Lack am Geruch erkennen?

  • Ja, frischer Lack/frische Farbe riecht unterschiedlich. Eben nach dem flüchtigen Lösungsmittel- Alkohol, Spiritus, flüchtige Bestandteile der Öle. Und natürlich haben auch die Harze einen Geruch....

  • ....je nach olfaktorischen Fähigkeiten kann der ein oder andere an einer Geige noch viel mehr riechen. Der Geruchs/Geschmackssinn ist viel schwieriger zu erfassen und zu Quantifizieren als z.B. das Gehör (Schallwellen) oder der Sehsinn sind (Lichtwellen).


    Die Unterscheidung Spiritus Lack oder Öl Lack muss man historisch sehen. Die beiden Ausdrücke, kommen aus einer Zeit, in der die Schutzanstriche entweder auf öliger Basis (Überwiegend Leinöl) oder ethanolischer Basis(Spiritus) waren. Damals gab es noch keine Dispersionsfarben auf wässriger Basis geschweigedenn 2K-Lacke, Pulverbeschichtungen etc. Heute teilt man die Lacke nach anderen Kriterien ein.


    Die leicht flüchtigen ätherische Ölbestandteile (aufgrund des Rezeptormodells Geruchtragend) waren teilweise die selben, Ethanol oder leicht flüchtige organische Lösungsmittel hat man nur über eine eine gewisse Zeit gerochen. (eben leicht flüchtig) Und wichtig sind immer die olfaktorischen Fähigkeiten:

    Ein Sommelier-Weltmeister könnte die mäßig-flüchtigen Naturharze sehr viel sicherer zuordnen als manch anderer.

    Ich finde zum Beispiel, dass man amerikanische Geigen mit einer Zedernholzdecke immer sehr einfach am Geruch erkennen kann.

    Ein Geigenbauer sagte mir mal, er kann die Geigen in seiner Werkstatt anhand des Geruchs den Besitzern zuordnen…😉.



    Evolutionär betrachtet ist der „Geruchssinn“ wohl der ursprünglichste Sinn. (über viele Kilometer). Er diente der Nahrungsgewinnung und der Fortpflanzung. Das ganze Thema wird ist auf neuroelektrischer und molekularer Ebene recht interessant.


  • Lieber Braaatsch,


    🤷‍♂️, ich zitiere nur berühmte Biologen aus der Literatur. Die sagen, dass vor 2 Milliarden Jahren der Einzeller (Pantoffeltierchen) das Zuckermolekül „gerochen“ hat. Er ist dann entgegen dem Zuckergradienten zur Nahrungsmittel-Quelle geschwommen.

    Wenn du das erste Auge mit dem ersten Fisch korrelierst, das war vor 500 Millionen Jahren, also viel später. Richtig ist die Reaktion auf Licht eines Einzellers auf Licht, aber eben auch deutlich später wenn auch deutlich früher als der Fisch.😉.

    Zu Deinen Gunsten suchen wir also in der Literatur jetzt einen Evolutionstheoretiker der den „Richvorgang“ ( das Erkennen des Zuckermoleküls ) einfach als „Sehvorgang“ definiert? Oder den ersten Mehrzeller mit Sehgrube unter dem ersten Einzeller einsortiert?😳.

    Würde mich nicht wundern, wenn du so was findest, aber bis dahin geht die Runde an mich 😂😂😂.



    In gespannter Erwartung Deiner Antwort

    Chiocciola 🤗

    Letztere

  • ...dann ist es eine Frage, ob man die Reaktion auf ein chemisches Ungleichgewicht als „Riechen“ bezeichnen möchte, bzw. wie man Riechen und Sehen definiert. Im Prinzip „sehen“ ja auch Pflanzen, wenn sie Richtung Licht wachsen. Würdest Du das als „Sehen“ bezeichnen?


    Insofern ist es wie oft in der Wissenschaft eine Definitionsfrage.


