Geigenraetsel 2 (Blümchengeige)

  • In der direkten Gegenüberstellung finde ich, dass man die Unterschiede besser hört. Blümchen klingt weicher, wie Du sagst, aber auch auf den unteren Saiten voller. Man kann es sogar direkt in der Wellenform sehen.

    Die Blümchen-Geige hat viel mehr "Körper" als die "Krausch"-Geige. Definitiv mein Favorit.

  • Diese Vokallaute-Charakteristik kenne ich auch, aber deutlicher aus meinem letzten Leben als Holzbläser. Eine Klarinette und ein Saxophon sind von der Tonerzeugung her identisch (schwingendes Rohrblatt), aber klanglich recht unterschiedlich, vergleichbar mit o und ä. Das liegt an der unterschiedlichen Geometrie (also dem, was nach dem Mundstück kommt...die Mundstücke sind sehr ähnlich), die sogar solche Auswirkungen hat, dass das Sax in der Oktave überbläst (wie Flöte) und die Klarinette in der Duodezime. Beim Sax gibt es auch „Ländertendenzen“. Französische Saxe klingen deutlich „klassischer“, eher in Richtung „offene Klarinette“ und sehr „warm“ (öööh) amerikanische Saxe sehr breit „ääääh“). Dies gilt bei modernen Saxen nicht mehr, aber bei Oldtimern kann man es teilweise gut hören. Der Grund ist die Form der Bohrung, öffnet diese sich parabolisch (und wo weiter/flacher) oder eher Richtung konisch. Mit dem passenden Mundstück lässt sich da wieder vieles ändern... das liegt wiederrum an der Mundstückbohrung...


    Auch bei der Flöte gibt es klangliche Unterschiede zwischen der alten „Schwedler-Bohrung“ und der modernen Querflöte.


    Grund ist also immer die Form und Schwingungscharakteristik der Luftsäule.


    Das kann also auch für Streichinstrumente zutreffen, auch wenn da die Schwingungsverteilung im Korpus deutlich komplexer ist als bei den Holzbläsern. Klangcharakteristika werden also wahrscheinlich von der Korpusform und dem Schwingungsverhalten des Holzes beeinflusst- und da Erstere ja teilweise regionalspezifisch ist, könnte ich mir so eine „geographische Spezifikation“ auch bei Streichern gut vorstellen.


    Ich habe meine Ohren für Geige nicht so trainiert. Bei Celli höre ich unterschiedliche Klangcharakteristika, habe aber nicht genug Vergleichsinstrumente gespielt um da eine geographische Einteilung zu machen. Es kommt beim Fiedeln ja immer noch auf Besaitung, Klangeinstellung, Bogen und Spielerkönnen an- das sind einfach sehr viele Faktoren.

  • Ich kannte das noch nicht: „Oh / Uh / Äh“ ... aber ich glaube, ich weiß, was gemeint sein könnte.


    Äh wäre demnach bei mir diese „offen“ klingende und lauteste Geige.

    Öh wäre weicher, wie diese hier, tragend, aber dezenter.

    Uh ist das was ich als „nasal“ bezeichne, aber nicht negativ gemeint. ( Ich mag das

    auf der A-Saite sehr gerne, wenn es in die Richtung geht.)


    Und dann gibt es noch die große Zahl an schlechter klingenden Geigen, die kaum

    in diese Kategorien gehören. So klingen leider (auch meine) meisten Geigen ... ich nenne es

    „Zigarettenschachtel“-Klang.

  • Braaatsch
    Ja, die Besaitung spielt eine große Rolle. Das einfachste Mittel, einer Geige einen "kernigen" Ton zu verpassen, der in Richtung "Aaa" geht, sind Dominant-Saiten. Als die rauskamen, waren sie ein Geschenk für alle Geigenhändler und -bauer, die auch einfacheren Geigen damit schnell einen "teuren" Klang verpassen konnten, und für alle, die als Solisten vor einem Klavier oder Orchester stehen wollen, d. h. Studenten oder Geiger auf Probespieltour.

