Woher ist meine Geige?

  • Guten Abend, liebe Mitglieder,
    ich besitze und spiele seit meinem 9. Lebensjahr eine Geige, die mich begleitet und eine Menge mit mir erlebt hat. Meine Mutter hatte sie in einem österreichischen Anwesen unserer Freunde gefunden und restaurieren lassen. Ich möchte sie nicht verkaufen, aber ich würde gerne wissen, wo sie herkommt.
    In der Geige steht "Nicola Amati, Fecit in Cremona 16(01?) die letzten zwei Ziffern sind schwer zu lesen. Sie ist zart und mit ca 57cm Gesamtlänge kleiner als eine normale ganze Geige. Dass das keine echte Amati ist, davon gehe ich stark aus, es muss also ein Plagiat sein.(?)
    Hat jemand Ideen?
    Anbei findet ihr Bilder, die evtl. weiterhelfen.
    Ich freue mich über Hinweise.
    Vielen Dank und liebe Grüße

  • Ja, mit Amati hat die nichts zu tun. Erinnert mich an Geigen „Modell Stainer“ aus dem Wiener Raum.
    Ich habe auch so eine Geige. Die ist sogar noch zierlicher. Link Aus etwa 1780
    Ich schätze deine Geige etwas jünger ein, aber denke das ist ein echter Anschäfter und die Geige
    hatte mal einen anderen/kürzeren Hals.https://www.artemedia.de/Geigen/Johann Josef Stadelmann/index.html#


    https://www.artemedia.de/Geigen/Johann Josef Stadelmann/index.html#

  • Das Siegel hat mit sehr großer Wahrscheinlichkeit nichts mit dem Erbauer zutun, sondern mit einem Vorbesitzer.
    Vielleicht gehörte die Geige mal einer Gruppierung, einem Orchester, einem Königshaus etc.
    Zum Beispiel auch die il Cannone Guarneri, die Paganini gehörte trägt hinten am Kopf ein solches Siegel, es jedoch mit Guarneri absolut nichts zutun.

  • Könntest Du die Schnecke noch mal im Profil -also richtig von der Seite, so dass man die Form erkennen kann- fotografieren? Hat die Geige eine durchgehende Unterzarge? Hat sie Eckklötzer? Mir fehlen da ein paar Details...man müsste die Geige in der Hand haben.


    Ich bin mir noch nicht ganz sicher, ob ich sie eher in den sächsischen Raum oder nach Süddeutschland/Mähren verorten soll. Augenblicks tendiere ich eher zu Letzterem. Wie aber auch immer- jedenfalls irgendwie (damals!) deutschsprachiger Raum.


    Vom Alter her stammt sie meiner Meinung nach aus der Mitte des 19. Jahrhunderts, 1840-80. Rein gefühlsmässig von der Gesamterscheinung her. Ob da wirklich mal ein kürzerer Hals dran war...? Ich bin da sehr vorsichtig. Denn dann wäre die Geige vermutlich älter, um 1800-1830. Der Zettel allerdings spricht sehr dagegen, diese wurden so erst frühestens 1850 gemacht, die "Masse" eher 1870-1900. Auch Verarbeitung etc. passen eher in die Mitte des 19. Jahrhunderts.


    Aber. 1. Gab es durchaus später noch Geigen, die "Mensurprobleme" hatten (oder als Barockgeigen konzipiert waren, da müsste man sich die Innenarbeit ansehen!)-und daher später angeschaltet wurden. 2. Gibt es ja auch andere Gründe für einen Anschäfter (Halsbruch, zu schwacher Hals,...)- nicht jeder Anschäfter geht zwangsläufig auf einen Barockhals zurück. Auch könnte nicht der Hals der Grund, sondern die Schnecke der Grund gewesen sein. Beispielsweise eine komplizierter Wirbelkastenschaden, oder Schneckenverlust,... da gibt es auch so einige Möglichkeiten! Ohne die geige in der hand zu haben, bin ich mir diesmal nicht sicher, ob das die Originalschnecke ist, die könnte jünger sein. Der Korpus vom Holz her passt durchaus auch in die erste Hälfte des 19. Jahrhunderts. Und 4. könnte auch der Zettel später reingepappt worden sein, und die Geige etwas älter sein- vor 1800 glaube ich aber nicht.



    Also, viele Fragezeichen. Am besten gehst Du mal bei einem -oder mehreren- Geigenbauern vorbei.