Instrument oder Sperrholz / Erbstück

  • Geige und Bogen sind wie Auto und Anhänger. Die müssen (klanglich) zusammenpassen, gehören aber nicht zwangsläufig zusammen. Du kannst also einfach einen neuen Bogen kaufen, das mindert den Wert der Geige nicht.


    Die Aufarbeitung oder Neukauf des Bogens macht aber erst Sinn, wenn Du die Geige spielen willst.

  • Ich habe in Cremona einen französischen Geigenbauer kennen gelernt, der mittels direkter und indirekter Perkussion oder Perkutation vielfältige Informationen aus der Geige geholt hat. Unter anderem darüber ob sie Klötzchen hat oder nicht. Man nehme die Rückseite eines Bleistiftes und verfolgt die Klangänderung entlang der Zarge. Man braucht natürlich eine Geige mit Klötzchen und eine ohne Klötzchen um die Methode im Vergleich zu erlernen. Die indirekte Methode ist deutlich besser aber auch deutlich komplexer.


    Vielleicht liegt es auch an meinem Bildschirm, dass er die Details der Zargenbilder nicht ausreichend auflöst.Ich sehe weder den Anschäfter noch die spitz zusammenlaufenden Zargenecken. Vielleicht auch weil die Geige sehr dunkel lackiert ist?


    Anbei noch eine Violine als Bild die sowohl Klötzchen hat wie auch auf Gehrung zusammengesägte Zargenecken.

    Eine Violine mit Außenform gemacht, sieht übrigens in der Regel auch so aus.


    jr1234 :Und dann noch die Bilder von einem Wirbelkasten und der Schnecke auf denen man den Anschäfter deutlich sieht (in meinem Beispiel laut Zettel eine Josef Klotz).Durch den dunklen Lack kann ich nicht entscheiden ob die Violine einen Anschäfter hat. Ein helles Bild auf die Unterzarge wäre noch wichtig. Wenn ihr alle die Ecken auf Gärung und den Anschäfter seht muss ich mir morgen einen besseren Bildschirm kaufen 😉




    geigerlein, ist das auf meinem Bild vielleicht eine „schlampige“ Meistergeige?😉 Das Reifchen am Unterlotz ist auch nicht ordentlich verklebt, Decke und Boden viel zu dick ausgearbeitet.


    PS: Wenn jemand eine Josef Klotz erkennen kann reiche ich gern noch weitere Bilder nach nach..........kennt sich jemand mit Familie Klotz aus??

  • Ich sehe da bisher auch keinen Anschäfter, und der Ecken/Gehrungstheorie stehe ich auch kritisch gegenüber. Ich gebe allerdings zu, dass ich mir bisher immer einfach einen Zahnarztspiegel zuhilfe genommen habe, vielleicht ist das auch zu einfach. Klar, Blender erkennt man dann nicht immer.


    Dennoch finde ich dieses Ecken-Thema überbewertet. Es gibt toll klingende Instrumente mit Ecken, und schrecklich klingende ohne. Es sind für mich persönlich immer die gesamten Klang-und Qualitätsmerkmale wichtig, da sind mir Ecken oder nicht am Ende total egal- die Kiste klingt oder eben nicht.


    Und hier sehe ich tolles Holz, eine schön gestochene Schnecke, und eine ordentliche Verarbeitung. Interessanter sind Ausarbeitung der Decke und des Bassbalkens, und natürlich, an alkerwrsrer Stelle, der Klang.

  • Kommt man mit kleinen Spiegel in die Geige rein ?

    Dann werde ich auch mal versuchen.....

    Mein Endoskop ist leider nicht zur Hand.


    Ist es denn ein Qualitätsmerkmal, ob Klötzchen verwendet sind ?



    Wie gross ist der Wert, so wie sie ist ?



    Braaatsch: Wenn Du eine Empfehlung hast -- wohne zwischen Köln und Düsseldorf


    Jo.

  • ...da kenne ich keinen persönlich. Falsche Ecke.


    Also.


    Besorg Dir einen Zahnarztspiegel, gibt es in jeder grösseren Drogerie bei den Zahnbürsten, oder pandemiefreundlich auch bei Amazon. Schau, dass der Stiel nicht zu dick ist.


    Dann mit dem Spiegel durch das f-Loch, und dann einfach mal hin-und herdrehen/probieren, mal sehen was Du siehst. Du kannst auch mit einer Lampe (z.B. Handylicht) durchs andere f-Loch „Licht ins Dunkel“ bringen.

  • Klötzchen oder nicht- Qualitätsmerkmal? Jein. Vor ein paar Jahren hätte ich noch gesagt: Ja! Aber inzwischen habe ich einige gute Instrumente gesehen, die keine Klötzchen hatten, und viele, sehr viele Instrumente sind trotz Klötzchen „Schrott“.


    Klötzchen oder nicht sind ein Hinweis darauf, mit welcher Technik ein Instrument hergestellt wurde, und können daher einen Hinweis auf die Herstellungsregion geben. 1:1 ist das aber auch nicht, es ist eben ein Merkmal von mehreren.


    In Sachsen/Böhmen wurden viele Instrumente ohne Klötzchen gebaut, und viele schlechte Geigen. Daher hat sich der Ruf etabliert, „keine Klötzchen=Sachsenfiedel=schlecht“.


    Das stimmt aber so ganz und gar nicht. Es wurden in Sachsen auch viele Geigen mit Klötzchen gebaut (die waren weder generell besser noch generell schlechter!), und es gibt viele gut klingende ohne Klötzchen. Und aus Sachsen kommt eine ganze Bandbreite an Instrumenten- „schlechte“ und natürlich auch fantastische.


