2 weitere Fundstücke

  • Hello again liebe Experten,


    Hier habe ich noch 2 weitere Geigen aus Uropas Nachlass.


    Ich vermute mal das sie nicht sehr wertvoll sind.


    Sie waren als Deko im Wandschrank drapiert und sind im Gegensatz zu den anderen Geigen auch nicht spielbar.


    Aber ich bin dennoch neugierig was ihr davon haltet.

  • Lieber Hannes,

    magst du von dem sehr schönen und offenbar historischem rechten Instrument nochmal einige Detailaufnahmen mehr machen?

    Dieses Instrument würde ich auf jeden Fall einem Geigenbauer/einer Geigenbauerin zur Begutachtung vorlegen.


    Ist dir Sanctus Seraphin ein Begriff?

  • Selbstverständlich mache ich morgen gerne noch mehr Bilder.


    Also zu Sanctus Seraphin weiß ich nur soviel mir Google verraten hat, 😂 ich bin zwar musikalisch aufgewachsen und habe früher selbst Geige und Keyboard gespielt ( Opa hat immer E-Orgel und Fiedl dazu gesagt )


    Aber ich habe seit 25 Jahren kein Instrument mehr in den Händen gehalten und bin absoluter Laie.


    Ja zum Geigenbauer gehe ich auf jeden Fall.

    Allerdings komme ich aus dem Ländlichen Raum Brandenburgs und bin mir nicht sicher ob ich nach Berlin oder direkt Dresden fahren sollte? Zeitlich macht es kaum Unterschiede.


    Es sind insgesamt 4 Geigen und meiner Laienhaften Einschätzung nach sind die 2 besseren davon spielbereit. Auf jeden Fall kommen da Töne raus wenn man sie anstreicht. 😅 Aber wegen der Historie von meinem Urgroßvater habe ich zusätzlich noch im Musikinstrumentenmuseum Markneukirchen wegen einer Begutachtung angefragt.


    Allerdings noch keine Antwort bekommen.


    LG Hannes

  • Die sind aber auch nicht schlecht. Wirklich nicht. Dein vorfahre hatte schon Ahnung, und keinen „Schrott“ gekauft. Beide lassen sich wieder zum Leben erwecken.


    Geigenbauer: In Potsdam wäre Wölz eine gute Adresse, in Dresden Gläsel. Aber wenn Du eh fahren musst: Fahr nach Markneukirchen.

  • Danke für die Fotos.

    Es handelt sich hier um eine Viola da braccio.

    Der Größe der nebeneinanderliegenden Instrumente nach auf den Fotos oben (es sei denn, das linke ist eine Bratsche... ;)) ist von einer Sopran-/Diskant-Viola da braccio auszugehen. Wenn sie wirklich so alt ist, wie die Bauform vermuten lässt, könnte sie tatsächlich schon zu Seraphins Zeiten jemanden beglückt haben.

    Die Viola da braccio ist eine Vorgängerin der heutigen Geige. Du hättest da also ein ziemlich museales Kleinod.

    Sie sieht wertig und gut erhalten aus und wurde ganz offenbar auch gespielt.

    Aber es gab auch zu allen Zeiten Liebhaber*innen historischer bzw. historisierter Instrumente, und ob dies ein Nachbau ist und falls ja von wann, das ist anhand von Fotos schwer zu sagen. Da müssen Fachleute zur Begutachtung ran.

    Viel Glück damit.

  • Hä? Da ist aber ein bisschen was durcheinander.


    Viola da braccio ist eine Bratsche, und quasi die „Armgeige“, also die Geige bzw. Bratsche, die auf dem Arm gespielt wird. Im Gegensatz zur „Viola da Gamba“, die zwischen den Knien gespielt wird. Die Verkleinerungsform der Viola da braccio ist die/das Violino da braccio, also die Violine (=Geige).


    So hat man damals alle Streichinstrumente eingeteilt, nicht nur die einer bestimmten Bauform (denn es gab damals keine einheitliche normierte Bauform). Heute gibt es noch die beiden Hauptbauformen Gambenform (heute noch beim Kontrabass zu finden) und Geigenform (so wie moderne Geigen gebaut werden) und natürlich alle möglichen Mischformen und Exoten.


    Die (reine) Gambenform hat diese „hängenden Schultern“ wie das Instrument oben, aber einen geraden Boden und keinen Randüberstand (also Zargen und Decke/Boden schließen bündig ab wie bei der Gitarre), und höhere Zargen. Insofern ist das Instrument oben ein historisierendes Instrument, was grob gesagt einfach eine Geige in Gambenform ist, aber wie eine Geige einen gewölbten Boden und einen Randüberstand hat.


    Alter dieses Instruments: Im Historismus (ab ca. 1860/70) hat man in Kunst und Architektur eine richtige „Mittelalter“-Welle (bzw. Neo-Alles-Mögliche-Welle) gehabt. Alte Burgen wurden wieder aufgebaut, alte Epochen romantisiert und alte Stilelemente wieder kopiert und wild gemixt. Im Instrumentenbau zeigte sich das etwa um 1900, als Burgen und Wappen in Geigenböden geschnitzt wurden, und vermeintlich historische Instrumente wie die Lautengitarre erfunden wurden. Gitarren sahen für ein bestimmtes Klientel zu modern aus, Laute war zu schwierig zu spielen, also hat man einfach eine Gitarre in Lautenform gebaut, sogar theorbierte Modelle (denn Theorbe ist ja noch schwerer zu spielen…). So wurden in der 1. Hälfte des 20. Jahrhunderts vor allem in Sachsen solche „historischen“ Instrumente gebaut: Lautengitarren (aber auch wieder richtige Lauten), Geigen in Gambenform (aber auch richtige Gamben und Fideln!), Kurzhalsgeigen etc. pp. und alle möglichen Exoten.


    Und genau so würde ich deine Geige einordnen: zwischen 1900 und 1945 in Sachsen entstanden, und historisierend. Ein Instrument, was ganz sicher Liebhaber wegen seiner besonderen Form findet, aber jetzt nicht besonders alt ist.

  • Hä? Da ist aber ein bisschen was durcheinander.

    Was genau möchtest du kritisieren?

    Ich kann gar keinen großen Unterschied zwischen meinen und deinen Erläuterungen erkennen. Und auch kein Durcheinander.


    Einziger Unterschied:

    Nach meinem bescheidenen Kenntnisstand hat sich das Wort "Violine" erst allmählich durchgesetzt. Eine frühe normierte Festlegung auf "Violino da braccio" wäre mir neu.

    Dass man schon

    damals alle Streichinstrumente eingeteilt

    hat, findet man wo? (Ich lasse mich gern eines Besseren belehren.)

    Soweit mir bekannt, war das ein allmählich sich entwickelnder Prozess, auch in dieser Gattung:

    Viola da braccio – Wikipedia

    In der Viola-da-braccio-Familie gab es die unterschiedlichsten Stimmungen, 4 Saiten, in Quinten gestimmt, auch das war ein Entwicklungsprozess.

    Und für das kleine Modell galt auch hier noch:

    "Die Sopran-Viola mit ihrer Stimmung auf g – d1 –a1 – e2 entspricht der heutigen Geige/Violine."

    Viola hieß das Instrument, "Violine" ist nur ein Diminutiv, ein "Violchen".

    In Schweden heißt die Geige bis heute fiol.