Ahnungsloser Geigenbesitzer sucht Rat

  • Hallo zusammen,


    ich habe mich bis dato mit dem Thema Geigen noch nicht wahnsinnig beschäftigt. Wir haben allerdings eine Geige auf dem Dachboden meiner Eltern gefunden (habe dämlicher weise kein Foto gemacht und bin demnächst nicht dort :whistling: ), welche mein Großvater nach ersten Recherchen um das Jahr 1965 geschenkt bekommen haben soll. Der Aufkleber, der nach meinen ersten Recherchen ja im Prinzip keine wirkliche Aussagekraft hat, sagt "Charles Gaillard No 20 Rue notre Dame de recouvrance Paris, 18 und dann fehlt ein Stück vom Zettel".


    Nun ist mir aber ein was im Kopf geblieben was ich sehr merkwürdig fand. Die Schalllöcher sind bei dieser Geige nicht im gewohnten "F" Format sondern sehen eher wie geschwungene "L"s aus. Kann mir jemand sagen, was es damit auf sich hat und ob das früher eben der Standard war?


    Vielen lieben Dank bereits vorab und sorry für die fehlenden Bilder!!


    Viele Grüße
    Lukas K.

  • Also, solche Geigen kommen öfters mal vor. Sie sind seltener als die Geigen mit "normalen" F-Löchern, aber beim "Gusetto-Modell" sind sie öfters anzutreffen. Für den Wert ist das aber nicht entscheidend.


    Am Besten du lädst mal Fotos hoch, dann kann man mehr sagen.

  • Ufff....das sieht nach Arbeit aus. Wird sich aber wohl kaum lohnen. Diese Gusetto-Modelle wurden wie die Stainer-Löwenkopfgeigen zu zigtausenden um 1900 herum im Musikwinkel in industrieller Fertigung hergestellt.

  • Also. Das ist ein Mix aus Stainer, Gusetto und Schnurrandgeige. Der jetzige Wert ist leider eher im zweistelligen Bereich angesiedelt. Die Restaurationskosten übersteigen den resultierenden Wert leider bei weitem.


    Wenn die in gutem Zustand wäre, wäre das ein dekoratives Instrument, gerade für Folk-und Mittelalterfans, die auf diese spezielle Optik stehen. Ich würde sie an deiner Stelle bei Ebay einstellen, vielleicht gibts da grade weil sie etwas aussergewöhnlich aussieht, noch ein bisschen mehr Geld.

  • Haben auch schon überlegt sie restaurieren zu lassen und sich selbst mal ans Geige spielen zu wagen, hat ja trotzdem auch etwas emotionalen Wert.


    Oder wird bei dem Zustand eine Restauration ohnehin in den vierstelligen Bereich + gehen?


    Danke auf jeden Fall für die schnelle Beantwortung, super Community!

  • Also, keine Geige der Welt kann den emotionalen Wert aufwiegen. Und ja, die ist optisch schon aussergewöhnlich und nicht an jeder Ecke zu finden.


    Allerdings sind die Schäden leider gravierend, und -wenn man die Geige verkaufen wollen würde- ein wirtschaftlicher Totalschaden.


    Was es genau kosten würde, kann Dir ein Geigenbauer sagen. Aber es wird leider im vierstelligen Bereich liegen.


    Da gibt es zwei Möglichkeiten.


    1. Ich hatte in meiner Jugend auch Schrottinstrumente- und habe sie selber unter Anleitung eines Instrumentenbauers wieder restauriert. Im Gegenzug habe ich Werkstatt geputzt, aufgeräumt, Kinder gehütet,..., Du verstehst, eine Hand wäscht die andere. Beim Superedelgeigenbauer wird sich keiner drauf einlassen, aber es gibt da auch bodenständige. Vielleicht geht zumindest ein Preisnachlass gegen Mithilfe, oder Ratenzahlung. Frag nach einem Praktikum- dabei lernt man was.


    2. Es gibt auch in anderen Ländern Geigenbauer- Polen, Tschechien, Ungarn. Ich halte eigentlich nix davon, hiesigen Geigenbauern die Kundschaft zu entziehen, aber hier kann das Instrument eigentlich nicht „wirtschaftlich“ erhalten werden. Und bevor Du sie verschrottest, weil die Reparatur hierzulande unbezahlbar ist, solltest Du mal ein paar Fotos ins Ausland schicken und um Rat fragen.


    Ich stimme Dir zu, die Fiedel hat was. Wenns meine wäre, würde ich die auch unbedingt retten wollen. Das geht schon, kostet eben nur viel Geld oder eine kreative Lösung.


    Und ja, man kann in JEDEM Alter Geige lernen. Jemandem, der mit 45 anfängt, Tennis zu spielen, sagt man ja auch nicht, dass er es nie so gut lernen würde um Wimbledon zu gewinnen. Mit ein bisschen Fleiss und einem guten Lehrer schafft man es selbst als nur durchschnittlich begabter normalsterblicher Erwachsener noch ins Amateurorchester oder die örtliche Laiencombo.