Instrument oder Sperrholz / Erbstück

  • Hallo in die Runde,


    ich muss zugeben, dass ich eher unmusikalisch bin.

    Aber wir haben ein altes Erbstück.

    Mein Vater soll es als Kind/Jugendlicher bespielt haben. Leider kann man ihn nicht mehr fragen.


    Von meiner Einschätzung ist das Instrument in seiner Jugendzeit nicht neu erworben worden. Es wird älter sein.

    Und nun interessiert mich eine zeitliche Einordnung, ggf. auch den Wert. Hergeben werden wir sie nicht. Es ist mehr die Neugierde.

    Ich vermute, es handelt sich um ein recht preiswertes Exemplar, aber ich bin neugierig.


    Einen Zettel im Innern habe ich nicht gefunden, habe aber auch keine Idee, wie dort hinein schauen/fotografieren.


    Ich stelle ein paar Bilder hier rein, vielleicht reicht es Fachkundigen schon für eine Einordnung und ein paar Informationen.


    Wie gesagt: wir haben keine Informationen zur Geige, Bogen oder Kasten.


    Vielen Dank für eure Bemühungen


    JR

  • Hallo JR, willkommen im Forum!


    Die Geige hat wirklich schönes Boden- und Zargenholz, Ebenholz-Ausstattung und ist sauber gearbeitet. Die Schnecke sieht angeschäftet aus. Zusammen mit den Spielspuren lässt das an ein Baujahr im 19. Jhdt. denken. Aber die Rückseite des Wirbelkastens glänzt stark. Wurde sie vielleicht mal überlackiert? An den Zargen kann man sehen, dass sie BOB (built on back) ist, d.h. der Zargenkranz wurde nicht mit Klötzen um eine Innenform gebaut, sondern freihändig auf dem Boden "aufgeschachtelt". Das war aber zu der Zeit in ganz Europa üblich, wenn auch nicht bei den "großen Meistern".


    Bilder von der Schnecke (Seiten- und Vorderansicht) und vom Halsansatz (von der Seite) sowie der Unterzarge wären gut, damit man die Geige vielleicht einer Region zuordnen kann.

  • Die bekommt man mit relativ wenig Aufwand wieder flott. Wenn der Steg noch passt, dürfte die Reparaturkosten unter 200 Euro bleiben -es sei denn, es gibt verdeckte Schäden oder man will eine „Edel-Restauration“.


    Alter: Irgendwas um 1900, +/- 20 Jahre. Herkunft: Wahrscheinlich Sachsen/Böhmen, aber um da ganz sicher zu sein bräuchte man noch ein paar Detailfotos.


    Qualität: Schlecht ist die nicht, das war damals schon ein „g‘scheits“ Instrument. Keine „Meistergeige“ oder „Konzertvioline“, aber solide Qualität für den Amateur und Hobbymusiker.

  • Ich sehe ein ganz schönes Instrument, aber keinen Anschäfter. Hast du noch mal ein schönes großes Bild in den Wirbelkasten und von der Seite? Oft kann man durch klopfen auf den Zargenrand erkennen ob es Vier massive Klötze gibt.

  • und hier die Seitenansicht:


    Die Anmerkung zu "Klötzchen" verstehe ich nicht: Was sol ich fotografieren, damit es deutlich wird ?

    bzw. ich soll per klopfen herausfinden, ob es Klötze in er Geige gibt ?

    Wo wären diese den angebracht, wenn vorhanden ?


    Und mal die schwierige Frage: Wie ist der Wert der Geige nun, in diesem Zustand.

    Verstanden habe ich: ca 200 Euro braucht es, um sie spielen zu können.


    Was kostet es ca, einen Bogen wieder brauchbar zu machen?

    Und was ist der Grund der Drahtumwicklung des kleinen Bogens ? ( er war scheinbar mit Leder darüber bezogen )


    Ich weiss....viele Fragen.


    Nachtlicht: Sie ist ein Erbstück. Denke nicht, das wir sie hergeben.

    Vielen herzlichen Dank

  • geigerlein, woran genau siehst du an der Zarge von außen, dass sie zwingend aufgeschichtet ist? Habe wegen der Lichtkiste gerade etliche Geigen offen und würde das gerne vergleichen.....😉

    Wird die Zarge ohne Klötze auf dem Boden aufgeschachtelt (BOB), bilden die Zargenenden einen spitzen Winkel zueinander, weil für eine möglichst große Leimfläche beide innen abgeschrägt und beim Leimen von außen mit einer Zwinge zusammengehalten wurden. Manchmal sieht man eine Trennlinie zwischen den Zargenenden in der Mitte der Spitze. Außerdem geht die Spitze oft bis an den äußeren Rand der Ecken von Decke und Boden, weil sie dort abgeschnitten wurde. Aber auch nicht immer, wenn die Zarge bewusst kleiner gemacht wurde als Decke und Boden, wie bei meiner uralten englischen Geige.


          


    Baut man eine Geige um eine Innenform, ist ja zuerst der Zargenkranz fertig, und um ihn herum werden mit etwas Überstand Boden und Decke aufgezeichnet. So ist die Spitze der Zargenecke eigentlich immer nach innen versetzt, es sei denn, Decke und/oder Boden sind über Jahrhunderte in der Breite um ca. 4 mm geschrumpft. Die Spitze der Ecke ist auch meist nicht ganz spitz, sondern hat eine etwas breitere Kante, weil die Enden des C-Bügels abgeschrägt an die Innenseite der Zargenenden von Ober- und Unterzargen geleimt werden, also quasi im "Windschatten" sind. Wegen des Klotzes braucht man nicht soviel Leimfläche an den Zargen. Ich hatte aber auch schon eine Geige (die alte französische von Abalon), bei der das Ende von Ober- und Unterzargen von außen abgeschrägt wurde, so dass die Zargenecke wirklich spitz ist. Aber ohne "Mittellinie".



    Das sind meine bisherigen Erfahrungen mit Zargen und Ecken. Mich würde interessieren, wie Du durch Klopfen feststellst, ob die Ecke einen Klotz hat Chiocciola. Klingt es hohl ohne Klotz und hell mit?

  • ...jetzt sieht sie noch mal deutlich qualitätsvoller aus! Das ist kein billiges Instrument gewesen, schon eher Mittelklasse im Amateurbereich. Herkunft- ich bin mir überhaupt nicht sicher. Einiges spricht für Sachsen/Böhmen, aber ein typisches Manufakturinstrument ist das nicht. Die für mich wahrscheinlichste Herkunft ist eine individuelle Arbeit aus dieser Region. In Natura kann man mehr sagen.


    Bevor Du jetzt irgendwo auf den Zargen herumkloppst, geh mal mit dem Instrument beim Geigenbauer vorbei!


    Der kann dir dann auch sagen, ob sich ein Aufarbeiten des Bogens lohnt. Das hängt davon ab, ob die Bogenstange noch ok ist (oder z.B. verzogen ist, die Spannung verloren hat etc.).


    Die Wicklung (...Drähte) des Bogens dient der Balance, das Leder ist da, wo die Finger den Bogen berühren und sorgt dafür, dass der Spieler besser den Bogen halten kann (quasi Anti-Rutsch-Belag).