Unbekannte Geige

  • Ich hatte mal wieder die gelegenheit eine Geige zu erwerben.

    Sie hat keine wirklich großen schäden. Der Korpus ist mit 36,4 cm

    und gesamt ist Sie 60,2 cm Lang. Die Spielmensur ist 32,3 cm.

    Also ganz normal. Sie hat einen Durchgehenden Hals und 4 Ecklötze.

    Markant ist die Randeinlage auf Boden und Decke. Auf dem Boden halte ich die Randeinlage

    für feiner und präziser ausgeführt als auf der Decke. Es könnte aber auchwegen des weicheren Holzes der Decke

    so sein. Es könnte allerdings auch sein das die Decke ersetzt wurde.

    Der Bassbalken ist von eine zierlichen Form.

    Kann Anhand vom Boden feststellen wie alt eine Geige ist. Was sagt Ihr zur Geige

    Herkunft, Alter und der vergleich der Randeinlage.

  • Ist Deine Annahme nur Klingenthal-spezifisch abalon? Ich habe mehrere Geigen mit ordentlich passenden Eckklötzen, die aus dem sächsisch/böhmischen Raum stammen. Bei denen dachte ich bisher, die Eckklötze seien nachträglich aus Stabilitätsgründen eingebaut worden. Oder um die Geige hochwertiger erscheinen zu lassen...


    Schnecke und Korpusform der gezeigten Geige weisen für mich auch auf eine Herkunft aus Sachsen/Böhmen. Der durchgesetzte Hals ist ziemlich massiv. Ich kenne sie eher in Schuh-Form.

  • Auf Meinel Geigen ist die Bauweise dargestellt. Eigentlich sind Geigen von dort Aufgeschachtelt.

    Also ohne Eckklötze. Aber wie immer gibt es ausnahmen. Bei vielen Sachsen Geigen findet man auch Schachtel Bauweise aber eben auch nicht immer. Bestes Beispiel die Wutzlhofer aus Brünn. Hals eingesetzt wie Markneukirchen. Daher war es schwer die Echtheit trotz Zettel zu beweisen. Dann kam der dritte Band Lütgendorf in meine Hände und da stand das er diese Bauweise von sein Vater übernommen hat der aus der gegend stammte. Das macht es ja so schwierig. Ohne Klötze ist fast jede Geige erstmal Sachsen oder Böhmen.

    Das mit dem Hals ist auch so eine sache. Hier ist ein kleines Podest im Boden und das ende ist Spitz nach vorne Abgerundet im oberen Bereich. Habe ich so auch noch nicht gesehen. Aber es zeigt das der Erbauer sich mehr mühe gegeben hat. Auch die Randarbeiten und die fast bis nach hinten Ausgestochene Schnecke sind ein Indiz dafür. Zudem ist das Gewicht der Geige mit Wirbelhalter Steg Stimmstock Endknopf und Wirbel bei 392 Gramm.

    Ein gutes gewicht für eine Geige. Vom Alter her bin ich unsicher es scheint kein Licht durch die Decke. Damt könnte Braaatsch mit einen frühen entstehn 1830 recht haben eventuell auch früher. Ich glaub hier wird es wieder ein Dendro Gutachten geben.

  • Richtig, Abalon. Genauso wie Wutzlhofer eine Geigenbauweise „exportiert“ hat, gab es in Sachsen natürlich auch Geigen mit Eckklötzen. Die Sachsen sind ja erst 130-160 Jahre später eingesperrt worden 😉 Damals waren die auf der Walz, und kamen auch mal in der Welt herum….


    Die Form (relativ lange, flache C-Bügel) und der Lack passen sehr gut nach Klingenthal (und Umgebung!), auch der Halsansatz und die Schneckenform passen gut dazu.


    Es gab eben mehr als nur den einen Typus „Manufakturinstrument“, bei dem „alle Merkmale“ zutreffen. Theoretisch kann es natürlich auch sein, dass die „ein Vogtländer im Exil“ gebaut hat, aber so in Summe würde ich sie nach Sachsen verorten.

  • Ich hatte Frau Meinel aus Leipzig Bilder geschickt.

    Ihrer Meinung nach sieht die Geige nach einer Spät vogtländischen Geige aus ca. 1870/80.

    Die Flammung des Bodens ist Typisch bei der Arbeit errinnert Sie diese Geige an die Klingenthaler Meinel Geigenbauer. Allerdings hat die Schnecke überhaupt keinen Vogtländischen Typischen Charakter.

    Bei den Ecklötze könnte es sich Ihrer Meinung nach auch Verblender handeln. Dies könnte man aber erst durch öffnen feststellen. Auch das Große Korpusmaß von 36,4 cm ist eher später zu sehen da die frühen Klingenthaler Geigen eher die Größe wie heute eine 7/8 hatten.

    Ich denke jetzt wird es erst richtig spannend ein Dendro zu machen. Sollte hier das Zeitfenster Stimmen hat Frau Meinel recht. Sollte es früher sein stellt sich die Frage ob es immer noch eine Vogtländer ist.

    Für mich stellt sich zunächst die frage kann ich erkennen ob Geschachtelt und damit verblender oder um eine Form gebaut und damit Ecklötze zu einsatz kamen.

  • Bei der Seitenansicht sieht die rechte obere Ecke verbogen aus. Das passiert nicht beim Bau mit Klötzen um eine Innenform. Ich gehe deshalb davon aus, dass die Geige aufgeschachtelt ist und die Eckklötze Blender. Laut Chiocciola soll man auch durch Anklopfen feststellen können, ob eine Ecke gefüllt ist. Vielleicht klingt eine gefüllte Ecke nicht hohl, sondern heller und schwächer als eine ungefüllte. Ich hab damit keine Erfahrung, aber eine Ecke mit Blender klingt bei einer meiner Geigen heller als der Korpus, aber immer noch ein bißchen nachhallend. Die Ecken ohne Blender klingen gleich nachhallend wie der Korpus.

  • Tschja, Abalon. Und wenn das Dendro-Gutachten 1790 zeigt, kann die Geige trotzdem von 1870 sein. Die Diskussion hatten wir hier schon des Öfteren. Es ist ja die Frage, welcher Teil des Schnittes beim Bau verwendet wurde (ein alter Baum von 1850 kann auch Jahresringe von 1750 haben) und wie lange das Holz gelagert wurde….