Erwachsene Anfaenger

  • Das Gerücht, es sei zu spät, kenne ich gut.
    Einige aus meinem Bekanntenkreis haben mich sogar für verrückt erklärt.
    Was? Du in deinem Alter willst noch Geige lernen?
    Damit mußt du doch mit 6 Jahren anfangen...
    Das war nicht gerade ermutigend, aber ich bin ja ein Dickkopf - und was ich mir in den Kopf gesetzt habe, das ziehe ich auch durch.


    (Was für mich persönlich - aber nur im Winter - schlimm ist: ich bekomme bei Minusgraden Frostbeulen an die Finger, weil ich mir vor vielen Jahren die Hände erfroren habe - dagegen gibt es kein Mittel und Geigenspielen ist dann sehr schmerzhaft...)


    Und um mich den anderen anzuschließen: Es ist nie zu spät, etwas Neues anzufangen, und Geige zu lernen ist ein wunderbare Sache!
    Wie oft nehme ich nach einem anstrengenden Tag die Geige in die Hand und fange an zu spielen- und ich kann ganz schnell abschalten und entspanne mich wieder... - das ist Balsam für die Seele

  • Liebe Vanille123,
    gib es zu, Du bist ebenso Geigensüchtig wie ich!!! (Ich hoffe, das <Du> ist für Dich okay?) Aber, zu dieser Sucht bekenne ich mich ganz freimütig. :P
    Schade, daß Du nur 1/2 Jahr Unterricht hattest, denn so hast Du nur die allerersten Schritte des Geigenspielens unter fachlicher Anleitung erlernen können. Aber immerhin besser als gar nicht. =)
    Gerade habe ich mal wieder ein bisschen meine Bogenhaltung- führung vernachlässigt, und das schlägt sich beim Spielen in der Klangqualität nieder. Also, was macht meine Sandra - Lehrerin -? Sie steht während des Vorspielens direkt neben mir und korrigiert sofort, wenn ich den Bogen nicht ordentlich führe.
    Aber Du bist ja auch noch ein paar Jährchen jünger, kannst später immer noch mal Unterricht nehmen. Abgesehen davon habe ich auch keine Orchesterambitionen. Ich spiele. ebenso wie Du, nur mir zur Freude. Und genau darauf kommt es auch mir an. Das Geigenspiel soll mir Lust und keinen Frust machen. :D
    Ich würde mich freuen, wenn wir in Kontakt bleiben könnten.
    Mit lieben Grüßen,
    ehrenpreis. ;)

  • Hallo, Ehrenpreis!


    ich würde schon gerne weiter Geigenunterricht nehmen, aber das ist bei meinen häufig wechselnden Arbeitszeiten etwas schwierig, zudem kommen noch 3 Kinder, die so wild sind, dass man sie kaum mal 1 Stunde alleine lassen kann ...
    doch ich werde sicher, sobald es geht, nach einem guten Lehrer/Lehrerin Ausschau halten.
    Die Bogenführung kontrolliere ich oft vor dem großen Spiegel in meinem Zimmer und man hört es tatsächlich am Klang, ob man den Bogen richtig führt, vor allem bei ganzen ,also lang angehaltenen Noten..
    Am Wochenende fange ich mit den Bach-Sonaten an ( die mit nur ganz wenig Doppelgriffen) - ich finde sie wunderbar!
    Leider habe ich täglich nur ca. 1 Stunde Zeit zu üben :(
    Das ich "Geigensüchtig bin" gebe ich gerne zu ;)


    liebe Grüße

  • Ich gebe ehrlich zu, dass ich jedem Erwachsnene davon abraten würde, Geige zu lernen. Es ist ein wunderbares Instrument, keine Frage, und mit ein bisschen Ehrgeiz kann man es auch in höherem Alter prinzipiell noch halbwegs erlernen, da sehe ich gar nicht so das Problem.