    Eine Art von Repräsentation -also mehr als ein Reiz-Reaktionsschema, welches man grob gesagt auch schon in einer chemischen Gleichung/der chemischen oder physikalischen Reaktion finden kann- findet man wohl in Einzellern noch nicht, egal ob es das Sehen oder das Riechen -was in Flüssigkeiten eher das „Schmecken“ ist.


    „Schmecken“ können Fische sicherlich (nicht nur, dass sie als Sushi gut schmecken ;-)...), aber „riechen“ können -in meinen Augen- weder Pantoffeltierchen noch Fische. „Schmecken“ und einem Geschmack folgen: Ja.


    Ist eben eine Definitionsfrage.

  • Bevor wir uns zu sehr in die Untiefen der Biologie vertiefen ... (ha!) ... hier noch eine vermutlich doofe Frage: Ich habe verschiedentlich aufgeschnappt, Öllacke seien für Geigen die hochwertigsten. Nach dem Motto "trocknet langsam, also muss es dem Geigenbauer schon was wert sein, den zu benutzen".

    Öllack wird auch bei Verkaufsanzeigen extra erwähnt, als sei es ein besonderes Qualitätsmerkmal.

    Ist das so?

  • Ja, so sagt man oft.



    Ich kann hier nur meine persönliche Meinung abgeben: Grundsätzlich gilt, dass der Lack einen schützenden, schönen Abschluss ergibt der den Klang positiv beeinflussen soll. Wichtiger ist dabei die Eigenschaft der Grundierung auf die der Lack aufgebracht wird. Sie sollte eine gute Haftung haben aber nicht zu tief in das Holz eindringen. Trotzdem darf der Lack aber nicht absplittern oder sehr spröde sein. Meiner Meinung nach kann man das sowohl mit Spirituslack und Öllack erreichen.

    Masse, Elastizität und Dicke des Lackes muss zu Modell und Bauweise passen.


    Meiner Erfahrung nach ist ein Spirituslack handwerklich herausfordernder und aufwendiger (viel mehr Schichten) als ein Öllack bei selber Farbintensivität.


    Ich habe schon den Eindruck, die meisten Geigenbauer verwenden im Neubau für Geigen und insbesondere Celli zur Zeit nur Öllacke.


    Aber die Unterscheidung zwischen Spirituslack und Öllack ist vielleicht so relativ wie die Frage ob ein Einzeller Zucker „Riecht“ oder „Sieht“, er reagiert eben darauf. 😉.



    Beispielbilder: Bratsche mit Spirituslack (Ballentechnik)

  • Da stimme ich Braaatsch zu: Ich habe eine Bratsche und eine Geige restauriert. Beide waren dick mit brauner Farbe überpinselt, und bei beiden war die Decke darunter blank bzw. bei der Bratsche sogar dunkelbraun verbeizt. Vermutlich hat sie jemand komplett neu gemacht und vor dem Beizen nicht grundiert. Die verbeizte Bratschendecke hab ich, so gut es ging, mit Alkohol entfärbt. Die fleckige Geigendecke (sie roch auch "chemisch") hab ich nur mit der Ziehklinge geglättet. Dann hab ich beide Decken mit Bims/Schellack grundiert und dann mit einem Spirituslack mit Schellack und Mastix in etwa 5 Schichten lackiert. Beide klingen sehr gut.


    Da der Lack ziemlich transparent ist, sieht man bei beiden natürlich die Flecken bzw. Verbeizungen noch. Aber ich finde das gar nicht schlimm. Irgendwann haben die Decken auch ihre Abnutzungen, und dann fallen die Flecken nicht mehr so auf.


    Geige:


       


    Bratsche:


       

  • Ganz ehrlich: Ich finde die sehen super aus. Andere geben sich Mühe, Schattierungen zu imitieren, du hast sie -ungewollt- super hinbekommen.


    Ich hab noch einen Cello da Spalla- Viola d‘Amore-Hybriden (also ein Cello da Spalla d‘Amore) aus Chinesien in hellblau (!) Nitrolack, da weiss ich auch noch nicht wie ich das Instrument optisch retten kann. Das Zeug muss erstmal runter, aber augenblicks fehlt mir die Zeit, und passende Saiten.