Was tun mit Opas Stradivari?

  • Einen guten Morgen wünsche ich!


    Aus persönlichen Gründen muss ich meinen Hausstand halbieren und so stieß ich auf die Geige, die mir mein Opa um 1980 herum geschenkt hat. Ja, es ist tatsächlich eine „Stradivari“, aber eine der vermutlich unzähligen Fälschungen, die in Umlauf sind. Und dazu ein Tourte- Bogen, wie ich hier schon aus dem Forum weiß, sicher auch nicht echt, das passt jedenfalls zusammen ...


    Opa dachte damals, ich wolle Geigespielen lernen, was ich auch tatsächlich in meiner Jugend vorhatte, so Anfang 1970, jedoch wegen Arthrose in allen Fingern schnellstens beerdigen musste. Er hatte dies wohl nicht wahrhaben wollen, jedenfalls trieb er um 80 diese Geige in Ostdeutschland auf, damals noch DDR (Es gab in der nächsten Stadt einen Gebrauchtmusikalienhandel, zu dem er gute Beziehungen pflegte), die damals schon offenkundig alt war, aber aufgearbeitet und spielbereit. Ausprobiert hat sie wenige Jahre später ein sehr junger Studienkollege meines damaligen Freundes, Geiger in der soundsovielten Generation, der sich positiv über den Klang äußerte, etwas von „sehr ordentliches Schülerinstrument“ brummelte und sonst aber nichts weiter Erhellendes. Er war sicher kein Instrumentengutachter, aber dass es sich nicht um ein allzu wertvolles Instrument handelte, wurde natürlich klar. Leider geriet die Geige in Vergessenheit und als ich nun vor einiger Zeit den Koffer öffnete, war ich erschüttert über ihren Zustand: sie hatte sich praktisch in ihre Einzelteile aufgelöst. Das rote Seil, das den ganzen Klaberatismus zusammenhielt (Entschuldigung, bin keine Fachfrau) war gerissen, auch zwei Saiten und viele Bogenhaare ebenfalls.
    Auf dem Bogen ist winzig klein die Prägung TOURT zu entziffern.


    Es handelt sich sicher um ein altes Instrument, vielleicht 100 Jahre, vielleicht älter, vielleicht auch nur 60 und offenbar kein allzu edles, aber was soll ich jetzt tun? Ich würde das Instrument gern verkaufen, damit es noch ein echtes Leben hat, aber welcher Preis wäre angemessen? Und würde es sich lohnen, es vorher in Ordnung bringen zu lassen? Alle Macken und Kratzer, die es hat, hatte es übrigens schon, als ich es bekam.


    Ich würde mich sehr freuen über Tips und Hinweise und bedanke mich schon vorab.


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  • Also, zuerst die gute Nachricht: Das sind keine gravierenden Schäden, auch wenn das für einen Laien so aussehen mag. Den Saitenhalter, Steg und evtl. Stimmstock bastelt jeder Geigenbauer mit wenigen Handgriffen wieder zurecht. Sofern der Stimmstock noch steht, könnte jeder erfahrene Geigenspieler das selbst machen.


    Nun die weniger gute Nachricht. Opa hat zu DDR-Zeiten sich viel, sehr viel Geld für die Geige gezahlt, und ohne Vitamin B gar keine bekommen. Leider wird das heute nicht mehr honoriert. Die Chinesen fluten den Markt mit teilweise wunderschönen und qualitativ soliden Schülerinstrumenten zu Preisen, mit denen eine einheimische Produktion einfach nicht mithalten kann. Sprich, für relativ wenig Geld (200/300 Euro) sind heute Instrumente auf dem Markt, für deren vergleichbare Qualität und Schönheit man 1970 vierstellige Beträge ausgeben musste.


    Kurzfassung: Der Wert ist bescheiden, und spiegelt nicht annähernd die Mühen wieder, die Opa damals hatte. Die Geige dürfte so 1930-1960 in der Gegend um Markneukirchen entstanden sein. Wenn Du sie verkaufen willst, stell sie bei Ebay rein, und freue Dich über Alles, was über 100 Euro wird.

  • Danke Braaatsch für deine Einschätzung!
    Oweia, dass es so dunkel aussieht, hätte ich jetzt doch nicht gedacht. Wenn der Wert so gering ist, dann bringt es sicher auch nicht viel, die zum Geigenbauer zu tragen und vor Verkauf instandsetzen zu lassen....
    Mal interessehalber: Was würde das denn kosten?
    Und das mit Markneukirchen könnte stimmen. Opas bevorzugter (und einziger) Musikladen in erreichbarer Nähe hatte wohl viele Instrumente aus dieser Gegend im Angebot, meine ich mich an Opas Erzählungen zu erinnern.
    Jedenfalls nochmals vielen Dank!

  • Du kannst gerne mal zu einem Geigenbauer gehen, und ihn auch noch mal zu seiner Meinung fragen. Vielleicht kauft er die Geige auch an- ich vermute aber eher nicht.


    Geigen halten bei guter Pflege länger als ein Menschenleben, und auch Deine ist nicht wirklich kaputt. Das sind Kleinigkeiten -wären kein Problem wenn hierzulande die Handwerkerstunden dank der hohen Steuern und Sozialabgaben nicht so immens teuer wären. Technisch gesehen liesse sich mit 2-3 Stunden Deine Geige in den Neuzustand versetzen (also alle Kratzer lackieren, polieren, reinigen...).


    Aber es lohnt sich finanziell nicht. Schau bei Alibaba.com- da kannst Du dir schon für 200-250 Euro ein nagelneues solides Schulcello kaufen. Gib bei ebay.com den Verkäufer Yitamusic ein- dort gibt es Geigen aus massiven Hölzern, so schön gemasert wie hierzulande nur Furnier, ab 100/150/200 Dollar (je nach Bietern...)—— wenn Du dort 1000 Euro hinlegst, bekommst Du eine handgearbeitete Meistergeige in Wunschholz und Wunschfarbe.


    DDR war Mangelwirtschaft, ich bin da auch grossgeworden, ich kenne die Zustände. Die Geige ist nicht schlechter geworden- aber die Konkurrenz besser.


    Gibt es nicht jemanden in der Familie oder im Bekanntenkreis, der Geige spielen möchte?

  • Ach ja, darauf habe ich lange gehofft, weil der Vater meiner Kinder auch Berufsmusiker war. Aber es hat sich nicht vererbt trotz emsiger musikalischer Früherzieherei...
    Ich habe inzwischen 8 Enkel inkl. denen meiner beiden Stieftöchter, aber irgendwie zeichnet sich da bisher nix ab und ich werde nicht jünger und brauche den Platz jetzt. Und wenn ich einem der Enkelkindlein die hergerichtete Geige schenke, dann hab ich ein Problem mit den jeweiligen Eltern, denn bei allen gibts mehr Hausrat und Krempel als Wohnraum. Es muss schon passen, sonst flöge das Teil dort nur in der Gegend herum und das wäre schade, denn jedes alte Instrument hat seine Geschichte und seinen Charakter und es tut mir bei jedem einzelnen Teil weh, mich davon zu trennen.
    Tja, es endet dann wohl bei ebay. ||

  • Die Internet-Marktplätze sind voller Sachsen und Böhmen Stradivaris ALLER- wirklich ALER - Qualitätsstufen. Der Preis ist wenig verwunderlich im Keller und wird es weiterhin bleiben.
    Jedesmal, wenn ich den Flohmarkt in Wien besuche bin ich erstaunt,was für eine Masse an Vogtland-Geigen noch immer mir entgegenstarrt!