Meine Geige stellt sich vor

  • Grüsse ins Forum,


    ich bin neu hier und habe euch während meinen Recherchen gefunden.



    Ich habe absolut keine Ahnung von Geigen. Meine Tochter hatte letzte Woche ihre erste Gegigenstunde und verlangt jetzt von mir, dass ich mit Ihr üben werde. Macht Papi natülich gerne. <3


    Ihre Geige haben wir in einem Nahmhaften Musikhaus gemietet, jedoch benötige ich jetzt auch ein solches Instrument. Mieten will ich nicht, denn für den Preis einer Jahresmiete erhält man ja ein sensationelles Angebot im Netz. ;)



    Kurz in die Kleinanzeigen geschaut und den Bauch entscheiden lassen. Geworden ist es ein wunderschönes Stück Holz mit einer offensichlich lebhaften Vergangenheit.

    Dazu ist zu sagen, dass ich Antiquitäten liebe und Patina und Gebrauchsspuren ein muss sind.



    Meine Beurteilung:

    Sie ist aus Holz, hat Saiten und klingt nach Geige.


    Jetzt bitte ich Euch, mir mehr über das gute Stück zu erzählen. Der Wert ist mir Egal, nüchtern betrachtet wird dieser nicht hoch sein. Mich interessiert die ungefähre Herkunft und das ungefähre Alter der Geige. Und falls eine Fachmann irgendwo dringenden Handlungsbedarf für eine Instandstellung oder Pflege sieht, bitte melden.


  • ...da hast Du ein interessantes Instrument gekauft. Ich halte es für eine individuelle Arbeit, zumindest keines der billigen "Massenproduktionsinstrumente", die es schon um 1880 gab... Der Stradivari(?)-Zettel ist Fake. Vielleicht ist aber am Oberklotz, an der Innenseite der Decke oder den Zargen innen noch eine Herstellersignatur zu finden.


    Alter: 2. Hälfte 19. Jahrhundert bis erster Weltkrieg, grob geschätzt.


    An der Geige wurden mehrere sehr kostspielige Reparaturen ausgeführt, es kann also sein, dass die Geige sehr gut klingt- oder sie war jemandem viel wert. Das Griffbrett ist aufwendig von unten gekehlt, das ist so nicht Standard, sondern wurde vermutlich gemacht, um das Instrument leichter zu machen und den Klang zu optimieren.


    Was zu machen ist: Unbedingt bei einem Geigenbauer vorbeigehen, das Instrument mal durchchecken lassen. Was ich sehe ist ein sich lösender Untersattel (das schwarze Holzstück unten, da wo die Befestigung (Hängesaite) des Saitenhalters, also das schwarze dreieckige Teil, wo die Saiten befestigt sind, auf die Decke drüberläuft). Weil dieser locker ist und dort Zug hat, beansprucht es die Decke falsch, und diese beginnt zu reissen...jetzt ist das noch nicht dramatisch (und kann einfach repariert werden), aber das kann sich sehr ungünstig entwickeln. Als Sofortmassnahme kannst Du die Saiten etwas entspannen. Meist sind auch neue Saiten fällig, und man sollte schauen, ob die Wirbel noch gut laufen... Das sind alles so "Inspektionssachen" wie beim Auto, immer mal wieder fällig.


    Beim Geigenbauer kannst du auch schauen, ob der Kinnhalter für dich passt, oder ob es mit einem anderen Modell für dich bequemer ist. Das ist aber etwas, was Du auch mal mit einem Lehrer besprechen solltest, das hat jetzt mit der Geige an sich nix zutun.


    Also, Glückwunsch zu diesem sehr schönen und qualitativ schon recht ordentlichen Instrument, ich hoffe, sie klingt auch so wie sie aussieht.

  • Eine schöne Geige!. Die Saiten sehen neu aus und sind auch keine Billigsaiten, sollten also erst mal gehen. Bei der Kerbe im Griffbrett kann der Geigenlehrer oder Geigenbauer beurteilen, ob sie innerhalb der ersten Lage liegt. Wenn ja, sollte das Griffbrett abgezogen werden. Es sieht aus, als wäre es dick genug dafür, allerdings kostet das um die 100 €. Dann müssten auch der Obersattel und der Steg angepasst werden, das ist aber nicht so teuer.


    Wie Braaatsch schon umkringelt hat, gibt es neben dem gelösten Untersattel auch offene Risse am unteren Deckenrand, die geleimt werden sollten. Gab es einen Bogen zur Geige dazu? Wenn ja, lass eine Fachperson prüfen, ob er noch genug Haare und Spannung hat. Wenn nicht, ist vermutlich ein neuer Bogen fällig. Hier bitte nicht sparen und am besten mehrere aus unterschiedlichen Materialien ausprobieren. Manche schwören auf Carbonbögen, die sehr robust sind, aber mir persönlich gefällt der Klang von Holzbögen besser.

  • Bin überwältigt!



    Herzlichen Dank für die extrem kompetenten Beurteilungen und Diagnosen.



    Die Stelle am Untersattel habe ich glatt übersehen, dabei habe ich die Geige sicherlich 2 Stunden liebkost (die Oberfläche betrachtet und gefühlt). Bitte nicht falsch verstehen, bin kein Fetischist. Ich sammle und repariere antike Uhren, wie gesagt ist für mich die Patina und Gebrauchspuren wie der Lebenslauf eines Objekts. Und diese Geige hat viel zu erzählen. Den Klang kann ich nicht beurteilen, jedoch empfinde ich diesen als sehr voll und die Resonanz, Vibration der Geige beim Anspielen der einzelnen Saiten ist für mich beindruckend. Bin jedoch nicht in der Lage beurteilen zu können wie eine Geige schwingen sollte.


    Habe am Donnerstag einen Termin bei einer Geigenbauerin vereinbart.


    Ein Geigenbogen liegt auch im Kasten, werden diesen durch die Fachfrau begutachten lassen.


    Halte euch jedenfalls auf dem laufenden, wie es mit Uns weitergeht...


    Ps. Die Saiten sind leider etwas rostig, bevor ich mit Schleifpapier dran gehe, warte ich das Urteil der Fachfrau ab... :)


  • Schöne Bogen von H. A. Stöhr aus Markneukirchen. Auch den würde Ich Fachmänisch Überarbeiten lassen.

    Das zeigt das Geige und Bogen von Guter Qualität sind und mit großer sicherheit einen schönen Klang haben werden. Ich gehe davon aus das ein Profi oder ein Aktiver Hobby Geiger die Geige gespielt hat.

  • …Saiten wechseln. Bei den Saiten kommt es nicht nur auf die Umspinnung (also das, was „rosten“ kann!) an, so dern auch auf den Kern. Die Gesamtkonstruktion/Abstimmung der Materialien bestimmt den Klang.


    Auch unabhängig vom Klang: Mir ist mal eine Saite gerissen während des Spiels- das knallt ordentlich und kann im wahrsten Sinne des Wortes ins Auge gehen.


    Neue gute Saiten (da sollte man nicht sparen!) liegen im Preisbereich grob 70-150 Euro, das ist den Stress nicht wert.