Herkunft, Alter dieser Geige?

  • Hi,
    ich habe schon in der Bastel-Ecke diese Geige vorgestellt, weil ich sie gerne restaurieren möchte. Einfach nur, weil ich Spaß daran habe und hobbymäßig viel
    handwerkliches mache. Es hat also keinen wirtschaftlichen Hintergrund ;)
    Es wäre aber schön etwas über diese Geige zu wissen. z.B. das Alter, die Herkunft, Wert ... eben alles was interessant ist.
    Kann mir einer von euch etwas darüber sagen? Und woran man das alles erkennt?
    Ich bekam die Geige online günstig, weshalb sie als Objekt zum ausprobieren recht gelegen kam. Also eine Geschichte dazu ist daher nicht bekannt. Sie scheint halt
    etwas älter zu sein. Wie alt weiß ich aber nicht.
    Der Hals ist etwas schief und die F-Löcher wirken recht 'unordentlich', weshalb ich davon ausgehe, dass die Geige vielleicht von einem Lehrling gebaut worden sein
    könnte? An sich muss man ziemlich viel nachbessern - genau das macht es für mich so reizvoll, als Freizeitbeschäftigung.


    Vielleicht könnt ihr mir genauer etwas zu ihr sagen.
    Das wäre super lieb von euch.
    Liebe Grüße

  • Hallo
    An sich wieder eine Geige wo das ganze eine Klangfrage ist.
    Die Schnecke sieht soweit man sie auf diesen Bildern erkennen tatsächlich ziemlich unordentlich und grob aus.
    Die F-Löcher würde ich als interessant beschreiben. Man sieht sie so (nach diesem Modell mit dieser Anordnung) wirklich nicht jeden Tag.
    Die Herkunft würde ich auf Klingenthal schätzen. Beim Alter bis ich mir nicht sicher ob es 1900-1930 oder 1820-1850 ist.
    Man könnte vielleicht schon den Klang in diesem Zustand mit den älteren Pirastro Eudoxa Saiten die drauf sind abschätzen können.
    Es interessiert mich, was die anderen Forumsmitglieder zu der Geige sagen.

  • Danke, Nachtlicht, für deine rasche Antwort.
    Sorry, wenn ich so dämlich frage, aber was meinst du mit:
    "Die F-Löcher würde ich als interessant beschreiben. Man sieht sie so (nach diesem Modell mit dieser Anordnung) wirklich nicht jeden Tag."
    Was ist denn an denen anders, bzw. in dieser Anordnung anders? Sorry, wenn mir der Feinsinn dafür noch fehlt. Ich befasse mich noch nicht lange mit solchen historischen Feinheite. Wäre klasse, wenn du mir das nochmal genauer erklären könntest.
    LG

  • Also.


    Mit Klingenthal hat diese Geige leider nix zutun, und sie dürfte -zumindest in Teilen- aus dem 20. Jahrhundert stammen. Entweder nur die Decke oder auch das ganze Instrument dürfte die Arbeit eines begabten und engagierten Amateurs sein- von Jemandem, der Ahnung von Holzbearbeitung hatte, aber nicht unbedingt von Geigenbau. Vermutlich hatte er auch eine Geige -oder die originale Decke- als Vorlage.


    Ob sich die Arbeit lohnt? Ich sehe da das Problem, dass die F-Löcher oben viel zu eng zueinander stehen. Die Stegfussbreite sollte nicht breiter als der Abstand der inneren F-Lochperlen sein. Das wird hier problematisch.


    Du solltest mit einem Zahnspiegel mal schauen, wie die Geige von innen aussieht, ob sie einen Bassbalken hat, ob der so halbwegs an der richtigen Stelle ist etc. - da bin ich nämlich skeptisch, ob das alles wenigstens halbwegs stimmt.


    Ansonsten wird das ein Experiment mit sehr ungewissem klanglichen Ausgang.


  • Ob sich die Arbeit lohnt? Ich sehe da das Problem, dass die F-Löcher oben viel zu eng zueinander stehen. Die Stegfussbreite sollte nicht breiter als der Abstand der inneren F-Lochperlen sein. Das wird hier problematisch.


    Du solltest mit einem Zahnspiegel mal schauen, wie die Geige von innen aussieht, ob sie einen Bassbalken hat, ob der so halbwegs an der richtigen Stelle ist etc. - da bin ich nämlich skeptisch, ob das alles wenigstens halbwegs stimmt.


    Danke Braatsch für deine Einschätzung.
    Ich habe mal mit einem Zahnspiegel reingeschaut. Der Bassbalken fängt unmittelbar neben dem oberen Loch der F-Löcher an und sieht zumindest so aus, wie es auf den Googel-bildern vorgegeben ist. Nun bin ich kein Experte und würde vermutlich irgendwelche feinen Abweichungen nicht erkennen. Worauf genau muss ich denn achten, um das beurteilen zu können? Also wie soll der Bassbalken sein und wie soll er nicht sein?
    Welche Auswirkungen hat es denn, wenn die Füße des Stegs etwas zu breit sind, weil die F-Löcher etwas zu eng beieinander lägen?


    Kannst du in etwas abschätzen von wo und wann die Geige sein könnte? Ich lade dir / euch nochmal ein paar bessere Bilder hoch, vielleicht könnt ihr mir ja dann mehr dazu sagen :) Ich würde mich riesig freuen.
    LG

  • Am Besten besorgst Du Dir ein Geigenbau-Buch, dort stehen alle Abmessungen und Position Bassbalken/Stimmstock etc. drin (quasi wie Schnittmusterbögen...). Geigenbau ist nicht umsonst ein Lehrberuf- man kann das nicht in ein paar Zeilen in einem Kommentar erklären.


    Der Wirbelkasten ist auch total schief, muss nachgearbeitet werden, ebenso der Obersattel. Wahrscheinlich stimmt auch das Griffbrett nicht.


    Kurz: Ich sehe dort eine Menge Arbeit mit sehr ungewissem klanglichen Ausgang.


    Wenn die F-Löcher zu nah beieinander stehen, hat das klangliche Auswirkungen.

  • Hi,
    ja, der Wirbelkasten scheint wohl so gearbeitet worden zu sein. Ich habe jedenfalls an dem direkt noch nichts gemacht. Weil der ja so 'grob' wirkt und der Hals ja auch schief ist, dachte ich zuerst, dass die Geige von einem Lehrling oder so gemacht worden sei. Hat das denn einen Nachteil, wenn ich den Wirbelkasten einfach so 'grob' belassen würde? Oder ist es dringend erforderlich, dass ich den nacharbeite?
    Ja, ich wollte die Threads trennen. Einmal das rein sachliche zu den 'Bastelarbeiten' und dann würde ich gerne etwas zur Herkunft erfahren :)

  • Es ist für den Klang nicht erforderlich, den Wirbelkasten nachzuarbeiten, aber es ist ein Indiz für mangelnde Qualifikation des Erbauers. Kein Geigenbauer, auch kein Lehrling (der ja unter der Aufsicht seines Meisters arbeitet), würde so etwas abliefern. Mir ist auch vollkommen schleierhaft, wie jemand die Zarge fertigen, Decke und Boden ausarbeiten kann und dann so einen schiefen Wirbelkasten hinfuscht. Ist der Hals mal ersetzt worden?
    Ansonsten würde ich in deiner Stelle nicht zu viel Geld und Zeit in diese Geige investieren und sie als reines Übungsobjekt nutzen.