Was hat mich da nur geritten...?

  • Um vielleicht dem Ganzen einen etwas physikalischeren Ausdruck zu geben: Man kann sich grob erstmal vorstellen, dass die Decke am Stimmstock fixiert sei, und die Strecke zwischen Stimmstock und Steg sei ein kleiner Hebel.

    Somit wird die Decke durch den Stegfuß in Schwingungen relativ zum Fixpunkt Stimmstock versetzt.
    In Analogie etwa ähnlich, wie oben die Saite durch den Bogen relativ Fixpunkt Stegoberkante in Schwingungen versetzt wird.

    Ganz stimmt das Bild natürlich nicht, weil sich ja der Stimmstock selbst auch etwas bewegt und sowohl Schwingungen an den Boden weitergibt als auch Reflexionen wieder von unten hochleitet.
    Ähnlich wie ja auch der Punkt, an dem oben die Saite auf dem Steg liegt, sich etwas bewegt und sowohl Schwingungen nach unten weitergibt als auch Reflexionen wieder von unten an die Saite weiterleitet.

    Dadurch entsteht insgesamt ein sehr komplexes Wellenmuster, das zur Reichhaltigkeit des Klanges beiträgt.

    Aber vom Prinzip her kann man denken: Ähnlich, wie die Kontaktstelle des Bogens (nahe am Steg, weiter weg vom Steg) sich auf die Klangfarbe auswirkt (härter, weicher), wirkt sich auch der Abstand zwischen Stegfuß und Stimme auf den Klang aus. Je kürzer diese Abstände sind, desto "steifer" ist die Reaktion des Systems und desto "härter" wird der Klang.

    Alles sehr vereinfacht, hilft aber vielleicht zur grundsätzlichen Orientierung.

  • Um vielleicht dem Ganzen einen etwas physikalischeren Ausdruck zu geben: Man kann sich grob erstmal vorstellen, dass die Decke am Stimmstock fixiert sei, und die Strecke zwischen Stimmstock und Steg sei ein kleiner Hebel.

    Somit wird die Decke durch den Stegfuß in Schwingungen relativ zum Fixpunkt Stimmstock versetzt.
    In Analogie etwa ähnlich, wie oben die Saite durch den Bogen relativ Fixpunkt Stegoberkante in Schwingungen versetzt wird.

    Ich sehe es in dem Punkt „Hebel“ etwas anders.


    Die Decke schwingt um den Fixpunkt „Stimme“ ja hauptsächlich in Quer-Richtung. (was vor allem durch die F-Löcher möglich wird)
    Das tut sie aber unabhängig vom Abstand Steg–Stimmstock. Der hat damit so direkt nichts zu tun.


    Ich sehe das mit dem „Hebel“ so: Steht die Stimme genau unter dem Steg, lässt sich die Decke in Längsrichtung

    leichter „verbiegen“, durch den Versatz wird die Decke durch diesen „Hebel“ fixiert. Ist der Abstand größer, ist die Fixierung

    und Hebelwirkung größer. Ob das dämpft oder wie das die Interferenzen beeinflusst, ist schwer zu sagen, hängt von vielen

    Faktoren ab.


    Aber das sehe auch so, in der Regel wird der Klang „härter“, wenn die Stimme an den Steg rückt. Aber nicht unbedingt

    „gedämpfter“, wie hier auch geschrieben wurde.

  • Ich teile die Meinung von Hannes. Ich verstehe nicht, was Du mit „Querrichtung“ meinst. Übertrieben gesagt „hebt und senkt sich die Decke“, bzw. die Schwingungen laufen wellenförmig nach aussen.


    Wenn die Decke zwischen Steg und Stimmstock quasi „eingeklemmt“ ist, wird die Schwingung gedämpft. Normalerweise überträgt der Steg die Schwingung auf die Decke, diese schwingt und überträgt die Schwingung auf den Stimmstock. Auch wenn der Abstand sehr kurz ist. Dann ist die Amplitude niedrig, und die Töne werden schärfer.


    Die „Vermittlerfunktion“ fällt aber komplett weg, wenn die Decke zwischen Steg und Stimme klemmt. Dann geht die Schwingung quasi direkt vom Steg in den Stimmstock, und die Decke kann nur wenig aufnehmen.


    Aber da können wir uns jetzt totdiskutieren, man muss es einfach mal checken lassen. Keiner weiss hier, wie gut die Stimme sitzt und wieviel Druck da von unten kommt....

  • Dann will ich doch mal zur Aufklärung beitragen. Die Geige ist laut Geigenbauerin handwerklich sehr gut gebaut und in einem ordentlichen Zustand. Auch wenn sie noch nie eine Geige von Joseph Hofmann in der Hand hatte, ist sie sich absolut sicher, dass es eine Geige eines guten Geigenbauers ist und die Historie wohl passen kann. Es spricht nichts für eine Manufakturgeige. Eckklötzchen sind vorhanden, das ganze Innenleben wohl gut gearbeitet. Der Steg ist wie vermutet völlig unpassend und muss ersetzt werden, die Stimme ebenso. Das Knöpfchen passt nicht richtig und wird ersetzt, die Wirbel müssen eingepasst werden und die Decke teilweise geleimt werden. Das Griffbrett wird auch abgezogen. Der ganze Spaß wird mich wohl so um die 350-400€ kosten, die sich aber aus ihrer und meiner Sicht absolut lohnen werden.

