Dachbodenfund

  • Hallo.


    Ich habe die Geige meines Urgroßvaters (1903-1986) vom Dachboden gekramt. Sie lag so 70 Jahre auf dem
    Dachboden. Laut meiner Oma hat er nach dem er aus dem Krieg kam nie wieder Geige gespielt.


    Bin auch gleich wie hier stehts empfohlen zu einem GB Meister gegangen.


    Der GB meinte eine Restaurierung würde sich lohnen und die Geige wäre danach im gehobenen Hobbybereich anzusiedeln (weiß aber nicht was dies heißt). Nur als er mir mitteilte was dies kostet hat es mich etwas auf den allerwertesten gesetzt ca.1200€.


    Zum Bogen meinte er nur das die Restaurierung 600€ kosten würde und hinterher ist er nur 50€ wert.


    An der Geige ist schon vor sehr langer Zeit Hand angelegt worden. Anschäfter, neue löcher, Hals war unten ausgebrochen. Er hat mir sehr detailliert gezeigt was zu machen ist und was schon gemacht wurde.


    Die Schnecke meinte er sei sehr interessant, weil handgearbeitet. Er sagt aber das diese evtl. nicht zum Rest gehört.


    Für mich als unmusikalischen voll Laie in dem Gebiet ist es aber nicht nachzuvollziehen ob die 1200€ angebracht sind oder nicht.


    Hoffe mir kann jemand einen Rat geben ob ich auf die Restaurierung sparen sollte oder lieber die Geige wieder einlager.

  • Hallo Kapu


    das mit dem Geigenbogen, wird der Geigenbaumeister schon recht behalten.
    Da ist die Anschaffung eines neuen Geigenbogens sicher vernünftig, zumal das bestehende Stück nicht den Anschein macht, wertvoll zu sein.


    Bei der Schnecke ist es so, dass die angeschäftet sein könnte (ein Foto vom Wirbelkasten von oben wäre hilfreich).
    Man müsste einen Übergang in Form eines Keils (konische Form) vom Hals in den Wirbelkasten sehen.
    Der Rest der Geige sieht nach einer normalen alten deutschen Geige aus, wie sie auf der "Bucht" zu tausenden angeboten werden.
    Da ist es wirklich fraglich, ob die 1200 Euro es wert sind, da richtig bemerkt, der Wiederverkaufswert wohl unter 500 Euro liegen könnte.
    Mir scheint das auch ein Recht teurer Geigenbaumeister zu sein.
    Die Frage ist, was man minimal investieren müsste, um das gute Teil spielbereit zu haben.
    (Immerhin ist es für Sie ja ein geschichtlich interessantes Instrument).
    Evtl. wäre dies für 300 Euro realisierbar.


    So wie es aussieht würde ich da lediglich:
    Kinnhalter abmontieren & reinigen (evtl. gleich neuen)
    Geige reinigen und aufpolieren (nicht nachlackieren)
    Geigensteg anpassen (nach so vielen Jahren wohl notwendig)
    4 x Wirbel anpassen
    Neue Saiten


    (Was ich nun nicht sehe ist die Stimme (Seele) im innern der Geige. Evtl. braucht es eine neue)


    Sieht jemand noch etwas anderes, was zwingend zu machen wäre???
    (Man will ja die Kosten tief halten)



    Im schlimmsten Fall gibt es genügend Musiker und Sammler, die Ihnen die Geige abkaufen würden, auch wenn
    dann zu einem sehr viel niederen Preis. Dies wegen der grossen Anzahl an alten "namenlosen" Geigen.

  • Hallo.


    Ich habe mal noch ein paar Bilder von der Schnecke hochgelegen. Denke schon das dies ein echter anschäfter ist.


    Stimmstock ist keiner in der Geige mehr. Der ist wohl schon vor langer Zeit abhanden gekommen.


    Er sagt auch das der Bassbalken sehr gut aussieht.


    Er hat mir erklärt das dass Zäpfchen ausgebrochen War aber nicht richtig repariert wurde und er daß richtig machen will. Wie ich jetzt gelesen habe ist das eine sehr teure Reparatur.


    Ein großer Riss und ein ganz kleiner Riss ist auch noch im Deckel.


    Die mittlere Verklebung am Boden soll auch gemacht werden.


    So wie ich das verstanden habe möchte er die ganze Geige zerlegen.


    Er müsste ja einen Wert gesehen haben um eine solch aufwendige Restaurierung zu Rechtfertigen. Denke ich.

