Erwachsene Anfaenger

  • Hallo allerseits,


    immer wieder taucht ja die Frage auf, ob man mit 20, 30, 40,...70 oder wie auch immer schon zu alt zum Geigelernen (oder Bratsche, Cello...) sei. Es wäre prima, wenn wir in diesem Thread ein paar Erfahrungen austauschen könnten, vielleicht bekommt dann der Eine oder Andere Lust, auch als Erwachsener (z.B. um das Ueben seines Kindes zu unterstützen) anzufangen?


    Also, was ist Eure Meinung?


    Ich fange mal an. ;)


    Ich denke, Geige lernen kann man fast in jedem Alter. Mit "fast" meine ich, dass natürlich bei sehr jungen Kindern oder sehr alten Menschen (oder auch behinderten Menschen) gesundheitliche Gründe dagegen sprechen können. Hier mal ein sehr junger Geiger: http://www.youtube.com/watch?v=JN2SQ4m7M04


    Natuerlich können auch Erwachsene noch anfangen! Leider hält sich hartnaeckig das Gerücht, dass dies nicht mehr ginge, dass "es zu spät sei" usw. Zu spät für eine Karriere als Paganini sicher- aber wieviele Kinder studieren wirklich später mal Geige? Da sagt man dann ja auch nicht "war alles umsonst". Warum muss man -gerade bei der Geige- "Berufsmassstaebe" anlegen? Wer als Pensionär anfängt, Tennis zu spielen, bekommt ja auch nicht zu hören dass er nicht mehr nach Wimbledon kommt. Oder denkt ans Golfspielen....


    Man sollte beim "Geigespielen" das Wort SPIELEN mehr betonen: es spielerisch, als Hobby sehen. Einfach -auch als Erwachsener- mal ausprobieren (Stichwort Leihgeige...) und ein paar Stunden bei einem Lehrer nehmen. Viele Erwachsene kommen sehr weit, von "Hausmusikniveau" bis (Amateur)Orchester ist prinzipiell noch alles möglich. Erwachsene haben auch Vorteile: sie können oft systematischer üben als Kinder, sind oft motivierter und weniger ablenkbar. Sie lernen daher nicht unbedingt langsamer als Kinder, sondern anders. Das sollte ein Lehrer berücksichtigen.


    Warum sollte man noch als Erwachsener ein Instrument beginnen? Na, erstens weil es unheimlichen Spass macht. Ausserdem kann man sein Kind begleiten, und auch zum Ueben besser motivieren. Wenn das Musizieren ein Teil des Familienlebens ist, und Kinder sehen, dass nicht nur sie, sondern auch Mama/Papa (die ja als Erwachsene "immer alles schon können", nie Hausaufgaben machen müssen, immer die "Bestimmer" sind...) üben müssen, kann das sehr motivierend für sie sein. Einfach aus Fairness seinem Kind gegenüber sollte man überlegen, ob man nicht auch "mitlernt"-einfach auch um zu sehen, wieviel "Arbeit" das macht, und auch wieviel Frust man auch mal bewältigen muss wenn man irgendwelche Stücke wieder und wieder üben muss und es einfach nicht klappen will...und was man da von seinem Kind verlangt. Sollte es partout nicht mit der Geige klappen, kann man ja auch noch mal ein anderes Instrument probieren. Mein Vater damals hat im Alter von über 60 Jahren mit Horn begonnen-ohne musikalische Vorbildung. Sein Ziel -Posaunenchor in der Kirche- hat er erreicht. Ein Bekannter hat erst als er schon über 50 war, sich der "Hausmusik" seiner Familie angeschlossen, und -ebenfalls ohne musikalische Vorbildung- Horn, Trompete, Klarinette und Saxophon (das Instrument mit den wahrscheinlich meisten Spätanfängern-von Bandambitionen Jugendlicher abgesehen kommt die Liebe zum Jazz oft erst im Erwachsenenalter) gelernt, und er hat sich als sehr talentiert entpuppt. Übrigens kenne ich auch ein geistig behindertes Kind, was unglaubliche Freude am Geigespielen hat....


    Also, nur Mut!!!!!!


