Geige bei eBay

  • Ich bin jetzt einmal sehr provokant und sage: Beim Bogen kommt es nicht drauf an, den Schall möglichst
    gut weiterzuleiten. Wohin sollte ein Bogen den Schall leiten? Wenn es darauf ankäme, würde man
    den Bogen aus sehr dünner Carbon-Haut bauen, innen hohl und ein paar Zentimeter dick mit viel
    Innenraum und evtl. sogar mit Schallöchern. Dann wäre es es ein Resonanzverstärker. Aber wie gesagt,
    das will man gar nicht. Die Geige klingt laut genug, der Bogen muss nur Schwingungen ausgleichen.

  • ...aber genau DAS ist das (gar nicht so schlecht funktionierende) Prinzip der Arcus-Bögen und anderer baugleicher Modelle (ich schreibe nur Arcus als Beispiel, weil die derzeit hierzulande am bekanntesten sind und sich jeder was drunter vorstellen kann). Möglichst dünnwandig, innen hohl.


    Einen Holzbogen kann man nicht hohl bauen, dann wäre er nicht stabil genug. Vuillaume fertigte im 19.Jahrhundert hohle Bögen aus Metall, aber die waren zu knickempfindlich. Massive Metallbögen wären zu schwer, und wenn man sie so dünn bauen würde, dass es gewichtstechnisch ginge, wohl wieder nicht stabil genug.


    Mit Schalleitung meine ich „wenig Schwingungsdämpfung“, hätte ich vielleicht auch so schreiben sollen.


    Nun ist „hohlwandig“ und „gut mitschwingend“ nicht der einzige Weg, einen guten Ton zu erreichen. Sonst wären die so gebauten Carbonbögen ja generell allen Holzbögen überlegen, und das sind sie NICHT. Da spielen auf Seiten des Bogens auch die Geometrie und die Gewichtsverteilung eine Rolle (und natürlich offensichtliche Faktoren wie Behaarungsqualität etc.).


    Der Klang ist ja ein Zusammenspiel zwischen Instrument und Bogen, und natürlich Spieler. Wenn das Schwingungsverhalten des Bogens gut zu dem des Instruments passt (und das heisst nicht immer „wenig Schwingungsdämpfung=besser“, Stichwort Eigenschwingung), kann das mit dem Klang passen: WENN der Spieler auch in der Lage ist, den Bogen entsprechend zu führen. Da kommt dann auch die Geometrie, Gewichtsverteilung und Flexibilität des Bogens ins Spiel (welche neben dem Klang die Spieleigenschaften etc. beeinflussen).


    Platt gesagt: Mit einem agilen Superdupersauteuren Arcus ist ein Anfänger oder Hobbyspieler vielleicht so überfordert, dass da nix funktioniert und er mit dem einfachen Holzbogen technisch besser klarkommt (und es deshalb besser klingt), obwohl der teure unter einem guten Spieler sehr gut zum Instrument passen würde.


    Anders herum kann (=muss nicht!) ein guter Bogen einem Anfänger sehr helfen, indem er gut klingt, wenn der Spieler alles richtig macht- also dem Spieler klanglich „Rückmeldung“ gibt.


    Da muss man das „ganze System“ im Auge/Ohr haben, und da spielen die Eigenschaften des Instrumentes, des Bogens und des Spielers eine Rolle.


    Viele Spieler kommen mit den Arcus-Bögen (und vergleichbaren Modellen) nicht klar, für andere sind sie prima. Da gibt es meiner Meinung nach kein „richtig“ oder „falsch“, sondern nur ein „passt das Gesamtpaket (Klang, Handhabbarkeit, PREIS!!!...) für mich..?“

  • Wenn man mal vom elementaren Anfängerunterricht absieht, sollte man sich den besten Bogen gönnen, den man sich leiten kann. Die Auswirkungen nicht nur auf Klang, sondern auch Technik insgesamt sind mindesten so gross, wie die Qualität des Instruments selbst. Ein sehr guter Bogen kann einen regelrecht "erziehen".
    Ich hatte jahrelang überwiegend einen keineswegs billigen, schwereren und kräftigeren Bogen gespielt und meine Technik hierauf eingestellt. Dann hat mir ein Bekannter privat einen leichteren und weicheren alten französischen Bogen angeboten. Mit meiner damaligen Spielweise waren die Stange sofort auf den Haaren und ich wollte den Bogen gleich als für mich unbrauchbar zurückgeben. Zum Glück war der Bekannte einige Wochen in Urlaub und ich habe es immer nochmal probiert, bis ich merkte dass der Bogen bei etwas anderer Handhabung meinem früheren Bogen in allen Bereichen überlegen war und auch meine Bogentechnik sich deutlich verbesserte, frühere "Problemstellen" sich auf einmal wie von selber spielten. Über den Preis habe ich mit dem Bekannten -bevor er es sich anders überlegte - dann gar nicht mehr verhandelt, sondern gezahlt was er verlangte.