    Aber: Im Gegensatz zu Klavier oder Gitarre klingt Geige alleine selten wirklich gut, zumindest auf dem Niveau, das ein Amateur (v.a. wenn berufstätig und damit übetechnisch zeitlich zumeist etwas eingeschränkt) normalerweise erreicht.
    Wenn ich einen toleranten Freundeskreis für Kammermusik habe mag es ja noch Sinn machen, auch wenn da auch das Problem bestehen wird, dass es recht wenig Literatur gibt, in der die Geigenstimme nicht eine führende (und damit automatisch anspruchsvolle) Rolle einnimmt. Mit Bratsche oder Cello hat man es da sicherlich leichter, wenn man als Anfänger das schwache Glied einer Kammermusikgruppe ist. Im Idealfall findet man andere erwachsene Anfänger oder eben sehr rücksichtsvolle Mitspieler, aber meiner Erfahrung nach ist das sehr selten.
    Bleibt das Orchesterspiel... Bei uns im Kreis (großer reicher Kreis im Speckgürtel einer Großstadt) gibt es genau 2 "Laien"-Sinfonieorchester jenseits des Jugendbereiches. Dort spielen im Wesentlichen ehemalige Jugend-Musiziert-Preisträger, und das Repertoire ist eher Debussy als Vivaldi. Klar, nach 10 Jahren sehr gutem Unterricht und viel Üben kann man mal versuchen vorzuspielen, aber sich so lange so massiv zu motivieren stelle ich mir sehr schwer vor, wenn man noch ein zeitraubendes Berufsleben hat. Vermutlich gibt es vereinzelt auch Orchester mit weniger hohem Niveau, aber ich fürchte, da muss man wirklich Glück haben, so was zu finden.


    Bei anderen Instrumenten ist dieses Problem des "ganz oder gar nicht" längst nicht so ausgeprägt, und das finde ich einfach schade. Ich erlebe regelmäßig erwachsene Anfänger, die nach 2 Jahren Unterricht problemlos in einen Blockflötenspielkreis oder ein Blasorchester integriert werden. Solche Orchester gibt es bei uns in jedem Ort, alle Qualitätsstufen zur Auswahl, und wenn am Anfang nur die Hälfte der Töne gespielt werden kann, wird das auch akzeptiert. Ich würde mir jetzt ehrlich gesagt auch überlegen, ob ich nur wegen dem Orchesterspiel unbedingt Tenorhorn lernen würde, aber hätte ich bei der Entscheidung für das so wunderbar klingende Instrument Geige diese Erwägungen schon einbezogen, hätte ich mich vermutlich durchaus auch für Querflöte oder Waldhorn erwärmen können, oder eben ein Soloinstrument wie Gitarre oder Akkordeon gelernt. Denn von einem Instrument, auf dem ich nur für mich im stillen Kämmerlein vor mich hin üben kann, habe ich aus heutiger Sicht nicht viel gehabt.


    Aber vielleicht sehen andere das ja ganz anders?

  • ich muss dem einfach widersprechen.
    Klar, ist es für mich einfacher, als für jemanden, der vorher überhaupt kein Instrument gespielt hat!
    Und natürlich klingt die Geige am Anfang lange Zeit "wie kranke Katze" (Zitat Anne-Sophie Mutter), aber es geht - jedenfalls mir -darum, Spaß daran zu haben, den Kopf anzustrengen ( Geigespielen kostet Energie!) und einfach etwas ganz anderes zu machen, als man bisher gemacht hat.


    Natürlich gehört Ausdauer dazu, und nicht jeder mag Jahrelang täglich Kaiser- und Kreutzeretüden üben, aber ich bin der Überzeugung, dass das sein muss, wenn man irgendwann, vielleicht nach 3 Jahren wenigstens das Andante aus dem a-moll Konzert von Bach einigermaßen gutklingend spielen können möchte.
    Also, ich bin dafür, dass jeder der es auch mit 40 oder 50 Jahren noch versuchen soll, es auch tun soll.
    Eine tolle Erfahrung und Bereicherung ist es sicher...
    ich möchte sie jedenfalls nicht missen

  • Ja, Vanille123,
    da hast Du vollkommen Recht! Wie ich bereits schrieb geht es mir hauptsächlich darum, mich am (Wohl-) Klang der Violine zu erfreuen! Und obwohl ich seit 5 Jahren täglich übe, so übe ich bis dato mit ungebrochner Freude. Das Musizieren ist Balsam für die Seele, und ich möchte diese Freude keinen Tag missen!!!
    Liebe Grüße,
    ehrenpreis.