    Wobei „schlecht“ immer noch deutlich besser ist als „Amazonfiedel“ heutzutage. Und viele der „schlechten“ Instrumente sind einfach heute auch „schlecht“, weil sie jahrzehntelang auf irgendwelchen Dachböden verstaubt und vertrocknet oder in Kellern verschimmelt sind. Das Holz spröde oder verzogen- das hätte auch jedes Meisterinstrument zugrundegerichtet.


    Zu ihrer Zeit waren viele der „schlechten“ Instrumente solide Geigen, die für Amateure völlig ausreichend waren, und die durch einfachere Herstellung auch für ärmere Leute erschwinglich waren und damit auch diesen die Möglichkeit zum Musizieren gaben. Damals gab es weder Fernseher noch Radio (zumindest nicht für Jeden...), und da war Hausmusik ein wichtiger Bestandteil des Familienlebens.


    Deshalb gibt es aus dieser Zeit noch eine Unmenge an Instrumenten. Das drückt die Preise- aber es heisst nicht, dass diese Instrumente schlecht sind.

  • Saubere Bauweise mit gutem Holz ist ein Qualitätsmerkmal. Ja, und tendenziös sind Geigen mit Klötzchen präziser gebaut, zumindest in den letzten 100 Jahren. Dies ist aber nur eine Faustregel, Ausnahmen bestätigen die Regel. Die offene Geige, deren Bild ich noch eingestellt hatte, hat zwar Klötzchen ist aber etwas flüchtig gebaut wie ich meine. Meiner Meinung nach richtet sich der Wert einer teuren Geige primär nach dem historischen Wert laut Fuchstaxe und gemittelten Auktionsergebnissen. Ab circa 10.000 € lohnt sich ein so genanntes Zertifikat. Und da heben die italienischen Geigen ziemlich stark ab. (Sind also sehr teuer). Das hat aber alles nichts mit dem Klang zu tun.

    Wenn deine Geige gut hergerichtet ist ein super Klang hat, und von einem bekannten Geigenbauer verkauft wird kann sie durch aus 1000-2000 € bringen. Den mehr gewinnen will aber der Geigenbauer realisieren. Wenn von uns einer die selbe Geige im Internet ( eBay) toll beschreibt und als super klingend anbietet kann er froh sein wenn er 500 € bekommt. Wahrscheinlich geht sie restauriert für 290-350 weg. Musst deine Freunde halt auch ein bisschen bis 150 € drauf bieten lassen😉.


    Wenn du sie jetzt, so wie sie ist, auf eBay anbietest kannst du froh sein wenn du 150 € für sie bekommst, kannst aber auch Glück haben und du kriegst auch 300.-€.


    Ganz Rational ist es meiner Meinung nach nicht. In 20 Jahren kann sein, die Violinen (zumindest manche) kosten das dreifache, oder aber auch nur noch ein Drittel des heutigen Preises.


    In den letzten 20 Jahren haben sich die Preise für italienische Geigen wesentlich stärker entwickelt als für deutsche Geigen.

    Italienische gehobene Weingüter sind auch teurer geworden als deutsche Weingüter in der gleichen Zeit.


    Ach ja, und wenn die Geige von dir nun einen Anschäfter hätte wäre sie wahrscheinlich auch 50.- € mehr Wert.


    Vielleicht darf man sie auch im Forum versteigern?, wäre mal was Neues 🤗

  • Ich meine, auf dem Bild von der Schnecke einen Anschäfter erkennen zu können. Kann mich aber auch irren. Vielleicht hast Du nochmal ein besseres Bild von Schnecke und Wirbelkasten seitlich, jr1234?


    In Köln kann ich Geigenbau Kress empfehlen.

  • Es gibt ja auch noch die Möglichkeit, die Geige herrichten zu lassen bzw. erst mal zum Geigenbauer zu gehen und zu fragen, was das kosten würde und sie dann über eine Musikschule oder Ebay Kleinanzeigen nach Probespielen zu verkaufen. Wenn sie dann gut klingt, dürfte sie mehr bringen als einfach blind im Internet gekauft.

    Ob eine Geige gut klingt, ist einerseits von ihrem Zustand abhängig (der Geigenbauer kann den Klang optimieren), andererseits aber auch wesentlich vom Geschmack der Spieler. "Gut klingend" kann für den einen tatsächlich gut klingend sein, für den anderen zu dunkel, für den nächsten zu hell, für einen zu einseitig oder auch zu ausgeglichen.

    Tip: Wenn der Geigenbauer sie hergerichtet hat und ggf. vorgespielt hat, kann man fragen, was ähnliche Instrumente bei ihm kosten, also erklären "hm, mir gefällt der Klang nicht so, was würde denn ein ähnliches Instrument aus dieser Zeit bei Ihnen kosten?" Dann hätte man eine ungefähre Idee, welchen Preis man verlangen dürfte.

    Und je nach Spieler ist der eine auch bereit, mehr als den "Handarbeitspreis" für die Geige zu bezahlen, wenn sie für ihn gut klingt. Geigenbauer beurteilen oft nach handwerklichen Kriterien. Eine handwerklich nicht ganz so gut gemachte Geige kann aber für eine Spieler trotzdem sehr gut klingen!


    Am schönsten für so ein Instrument wäre es aber, wenn es in der Familie bleiben könnte, wenn Cousins, Kinder, Enkel, Onkel etc. Geige spielen und so das Instrument in der Familie weiterbenutzt werden könnte. Ggf. kann man die dann auch fragen, ob sie bereit wären, den Aufarbeitsungspreis zu zahlen.


    LG von

    Charlotte