Einschätzung/ Einordnung meiner alten Geige

  • Hallöchen,


    ich bin gerade über dieses Forum gestolpert auf der Suche nach der Herkunft und eventuellem Wert meiner Geige.

    Die Geige ist seit vielen Jahren in Familienbesitz, wurde während des ersten Weltkrieges wohl von Soldaten in Teilen zerstört (die Decke musste neu gemacht werden).

    Ich bin seitdem die erste, die wieder darauf spielt (seit ca. 10 Jahren), vorher hing sie bei Verwandten im Wohnzimmer.

    Auf dem Geigenzettel steht sie wurde 1840 von der Fam. Klotz in Mittenwald gebaut (siehe Bild), jedoch weiß ich nicht wie ich das Einordnen kann, bzw. ob in dieser Zeit auch viele Klotzgeigen nachgeahmt wurden.

    Mir geht es dabei nicht um den Verkauf meiner Geige, es würde mich lediglich sehr interessieren auf was für einem Instrument ich spiele :)


    Ich würde mich über eure Hilfe sehr freuen :)

  • Eine Echtheit kann anhand von Bildern nicht festgestellt werden. Da es wirklich viele Kopien gibt ist es sehr schwierig. Für mich sieht die Geige zwar schlicht aber Ordentlich gebaut aus. Gegen eine Mittenwalder Geige spricht das die beiden Aushölungen der Schnecke nicht bis zum Ende ausgeführt wurden. Am besten legst du die Geigen einmal einen Geigenbauer aus Mittenwald vor.

  • Auf was für einem Instrument Du spielst- auf einer Geige :)


    Scherz beiseite: Der wert deines Instruments liegt im Wesentlichen im Klang- wenn die Decke erneuert wurde, ist die Geige -auch wenn es ein Original gewesen wäre- nicht mehr vollständig erhalten und da ist der "historische" Wert im Keller. Sie hat eine tolle Geschichte, ist ein tolles Familienerbstück, und diesen ideellen Wert kann man nicht beziffern.


    Ja, es wurden damals schon Geigen mit Zetteln versehen, die nix mit der Herkunft zutun haben. In Sachsen/Böhmen wurden Hunderttausende oder "Millionen" Instrumente gebaut, die oft (nicht immer) irgendwelche Zettel erhielten- das sind einfach "Modellbezeichnungen", und weisen oft (nicht immer) darauf hin, dass dieses Instrument mehr oder weniger nach dem Vorbild/den Abmessungen/im Stil eines bestimmten Meisters gebaut wurde. Genauso wie man heute verschiedene Instrumentenmodelle kaufen kann, die ein bisschen verschiedene Proportionen haben (beim Cello ist z.B. ein Montagnana-Modell deutlich breiter und oft kürzer als ein Stradivari-Modell, und hat tendenziell anders klangliche Eigenschaften). Es ist also keine "Fälschung" im dem Sinne, wie wir das heute verstehen. Diese Instrumente wurden in Katalogen angepriesen, und jedem war klar, dass das keine "echten" Originale sind. Und auch die verschiedenen Modelle gab es in verschiedenen Qualitätsstufen.... Deine Geige ist da schon ganz gut, also kein "Billiginstrument".


    Herkunft: Ich halte Deine Geige für so ein sächsisches/böhmisches Instrument, aber so eine Einschätzung ist vom Foto her immer vage. Wenn Du es ganz genau wissen willst, geh mal bei einem Geigenbauer vorbei.

  • Vielen Dank für die Hinweise. Da ich in nächster Zeit sowieso mal wieder zum Geigenbauer muss, werde ich mal nachfragen ob er da etwas genaueres sagen kann. Ansonsten werde ich vielleicht irgendwann mal einen kleinen Ausflug nach Mittenwald machen :)

  • Könntest du eventuell noch ein Bild von der Unterseite mit Knopf machen? Wenn es eine Mittenwalder Geige um 1840 wäre, hätte sie eine durchgehende Unterzarge.


    Wenn ich richtig lese, steht er Josef Klotz 1840? Es gibt insgesamt drei Josef Klotz, von den Lebensdaten müsste es Josef Anton Klotz sein (1761-1842). Von dem gibt es zwar einige Zettel handgeschrieben, aber ein völlig anderer Schrift- Duktus.


    Meiner Meinung nach handelt es sich voraussichtlich um eine böhmische sächsische Kopie einer Mittenwalder Geige um 1910 mit einem handschriftlichen Modellzettel, der nichts mit einem Originalzettel zu tun hat.


    Braaatsch : es gibt durch aus nicht zusammengehörige Reparatur-Geigen, ohne Zettel , die aufgrund der Qualität der Reparatur einen sehr hohen Wert haben, siehe Bilder: hier wurde zum Beispiel aus einer dreiviertel Geige eine ganze Geige hergestellt. Sowohl Decker wie auch Boden sind oben und unten angesetzt, die Einlage erneuert und der Rand sehr fein ausgearbeitet.

  • Ich würde es mir so erklären: wahrscheinlich war der Hals, wieso oft bei Barockgeigen, am Zäpfchen ausgebrochen. Statt einer Reparatur, die ja auch recht aufwändig ist, wurde die Violine gleich vergrößert, da die Arbeitszeit billig war, für eine große (ganze) Violine, aber schon immer mehr bezahlt wurde als für eine dreiviertel Violine.


    Dass jemand aus klanglichen Gründen seine Dreiviertelgeige behalten wollte, halte ich für unwahrscheinlich. Der Faktor „Zeit“ und „Tonholzreste“ waren hingegen reichlich vorhanden.

    Hat jemand eine bessere Theorie?

  • Naja nur Boden und Decke vergrößern reicht ja nicht aus. Auch die Zarge muss erneuert werden.

    Also fast ein neubau, nur mit Zettel eines Berühmten Geigenbauers macht die ganze sache sinn.

    Oder aber Geld spielt keine Rolle und es war der Wunsch die Geige zu behalten.

  • Klar kann es auch Geigen geben, die nicht zusammengehörig sind und einen hohen Wert haben- aber bei einer sächsischen/böhmischen Geige sehe ich das nicht, da liegt der Wert im Wesentlichen im Klang (oder es war die Geige eines Prominenten oder so etwas…)


    Ich bin mir aber auch nicht sicher, ob die Decke wirklich nicht dazugehört…


    Warum jemand eine Geuge vergrössert? Deine Erklärung klingt möglich. Möglich ist auch, dass jemand ein tiefes emotionales Verhältnis gerade zu diesem Instrument hatte. Das wird wohl ein Geheimnis bleiben….