Dachbodenfund bei der Schwiegermutter :-)

  • Hallo Zusammen,
    meine Schwiegermutter hat ein Haus gekauft und beim entrümplen diesen Kasten inkl. Geige, Bogen und Zubehör gefunden.
    Kann mir jemand bitte sagen, ob die einen Wert hat und woher diese stammen könnte.
    Auf dem ersten Blick ist leider kein Zettel angebracht.


    Vielen Dank vorab
    Philipp

  • Das ist eine sächsisch-böhmische Manufakturgeige, gebaut um 1900 herum im Vogtland oder angrenzenden Böhmen (Gegend um Markneukirchen/Klingenthal/Schönbach/Eger.


    Qualitativ ist sie gar nicht so schlecht, und würde auch heute noch ein wirklich passables Schulinstrument abgeben. Der Zustand sieht schlimmer aus, als er ist. Sie ist zwar dreckig/staubig, aber grundsätzlich scheint erstmal nichts gebrochen zu sein, und mit ein bisschen Liebe und überschaubaren Kosten lässt sie sich wieder spielbar machen. Viele dieser alten Geigen sind klanglich zwar nicht "Konzertklasse", aber als Hobbyinstrumente prima geeignet.


    ABER.


    Leider gibt es diese Geigen massenhaft, Ebay ist voll davon. Als es das Internet noch nicht gab, und auch noch nicht der Markt durch billige Instrumente (und "Instrumente", die nur zur Deko taugen und bei Amazon 79,90 kosten und trotzdem von Musikschülern gekauft werden) geflutet wurde, wurden solche Geigen teuer bezahlt. Kurz: Der augenblickliche monetäre Wert ist im Keller, und wird den Instrumenten leider nicht mehr gerecht.


    Ich rate daher, sie am Besten selber bzw. in der Familie zu spielen. (Nein, man muss weder mit 3 mit dem Geigenspiel anfangen, noch ist es Hexenwerk...!) Alternativ bei Ebay ab 1 Euro einstellen und sehen was passiert. Erfahrungsgemäss liegt der Erlös zwischen 80 und 200 Euro.

  • Diese Geige professionell gereinigt, macht schon was her.
    Mir gefällt sie auf jeden Fall.
    Irgendwo zwischen 150 und 300 Euro sollte der Preis schon liegen.
    80 Euro wären dann eindeutig zu wenig.

  • ...klar sind 80 Euro zuwenig. Das Problem ist aber: Was gibt der Markt her? Ich bin ja eh immer der Meinung, dass diese an sich soliden alten sächsischen Instrumente absolut unterbewertet sind. Viele haben echt Potential- aber keiner will "Geld reinstecken", weil sie ja "so billig war". Und dann ist das ein Kreislauf: Anstatt mal eine gute Klangeinstellung zu machen und gute Saiten zu kaufen, wie es bei einem "teuren Instrument" selbstverständlich wäre, werden die schönen alten Geigen als "Schrott" abgetan, mit dem Billigsten vom Billigsten irgendwie "zusammengeschustert", und Vorurteil "die klingen nicht gut" bestätigt.


    Ich habe eine qualitativ (optisch!) ganz ähnliche Bratsche. Die hatte ich vor gefühlten Ewigkeiten in Polen gekauft. Dort war das Instrument aufgrund des Instrumentenmangels im Ostblock gehegt und gepflegt worden, gut klanglich eingestellt, Top-Saiten etc.: Das ist ein Instrument, das damals sogar meinen Bratschenlehrer richtig beeindruckt hat. 38,5 cm, bequem zu spielen, und klanglich wunderbar, auch genug "Wumms" in den Tiefen. Eine meiner Meisterbratschen stellt sie klanglich in den Schatten, mit der anderen Meisterbratsche halt sie mühelos mit.


    Aber man muss eben ein klein bisschen was investieren, so ca. 200 -300 Euro, dann ist die Geige oben wieder top in Schuss. Dann kann dieses Instrument - bei entsprechendem Klang- durchaus in der 2000-3000 Euro-Kategorie mitspielen. Das Holz ist prima (und 100 Jahre lang abgelagert...), die ist gefällig, das war damals nicht "unterste Kategorie" der Manufakturgeigen, sondern schon "solide Mittelklasse".


    Aber mein weiss eben augenblicks noch nicht, wie sie klingt. Entsprechend kann der Wert nach Reparatur eben bei 200 Euro liegen (eher unwahrscheinlich), oder eben 2000. Das ist Rätselraten. Und dieses "Risiko" muss ein (Neu)Besitzer eben eingehen. Augenblicks sieht sie leider "furchtbar" aus- ein Geigenkenner sieht schon, dass die "ganz ordentlich" ist und "was drinstecken könnte", aber der durchschnittliche Musikschüler oder Ebay-Schnäppchenjäger eben nicht.

  • @ Violix, Thema Ebaypreise:


    Ich habe vor einiger Zeit eine Klingenthaler Barockgeige, Originalhals, rissfrei, ohne Setup bei Ebay eingestellt. Habe knapp 85 Euro bekommen, und mich grün und blau geärgert. Für diesen Preis hätte ich sie lieber ausgestattet, eingestellt und an einen begabten Spieler verschenkt. So ist leider die Wahrscheinlichkeit gross, dass sie jemand als "billige Basis für ein "Kunst"-Projekt" zersägt. Das mache ich NIE WIEDER.

  • Braaatsch: Autsch, das tut natürlich weh. Da hätte ich wenigstens ein minimal Preis reingestellt, ab dem der Schmerz nicht ganz so gross ist.
    Ich weiss gar nicht, warum man "ab 1 Euro einstellen und mal sehen was sich ergibt, macht.
    Nun gut, ich habe natürlich auch schon gesehen, dass sich dann zwei oder drei überboten haben und im Bieter-Rausch zu viel bezahlt haben :)
    Hätte bei der Klingenthaler Barockgeige mit Originalhals auch geschehen können.
    Da ist der Schweizer Online Handel etwas besser, da solche Instrumente eher selten vorkommen und sich die Leute dann bei einem sofort drauf los stürzen.

  • Braaatsch willkommen in der Realität.
    Deshalb stelle ich Geige von denen ich was halte mit Festpreis und kleinem verhandlungsspieraum ein. Dauert manchmal etwas länger aber es kostet ja nix außer etwas Geduld.

  • Wenn jemand, der schon mehrere Geigen verkauft hat, eine Geige ohne Setup bei Ebay einstellt, dann bin ich auch sehr misstrauisch.
    Derjenige hat die Geige nicht für Wert befunden, das Geld für ein Setup zu investieren.