  • Naja,


    ich finde es kommt den Anspruch an, mit dem man die Sache betreibt. Wer der Geselligkeit wegen so schnell wie möglich bei einem Laienorchester mitmachen möchte und weil ohne Instrument nicht geht, eben eines lernen möchte, ist mit Geige wirklich nicht so gut beraten. Das ist etwas anderes, als wenn man Leidenschaft für den Geigenklang lernen möchte und auch beim alleine musizieren Spaß an der Sache hat.
    Ich glaube auch nicht, dass jeder Geige lernen kann. Sicher, viel ist Übungs- und Fleißsache, aber ein gewisses Mindestmaß an Musikalität und Talent muss auch da sein. Und wenn das fehlt, ist durch allen Fleiß der Welt nicht zu ersetzen. Natürlich kann jeder versuchen Geige zu lernen, aber nicht jedem wird es gelingen.

  • Ich sehe da jetzt keinen Widerspruch: Intensives Üben und lange Jahre qualifizierter Unterricht sollten bei jedem Instrument mit egal welchem Ziel eine selbstverständlichkeit sein, sonst wird man längerfristig keine Freude am Musizieren haben. Und nach vier oder fünf Jahren ist die Lernphase ja noch längst nicht abgeschlossen. Ich habe auch 15 Jahre lang glücklich mit meinem Instrument vor mich hin gespielt, umgeben von 30 anderen Schülern meiner Lehrerin. Aber: Ist das eine Perspektive für die nächsten 15/30/45 Jahre, wenn man eben nicht erst mit 60 anfängt? Wir waren zwar eigentlich gut auf unserem Instrument, aber praktisch alle haben spätestens nach dem Ende des Studiums aufgehört - 1h üben pro Tag um das Niveau einigermaßen zu halten hat man irgendwann nicht mehr selbstverständlich übrig, denke ich. Das ist in der Lernphase anders, da sieht man regelmäßig deutliche Fortschritte, die motivieren, es gibt auch noch erreichbare Ziele, deshalb vermute ich, dass meine Vorschreiberinnen die Problematik einfach nicht nachvollziehen können. Müssen sie auch nicht, so lange das Geigen für sich genug Freude macht, ist das doch in Ordnung!


    Ich spiele in Tat erst neuerdings wieder, weil ich durch Zufall eine Kammermusikgruppe gefunden habe. Und die trifft sich absolut nicht in erster Linie zum Saufen oder Klönen, seither ist mein Anspruch an mich wesentlich gewachsen! Aber ich habe auch von frühester Kindheit an im Chor gesungen, daher meine Überzeugung, dass gemeinsames Musizieren (egal auf welchem Niveau) einfach viel viel mehr Spaß macht, als allein. Auch die Möglichkeit, anderen auf kleinen Konzerten damit eine Freude zu machen, gehört für mich zur Musik dazu, ich finde es schade, wenn es nur Selbstzweck ist. Aber das ist eine Erkenntnis, die erst sehr langsam gereift ist.

  • Hallo Blacky,
    es ist alles eine Sache der Alters-Sichtweise! Im Grunde genommen hat jedes Posting hier für sich recht. Wenn man allerdings schon die 60 überschritten hat und noch den hochfliegenden Wunsch hegt, das Geigenspiel erlernen zu wollen, dann fallen die Wunschziele eben etwas bescheidener aus. Doch die Freude am Tun ist das was zählt!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!
    Auch ich übe täglich regelmäig 2-3 Stunden Geige, und seit Dez. 2013 auch noch Bratsche. Warum sollte ich mir die Freude nicht gönnen? Die Geige gefällt mir sehr gut, und die Bratsche, neu entdeckt, ebenso. Selbst wenn ich nicht so flott vorankomme wie junge SchülerInnen, sehe ich keinen Grund es nicht zu machen. Die Beschäftigung mit den beiden Streichinstrumenten hält mit im Kopf fit und meine Seele gesund! Was also spricht dagegen???
    Mit lieben Grüßen,
    ehrenpreis.