Informationen zur Herkunft meiner Geige

  • Hallo zusammen,


    erstmal vielen Dank für diese Möglichkeit hier im Forum. Bin neu hier, im Forum wie auch bei den Geigern...
    Also: Kann mir jemand Auskunft über Herkunft und ungefähres Alter geben? Ich habe dieses Schätzchen kürzlich über eine Kleinanzeige erstanden. Eigentlich wollte ich eine Bastlergeige zum Saiten-aufziehen-Üben etc. erstehen, aber diese hier ist m. E. kein Schrott (keine Risse in Decke oder Boden, keine sichtbaren Reparaturen). Mir liegen folgende Informationen vor: Das Instrument ist seit dreißig Jahren nicht gespielt worden, der Vorbesitzer (Verkäufer), etwa Ende Fünfzig, hatte sie als Jugendlicher von seinem Großvater geschenkt bekommen, weil der die Hoffnung hegte, dass der Enkel mal Geiger wird. Er ist übrigens Klavierbauer geworden 8) . Seit Jahrzehnten ist der Geigenkoffer mit Inhalt von Wohnung zu Wohnung und Wohnung zu Haus mitgezogen, jetzt wollte er sie loswerden.
    Ich habe die beiden noch vorhandenen, ca. 40 Jahre alten Saiten abgenommen, den (falsch gestellten) Steg und den (kaputten) Saitenhalter entfernt, ebenso die vier unterschiedlichen Wirbel. Ich werden sie sorgfältig reinigen und dann dem Geigenbauer vorstellen.
    Frage: Gibt es anhand der Bilder Hinweise zu Herkunft und ungefährem Alter, vielleicht eine bestimmte Bauweise? Ist sie einfach nur hübsch, aber wertlos? - Ich gedenke nicht, mir eine Kapitalanlage zuzulegen, es wäre aber gut zu wissen, wenn ich sie versichern lassen sollte. Ich würde sie gern wieder zum Spielen bringen... Danke schonmal vorab...

  • Es handelt sich m. E um eine ca. 125 Jahre böhmische Nachahmung einer Geige von Casparo de Salo, der als einer der Urväter des modernen Geigenbaus gilt.
    Der materielle Wert hält sich in Grenzen, und die spielfertige Einrichtung durch einen Geigenbauer wird vermutlich etwa so viel kosten, wie es dem Zeitwert der Geige entspricht. Als ordentliche Schülergeige kann sie aber durchaus noch taugen.


    MfG
    Rainer

  • Bei dieser Geige hättest Du nicht mal den Zettel wiedergeben müssen -obwohl dies niemals ein Fehler ist!! Es war im damaligen Vogtland Usus, wenn so eine Geige mit dieser markanten Verzierung auf der Rückseite aufscheint, dass die eine da Salo sein muss (ähnlich wie die ohne Eckpfeiler von Gusetto, obwohl sich dazu auch bessere Namen fänden -wie Pietro Guarneri). Solche Geigen sind daher sogar sehr leicht, wie es der Rainer schon erkannte, als böhm. Manufaktur zu erkennen.
    Wegen der angebotenen Massen im Internet leider wirklich nur mehr als Schülergeigen mit gehobenen Anspruch finanziell vertretbar.

  • Danke auch Dir. Ich bin dennoch froh, diese meiner Meinung nach hübsche Geige gefunden zu haben, denn ich habe vor ca. 7 Monaten mit dem Unterricht angefangen - mit einem chinesischen Instrument, das zwar für seinen Ruf nicht mal sooo schlecht ist, neben einer "richtigen" Violine dennoch scheußlich klingt. Allein an den anfangs noch vorhandenen Saiten zu zupfen versprach vom Klang her einen enormen Fortschritt, wenn diese Geige erst einmal hergerichtet ist. Mich hat vor allem interessiert, wo das Instrument herkommt und wie alt es ungefähr ist, und das habt Ihr mir ja sehr schön erklärt. Vielen Dank nochmal!

  • Die alten Sächsisch-böhmischen Geigen werden oftmals unterschätzt. Nur weil sie in Massen gebaut wurden, und weil es unter ihnen auch scheußliche Exemplare gab... Es gibt aber ganz fantastisch klingende sächsische Manufakturgeigen, und da kann man solide Instrumente oft zu einem Spottpreis erstehen. Und letztendlich ist das ein Instrument, was 125 Jahre abgelagertes, rissfreies Holz hat ;) Das ist zwar auch keine Garantie für einen guten Klang ;) aber zumindest ist das eine Fiedel mit Geschichte. Hier sieht man das Manufakturproblem auch recht deutlich: während der Korpus doch rechtsbündige und ganz ordentlich verarbeitet ist, ist die Schnecke sehr grob. Wahrscheinlich wurde beides von verschiedenen Arbeitern angefertigt.


    Mit guten Saiten (die sind oft mehr als die halbe Miete, da sollte man nicht sparen) und vernünftig eingestellt sollte das doch ein nettes Instrument werden. ;)

  • Hallo Nell.
    Hast Du wirklich vor, diese Geige beim Geigenbauer in Stand zu bringen?
    Ich denke, da kostet die Arbeit um ein Vielfaches des realen Wertes.
    Wenn man das selber machen kann, ist das ja noch okay.
    Wenn ich aber sehe, was da ein Geigenbauer alles machen muss, würde ich
    nach einem Instrument suchen, wo einiges mehr stimmt.
    Für 200-300 Euro habe ich schon perfekte Schüler Instrumente (keine chinesischen Geigen) gesehen.
    Selten, aber es gibt es immer wieder.
    Ich denke mal, die oben gezeigte Geige auf Vordermann zu bringen kostet zwischen 300-500 Euro
    oder sehe ich das Falsch (kenne die Preise der deutschen Geigenbauer nicht, aber ich denke, die wollen auch leben ;-))

  • Die notwendigen Arbeiten – Steg, Stimmstock, Saitenhalter, Wirbel, Saiten – sollten sich für weniger als 200 Euro erledigen lassen können. Wenn man es selber machen kann, wird es natürlich billiger.

  • Wow, da sind die Geigenbauer in Deutschland doch wesentlich günstiger als in der Schweiz :)
    Für das oben beschriebene hätte ich jetzt eher 300-450 Euro geschätzt.
    Bei 200 Euro kann sich das natürlich lohnen.
    Ist der Betrag inklusive Material?
    Ich würde den Material Wert schon auf 70-100 Euro rechnen und dies wäre dann
    eher günstiges Material.