplizierter" sind. Man lässt an der Geige nur das machen, was sie stabilisiert und spielbar macht, und legt sich fürs Lernen ein anderes Instrument zu. Diese Geige bleibt als "Backup" und zum gelegentlichen Spielen erhalten.

    D) Wie C, nur dass man sich tiefer in den Geigenbau, dessen Geschichte und dessen Techniken einarbeitet, dem Geigenvirus erliegt und so viel lernt und übt, dass man diese Geige irgendwann selber repariert und später selber entscheidet, in welche Richtung es gehen soll.

    E).... (was auch immer)


    Ich finde, jede dieser Möglichkeiten hat ihren eigenen Reiz und ist legitim.

  • Das mit der "Geige fürs Leben" ist so eine Sache. Die eigenen Ansprüche ändern sich ja mit der Zeit und mit fortschreitendem Können. Und man weiß ja zum jetzigen Zeitpunkt nicht, wie die Geige klingen wird.


    Ich würde Option B wählen, also die Decke nacharbeiten, Bassbalken neu und sie für Anfänger perfekt spielfertig einrichten lassen. Dann kann man erst mal ein, zwei Jahre auf ihr lernen. Auch wenn der Klang nicht so toll sein sollte, würde das erst mal reichen, und er lässt sich ja auch in Grenzen durch die Saiten beeinflussen. Vielleicht ist es auch ganz gut, wenn die Geige eher leise ist und bei den ersten Streich- und Greifübungen nicht direkt alle Nachbarn aus den Betten schmeißt...

    Wichtig sind in dem Stadium perfekte Spielbarkeit und eine gewisse Gutmütigkeit des Instruments.

  • Franky30 , jetzt hast du verschiedene Wege, die du gehen kannst. Das Forum wird sie gerne begleiten. ich habe die Geige jetzt komplett offen Decke, Zäpfchen, Zargenkranz , alles tipptopp erhalten. Siehe Bilder.


    Mir erscheint der Bassbalken etwas sehr kurz und die Decke mit gelegentlich 7,5 mm dicke etwas zu Rustica. Auch der Boden mit durchgehend 3,5-4 mm stärke erscheint mir zu hart.


    Jetzt sieht man auch schön, dass der Zettel nicht richtig fixiert ist und darunter im Holz kein Lichtrand ist obwohl er eigentlich da sein müsste nach so langer Zeit. Also ist der Zettel von fremder Hand später zugefügt.

  • Ich persönlich würde bei der Geige keine weitere Aufarbeitung verfolgen. Ich würde diese Geige verkaufen und mir ein gebrauchtes und Eingerichtetes Instrument kaufen, welches ich auch ausprobieren kann. Die Ersparnis durch die Überarbeitung und der Kauferlös würde ich bei 700€ Taxieren. Bei der sehr Grob verarbeitetn Violine ist der Klangliche ausgang mehr als Ungewiss. Wenn Boden und Decke schon zu Dick sind könnte es bei der Zarge ebenfalls zu Dick oder zu Dünn sein.