    Juxigerweise hat die Geige etwas vom Standard abweichende Maße und ist um ca. 4-6 mm größer. Mal sehen wie ich damit parat komme, aber ich denke, dass kommt meinen Patschehänden entgegen.

  • Ich teile die Meinung von Hannes. Ich verstehe nicht, was Du mit „Querrichtung“ meinst. Übertrieben gesagt „hebt und senkt sich die Decke“, bzw. die Schwingungen laufen wellenförmig nach aussen.


    Wenn die Decke zwischen Steg und Stimmstock quasi „eingeklemmt“ ist, wird die Schwingung gedämpft.

    „Heben und senken“ ginge ja am besten direkt unter dem Steg.

    Die „Dämpfung“ käme ja dann, wenn der Weg nicht direkt, sondern versetzt erfolgt.


    Aber: Es ist ja nur zum Teil ein „Heben und Senken“. Die Haupt-Schwingung der Decke erfolgt in Querrichtung, d.h. die Decke
    zwischen den F-Löchern „verdreht“ sich um den Auflagepunkt des Stimmstocks. Und das geht auch, wenn dieser unter
    dem Steg steht.


    Ist es jetzt etwas klarer geworden, was ich meine? :)

  • Von meiner Geige (aus dem einfachen Geigenrätsel) war ich nach dem Kauf und dem Aufziehen neuer Saiten auch enttäuscht. Sie klang eingesperrt, dumpf, leise. Im Endeffekt war sie aber an ein paar Stellen aus dem Leim (was als Laie nicht erkennbar war). Wenn man sogar schon eine offene Stelle erkennt, dann dürften da noch mehr sein. Nach dem Leimen durch den Geigenbauer hatte ich plötzlich einen tollen Sound. Nach diesem tollen Erlebnis würde ich keine Geige mehr zurückgeben, bevor ich den Klang nicht geleimt gehört habe ;)
    Bei der Stimme kommt es vermutlich auch ein bisschen darauf an, wie falsch sie steht und um was für ein Instrument es sich handelt. Die Stimme in meiner Bratsche (Manufakturinstrument, Ungarn, 80er) steht auch nicht direkt an der richtigen Stelle. Der Geigenbauer hat mir angeboten, die Stimme neu zu setzen, mir aber gleichzeitig davon abgeraten. Im Prinzip meinte er: "Die Bratsche könnte danach schon noch ein bisschen besser klingen, eventuell hat das aber auch gar keine Auswirkung und du zahlst umsonst." Wenn die Stimme komplett falsch gestanden wäre, hätte man sie aber wahrscheinlich versetzen müssen. Und bei meinem sehr feinen, alten und teuren Instrument merkt man Kleinigkeiten direkt, da macht tatsächlich auch schon eine Kleinigkeit wie anderes Kolophonium hörbar einen Unterschied. (Wobei ich demnächst testen lassen muss, ob ich eine Kolophonium-Allergie habe, der Alptraum eines jeden Geigers... aber das ist eine andere Geschichte.)


    Zum Thema Palisander: Den Herstellern und Händlern war und ist von Anfang an erlaubt, noch auf Lager befindliches Holz zu nutzen bzw. gelagerte Instrumente mit Palisander weiterhin zu verkaufen. Und da das Holz auch für Griffbretter entsprechend mindestens 5 Jahre gelagert werden muss, ist auch davon auszugehen, dass noch eine ganze Weile Instrumente mit Palisander verkauft werden dürfen. Zumal Palisander im Gitarrenbau bei den günstigen Instrumenten schlichtweg DAS Holz war, was eigentlich immer verwendet wurde. Dementsprechend dürfte da auch noch einiges an Lagerbstand da sein.

  • Nun denn, die Geige ist vom Geigenbauer zurück und wurde sorgsam repariert. Die Geige spricht schnell an, trägt allerdings nicht so, dass man einen Saal beschallen könnte. Das ist ja auch nicht mein Ziel, da ich live ohnehin über ein Mikro von remic spiele. Ein wenig stört mich noch der leicht zugeschnürte Klang am Ohr...das kann meine Französin, die auch deutlich teurer war, um einiges besser. Derzeit ist ein wilder Saitenmix, von allem, was ich so hatte drauf. Die Larsen Virtuoso kommen der Sache etwas näher, die Thomastik nicht so richtig. Die Geigenbauerin empfiehlt für einen offeneren Klang, der mehr trägt und dabei weich bleibt die Pirazzi Gold. Vielleicht gibt es noch andere Saiten, die passen könnten? Bin zu allen Schandtaten bereit...