Was ist meine Geige wert? Wertauskunft. Herkunftsanalyse

  • V..
    Gibt es im Wiener Raum einen seriösen Geigenschätzmeister, der bei diese Violine auch gleich den Klang festzustellen kann? Ich kann dieses Instrument leider nicht spielen.


    Rufen Sie mal Robert Papai
    Reinprechtsdorfer Str. 10
    1050 Wien
    unter 01 5482624
    an.
    Er ist ein erfahrener Geigenhändler. Mag sein, Sie kommen mit ihm ins Geschäft.

  • Liebe Mitglieder des Geige24-Forums,


    ich war heute mit der Geige beim - vom "Großmeister" - empfohlenen Geigenhändler Herrn Robert Papai, in 1050 Wien.
    Er bestätigte die Angaben des Geigenschätzmeisters vom Dorotheum - Mittenwalder Meistergeige, gebaut um 1780/1790.
    Im Geigeninneren befinden sich 2 Zettel: 1 Amati-Zettel mit dem Druck "Antonio Hieronymo Amati di Cremona, 1612" sowie ein 2. Zettel (mit handschriftlichen Ergänzungen bei der (Service-)Nummer und dem Jahr) "Akustischer Baßbalken und reparirt von J. Karl Zach jun., No 4549, Wien, Kärnthnerstraße Nr. 84, anno 1888".
    Der Steg, über den die Saiten laufen, wurde irgendwann von einer "Anna Hohenegger, Wien" (= eingebrannt in das Holzstück) erneuert.


    Die Geige wurde vor kurzem gestimmt und gespielt. Sie soll einen sehr schönen, dunklen Klang haben. Ich habe ein kurzes Video aufgenommen, damit ich interessierten Personen den Klang vorspielen kann (beschreiben kann ich ihn nicht, da ich selbst überhaupt keine Ahnung von diesen Musikinstrumenten habe).


    Kann mir anhand dieser Infos jemand den ungefähren Wert dieser Geige mitteilen - um im Fall des Falles eine Verhandlungsbasis zu haben?

  • Haben Sie dazu einen Link?
    Also wenn die nachweislich echt Mittenwald um 1780 ist, dann können Sie durchaus mit 10 000€ spekulieren. Sollte sie sich jemandem zuschreiben lassen, dann geht es noch weiter hinauf.
    Was hat Hr. Papai Ihnen geboten?

  • 10 000 bei guter Ansprache sind möglich, das gilt aber leider für wenige dieser Herkunft und ist oft dem Umbau geschuldet.
    Auch ist das privat schwer zu bekommen und fordert viel Geduld.
    Manchmal lohnt sich ein Rückbau (diesbezüglich kann ich Herrn Mehler aus Leipzig empfehlen). Er kennt sich mit diesen Geigen recht gut aus und kennt den Markt auch ganz gut kann also beraten ob sich das als Investition lohnt.
    Ansonsten halte ich die 10 000 nur für erreichbar, wenn man ein Zertifikat erstellen lässt, das kostet so grob 500-1000.
    Mittenwalder Meister in gutem Zustand fangen bei 4000 an. Der Rest ist viel von Klang und Spielbarkeit abhängig.
    Leider kann ich das momentan nicht, sonst hätte ich durchaus Interesse.

  • Man rechne noch die Kosten für das Ausbuchsen der Wirbel dazu.
    Dies sieht man auf den Bildern, dass dies dringend notwendig ist.
    Einige andere Mängel wurden auch schon genannt.
    Ich bin da weniger optimistisch als yxyxyx, was den Wert betrifft.
    Ohne Zertifikat geht gar nichts im mehrstelligen tausender Bereich und
    dies scheint hier nicht vorhanden zu sein. Sorry für die klaren Worte.

  • Ausbuchsen mindert aber zumindest den Wert nicht.
    Wie gesagt, spielfertig ohne Stimmrisse fangen die grob bei 4000 an, können aber auch durchaus höher gehen. 10000 ist da schon die Königsklasse. Ich hatte eine solche besessen und das war schon eine wirklich herausstehende unter den Mittenwäldern der Zeit.
    Fünfstellig bekommt man eigentlich für keine Geige ohne Zertifikat, es sei denn es ist ein Solisteninstrument das sowohl trägt als auch alle Klangfarben hat. Das wird hier alleine auf Grund der Bauweise nicht der Fall sein (heute wird eben der Klang der Cremoneser wie Strad, del Gesu, Gagliano, etc gesucht) .

  • Sagen wir mal so: Ein mündliches Wertgutachten ist das Eine, ein schriftliches das Andere und der tatsächlich erzielbare Preis noch mal ganz was Anderes.


    Käufer in dieser Preisklasse erwarten meist ein Wertgutachten, es gibt einfach zu viele schwarze Schafe, die irgendetwas behaupten und mit gefälschten Geigen Käufer über den Tisch ziehen. Der Preis, der in einem Wertgutachten erwähnt wird, ist aber eher als der "Maximalpreis" zu verstehen, realistisch sind -wenn man nicht ewig auf einen Käufer warten möchte- ca. Zweidrittel bis Dreiviertel davon. Je tiefer man geht, desto eher findet man einen Käufer.