    Ich habe mir den "Dominant"-Klang irgendwann übergehört und baue die von den meisten Geigen ab. Eine ganze Geigengruppe voll mit Dominant-Saiten klingt mir viel zu aufdringlich.

    geigerlein
    Ich stelle bei meinen Geigen den Steg so, dass ich haptisch von einer auf die andere umsteigen kann, ohne dass sich die Intonation zu sehr verschiebt. Man könnte meinen, das wäre dann immer die gleiche schwingende Saitenlänge - ist es aber nicht, da das auch von der Halsmensur, der Halsdicke usw. abhängt. Bei der "Krausch"-Geige ist die Saitenläge 327,5 mm, bei der "Blümchen"-Geige sind es 331 mm.

    Fiddler
    Ja, von den Zigarrenschachteln kann ich Euch später mal auch eine oder zwei als Geigenrätsel anbieten :D Zum Glück sind die hier aber nur eine unterdrückte Minderheit 8o.

  • hm? diese Brandmarken findet man oft bei Markneukirchner Manufakturgeigen. Die waren bei manchen Herstellern als Qualitätskontrolle angebracht. Es gibt da welche mit einer, manche sogar mit mehreren (also wenn separat, Hals, Korpus, Assembly etc. kontrollliert wurden)

  • Übrigens, ein Detail, ich weiß nicht ob das auffällt. Die Geige ist an den Schultern nicht genau symmetrisch. Die Schulter, über die man beim Lagenspiel hinweggreifen muss (rechts) fällt etwas ab, die linke ist etwas höher.

    Da die Geige ja ohnehin etwas länger ist, kommt zumindest mir das sehr entgegen. Daher neige ich dazu, es für Absicht zu halten, nicht für Zufall oder Nachlässigkeit. Falls das so ist, dann ist das schon ziemlich durchdacht gemacht ...

    Kann das sein, ist so etwas bekannt?

    viele Geigen verziehen sich in Folge des Austrocknungsvorganges des Holzes. In der Regel ist aber die rechte Seite wegen des Stimmstocks dann höher. Mir persönlich ist eine echte Stainer bekannt, an der sieht man das sogar makroskopisch. Hat aber das Klangverhalten nicht negativ beeinflusst.

    Meist kommt dies aber bei Manufakturgeigen vor, da man zeit- und geldbedingt sich nicht leisten konnte, Hölzer derartig lange lagern zu lassen. Viele Meister ließen Hölzer mindestens 20 Jahre lang, wenn nicht sogar über Generationen hinweg lagern.

  • hm? diese Brandmarken findet man oft bei Markneukirchner Manufakturgeigen. Die waren bei manchen Herstellern als Qualitätskontrolle angebracht. Es gibt da welche mit einer, manche sogar mit mehreren (also wenn separat, Hals, Korpus, Assembly etc. kontrollliert wurden)

    Danke für den Hinweis, das ist interessant. Ich habe daran auch schon gedacht.

    Wobei sich mir bei Geigen der Sinn nicht ganz erschließt: Ich würde denken, dass man gerade bei Streichinstrumenten alle Markierungen vermeiden würde, die auf eine Serienfertigung schließen lassen. Warum dann andererseits einen altitalienischen Zettel einkleben? Von daher würde ich erwarten, dass Kontrollmarkierungen mit nicht-permanenten Mitteln angebracht werden, z. B. mit Ölkreide o.Ä.

    Könnte es auch eine Inhabermarkierung sein, ist so etwas bekannt? Finde ich etwas barbarisch, aber könnte ja sein.

    In jedem Fall wurde der Brandstempel nach der Lackierung angebracht. Ich habe schon mal versucht, Bilder von Geigen mit solchen Markierungen zu finden; das Problem ist, ich bin nicht auf die richtigen Stichworte gekommen. Unter "violin flower stamp" gibt's hauptsächlich Briefmarken. ^^

    Zum Thema Verziehen: Der Boden ist beim Stimmstock etwas höher gewölbt, aber das ist bei allen meinen Geigen so. Allerdings war der Boden ja wegen des Bodenstimmrisses mindestens einmal ab und wurde danach nicht ganz perfekt wieder aufgeleimt (kleine Kante am Zäpfchen). Es kann also durchaus sein, dass die Asymmetrie eine Folge der ungleichmäßigen Bodenwölbung ist, die man nach der Reparatur lieber spannungsfrei lassen wollte, anstatt "den Boden gerade zu ziehen".