  • Was hat denn der geigenbauer gesagt, was alles zu machen sei? Auf jeden Fall noch einen zweiten aufsuchen, die Preise für Reparaturen gehen teilweise sehr auseinander. Und wie violix schon schreibt, muss man vielleicht nicht alle vorgeschlagenen Reparaturen machen, sondern nur das Nötigste, um sie spielbereit zu machen.
    Gibt es einen Stimmstock im Inneren (durch's F-Loch zu sehen)? oder vielleicht lose irgenwo beiliegen?
    Was auf jeden Fall zu machen ist:
    Passenden Stimmstock setzen bzw. geraderücken (max. 20€) bzw. neuen Stimmstock anfertigen und setzen (max. 100€)
    Den vorhandenen Steg kann man sicher wiederverwenden, diesen neu anpassen falls überhaupt nötig sollte auch nicht mehr als 20€ kosten.
    Sind irgendwo offene Stellen, die geleimt werden müssen? Gibt es Risse, die man auf den Fotos vielleicht nicht sieht?
    Wirbel gangbar machen (so dass sie exakt in den Löchern laufen, nicht klemmen aber auch nicht zu lose sind) - je nach Arbeitsaufwand
    Geige reinigen und aufpolieren (kann man evtl. selbst machen, aber bitte nur mit professionellen Reinigungsmitteln, gibt's auch hier im Shop)
    (Die Preise sind jetzt wirklich nur geschätzt nach meinen Erfahrungen als Kundin, vom Fach bin ich nicht)
    Neue Saiten gibt es schon ab 30€ passable.
    Zu guter Letzt: Zur besseren Beurteilung im Forum wären orthogonale Fotos, also in gerader Draufsicht ohne perspektivische Verzerrungen, hilfreich. Teile wie Steg und Koffer sind dabei uninteressant, also auf dem Foto weglassen.
    Ja, und der Bogen sieht wirklich nach Schrott aus.

  • Offensichtlich habe ich zu lange zum Schreiben gebraucht, da hast du schon ein paar Fragen beantwortet.
    Trotzdem würde ich mir auf jeden Fall einen zweiten Kostenvoranschlag machen lassen. Dem anderen Geigenbauer nicht sagen, dass man schon woanders war, damit er sich die Geige wirklich unvoreingenommen anschaut. Man kann dann durchaus nebenbei fragen, was sie denn nach Reparatur ungefähr wert sei.

  • Eine offene Bodenfuge zu reparieren ist teuer, da muss das Instrument geöffnet werden. Je nachdem wo die Risse liegen (Stimmrisse?) kann das auch von einer einfachen Reparatur bis zu einem Stimmfutter reichen… Ich empfehle daher auch noch mal einen Kostenvoranschlag bei einem anderen Geigenbauer, auch wenn die 1200 Euro vielleicht nicht unrealistisch sind. Und ja, es gibt auch in Deutschland "Niedriglohngegenden" und Gegenden, wo die Preise höher sind. Das gilt natürlich erst recht dann, wenn man beispielsweise samt Geige einen Urlaub in Polen oder Tschechien plant… obwohl ich solche Tips ungern gebe, denn jeder Geigenbauer soll ja leben können, und gutes Handwerk kostet Geld, vor allem, weil hierzulande "Vater Staat" ordentlich mit abkassiert.


    Sagen wir mal so: Ob es sich lohnt, hängt hier eher vom ideellen Wert ab. Die Familiengeschichte ist unbezahlbar und nicht mit Geld zu messen. Letztendlich muss man sich eben mal einen Urlaub "verkneifen". Für einen Verkauf lohnt es sich meiner Meinung nach nicht.

  • Ein Verkauf der Geige kommt für mich nicht in Frag.


    Mir ist aber schon wichtig keine 700€ in den Sand zu setzen. Die Kosten sollten schon im Verhältnis zum Wert stehen.


    Ist es in der Branche so das die Arbeit eines anerkannter und bekannter GB Meister der Mitglied in verschiedenen Innungen ist, selbst aktiv spielt und seine Werke international verkauft als Wertsteigerung anzusehen ist?


    Andere GB werde ich natürlich auch noch aufsuchen.

  • Nein, es ist bezüglich des Wertes in diesem Falle relativ egal, wer die Reparatur macht, solange sie gut und fachgerecht ausgeführt ist.


    Bezüglich des Wertes: Wenn die Geige eh nicht verkauft werden soll, braucht man über "in den Sand setzen" doch gar nicht diskutieren :)


    Die Geige hat einen grossen ideellen Wert, und als "Familienerbstück" verdient sie vielleicht eine Reparatur. Diesen ideellen Wert hat sie aber für andere Menschen eben nicht-und die werden daher auch nicht mehr für das Instrument bezahlen als für jede andere beliebige Geige dieser Qualität auch.


    Und ich denke, mehr als die Restaurationskosten wird man bei einem Verkauf nicht erlösen können- wenn überhaupt. Letztendlich ist auch ein perfekt repariertes Instrument ein Instrument "mit Vorschäden", und es gibt leider Tausende Geigen, die ähnlich gut aber eben keine Schäden/Reparaturen haben. Das drückt die Preise.


    So weh es auch tut: Es ist kein kulturhistorisch wertvolles Instrument. Sicher eine gute Geige, und sicher auch als Familienerbstück wertvoll, aber eben nur für EURE Familie.