    Dennoch: In dieser Preisklasse ist ein Privatverkauf nicht einfach. Ein hoher vierstelliger oder niedriger fünfstelliger Betrag wird nicht "einfach so" ausgegeben, zumindest wenden sich die meisten Käufer, die in dieser Preisklasse suchen, an Geigenbauer oder einschlägige Auktionen. Das liegt daran, dass ein Geigenbauer eine gewisse Garantie bietet (das können Sie als Privatverkäufer nicht), Probespielen und eine gewisse Instrumentenauswahl anbieten kann(keiner fährt gerne weit durch die Gegend, um irgendwo bei Privatverkäufern im Wohnzimmer ein Instrument zu testen...), und Service wie Klangfeineinstellung und gewisse Reparaturleistungen sind oftmals auch Teil des Gesamtpakets. In dieser Preisklasse sind auch eher Musikstudenten, Orchestermusiker oder (Semi)Profis unterwegs, nicht mehr der typische Hobbyspieler...und die Profismüssen ein Instrument auch in einem Konzertsaal testen-Geigenbauer bieten meist eine mehrwöchige Probezeit an und die Instrumente sind entsprechend versichert...


    Kurz: Als Privatmensch kommen Sie weder an die Kundschaft heran, noch können Sie die Konditionen bieten, die erwartet werden und geboten werden müssen.


    Es gibt in meinen Augen drei Möglichkeiten:
    1.Sie versuchen es mit einem wirklich attraktiven Preis auf dem Privatmarkt (Wertgutachten, und dann die Hälfte)
    2. Sie verkaufen die Geige an einen Geigenbauer/Händler/spezialisierte Auktion. Auch dort müssen Sie mit Abschlägen rechnen, da die ja auch noch Gewinn machen wollen. Dafür sind Sie das Instrument los, es kann nicht mehr kaputtgehen, und Sie haben das Geld in der Hand.
    3. Sie geben die Geige in Kommission, dabei verkauft der Geigenbauer die Geige für Sie und erhält einen prozentualen Anteil. Wie lange das dauert, ist allerdings schwer zu sagen. Der richtige Käufer muss eben gefunden werden...



    Einen Rückbau empfehle ich nicht. Auch rüchgebaute Instrumente sind nicht mehr original (sondern eben zurückgebaut...), und der Kundenkreis für Instrument alter Mensur (rückgebaute Instrumente...) ist überschaubar. Viele Musiker müssen mit moderner Stimmung und moderner Klangcharakteriatik spielen, Barockinstrumente sind eher was für sehr spezialisierte Musiker. Desweiteren gibt es relativ wenige wirklich alte Instrumente, die eine Modernisierung so gut überstanden haben wie Ihre Geige, sprich, das ist eher selten und das sollte sich auch im Preis widerspiegeln (bzw. ist bei den 10.000 garantiert mit eingepreist).Als Barockinstrument würde ich die Geige -rückgebaut- als weniger wert einordnen. Original Barock wäre was Anderes.

  • Tatsächlich hat die Verkäuferin aber zumindest den Vorteil in einer größeren Stadt zu leben, was den Verkauf zumindest vereinfachen würde.
    Ich habe selbst lange in der 5stelligen Klasse gesucht und muss sagen, dass ich viele Geigen in Wohnzimmern angesehen habe, aber die waren wirklich immer sehr viel günstiger als beim GB. Gekauft habe ich dann etwa zum halben Preis des Wertes.
    Eine Rebarockisierung trifft einen speziellen Kundenstamm, der aber auch wenige, recht klare Anlaufstellen hat (an der man dann einen Kommisionsverkauf anstreben könnte). Das gilt für modernisierte Mittenwälder meiner Meinung nach kaum.
    Das ist leider eine eher schwerer zu verkaufende Bauweise. Ein Kommisionsverkauf ist wohl das Mittel der Wahl, insbesondere wenn man sich selbst nicht so gut auskennt.
    Alle Varianten werden Geduld erfordern!

  • Ich sehe das ähnlich wie braaatsch und bin eher kritisch bei diesem Instrument.


    Des weiteren kommt noch dazu, dass die Geige dringend Ausbuchser benötigt, was ein Kostenpunkt für den zukünftigen Käufer ist.
    Auch ist die Geige mit dem Wasserschaden, der unattraktiven Lackierung und einigen anderen Mängel nicht gerade eine Perle.
    Die Zeichen, die sonst noch zu erkennen sind, wie der alte ungepflegte Geigenkoffer und das günstige Setting, deuten auf ein Instrument,
    dass nicht wirklich gepflegt wurden. So mindestens würde ich dies deuten und professionelle Käufer wahrscheinlich auch.
    Ich sehe den Wert um einiges geringer als die Wertvorstellungen, die oben genannt wurden.


    Wäre die Geige etwas besseres, hätte auch der Geigenbauer ein Angebot, sei dies in Kommission nehmen oder ankaufen, selbst gemacht.
    Ich sehe, da echt nichts spezielles. Der Klang kann natürlich gut sein. Trotzdem sind die genannten Mängel vorhanden und
    es stellt sich die Frage, wie viel müsste investiert werden, bis es ein brauchbar gutes Instrument ist.
    Ich denke, ohne ein gutes Zertifikat, wird die Geige Mühe haben über 1000 Euro zu kommen.
    Für die Besitzerin hoffe ich natürlich, dass ich mich irre.