    P.S.: Als Schule empfehle ich fuer Erwachsene sehr den Sassmannshaus. Das geht zwar auch sehr "kindgerecht" los, aber das Lernrepertoire (ab dem 2.Band etwa) ist grossteils klassische Musik/Barockmusik, und viele sehr schöne kleine Duette bieten schon früh die Möglichkeit zum Zusammenspiel. Man kann als Erwachsener je nach Talent auch gleich beim 2. Band einsteigen.


    Was sind Eure Erfahrungen?

  • Hallo,


    meine kleine Tochter (5) nimmt seit Anfang Okt. Geigenunterricht auf eigenen Wunsch. Sie lernt nach Suzuki - da wird ein Elternteil (in dem Fall ich) stark mit eingebunden. Also dachte ich mir, wenn ich eh immer dabei bin, dann kann ich es auch selbst versuchen. Nun bin ich noch auf der Suche nach einem passenden Instrument.


    Wir haben auch mit dem Heft von Saßmannshaus angefangen (frühe Anfang Band 1) und bis jetzt kann ich noch folgen :-)) Ich spiele sonst kein Instrument und kann noch nicht einmal Noten lesen - das wird lustig :-))

  • Ich habe jetzt erst mit 39 angefangen Geige zu lernen und bin nun seit einem 3/4 Jahr dabei. Es klappt viel besser, als ich gedacht hätte. Ich muss allerdings dazu sagen, dass ich eigentlich von Kindheit an Musik gemacht habe (musikalische Früherziehung, Flötenunterricht, Posunenchor), so dass ich mit Notenlesen etc. kaum Probleme hab.
    Außerdem habe ich eine ganz tolle Geigenlehrerin gefunden, die mich bestens motivieren kann.
    Mein Ziel ist es irgendwann in einem Armatuerorchester zu spielen, da ich das gemeinsame Spiel mit anderen total vermisse (ich habe nach der Geburt unserer Kinder aufgehört Musik zu machen, was ich mittlerweile echt bedauer). Ich denke, dass ich dieses Ziel auch erreichen werde. Meine Geigenlehrerin sieht da zumindest keine Probleme bisher.
    Die These, dass Erwachsene keine Geige mehr lernen könnten unterstütze ich überhaupt nicht. Es geht sehr wohl. Und nicht jeder will dann auch gleich sein Instrument studieren oder ein zweiter David Garret werden. Mir würden weder ein Studium noch eine Solokarriere zusagen, da ich mich als Orchestermusikerin sehe. Außerdem hätte ich Sorge mir durch den Leistungsdruck die Freude am Instrument zu verderben.
    Ich kann wirklich nur jeden ermutigen, der Geige lernen möchte, das auszuprobieren! Es lohnt sich!

  • Hallo,


    das Instrument für meine Tocheter haben wir auch erstmal gemietet, beim örtlichen Geigenbauer. Der Lehrer war beim Aussuchen dabei, damit alles gut passt. Vielleicht frage ich da einfach mal nach ob die auch was für Erwachsene haben. Obwohl das Online-Angebot sicher unschlagbar ist..


    Ich kann mir zwar schwer vorstellen, dass ich es bis zum Orchester schaffe (Respekt dafür), aber einfach mal so Musik machen ist schon toll - wir haben zwar als Kinder viel gesungen und getanzt, Instrument war aber nie ein Thema..

  • Kann als etwas weniger "kindische" Geigenschule auch Doflein empfehlen. Habe damit erwachsene Schüler unterrichtet und recht gute Erfahrungen gemacht... natürlich ist das etwas anderes wenn man mit dem Kind zusammen "mitlernt", da ist es natürlich sinnvoll und auch lustiger in der gleichen Geigenschule mitzulernen!


    Viel Spaß und viel Mut!
    Ich denke, es ist nie zu spät anzufangen!


    pharus

  • Ich finde das sogar sinnvoll, auch im Erwachsenenalter noch ein Instrument zu lernen, das hält das Gehirn frisch und die Finger bleiben flink!


    Ich selber lernte als Kind einige Jahre Geige (zw. 9+14), spielte dann über 20Jahre gar nie Geige und musste also neu beginnen.
    Da ich aber noch andere Instrumente spiele, war das einst Gelernte gut abrufbar.


    Die Motivation, wieder Geige zu spielen kam daher, weil ich ein Orchester unterstützen wollte und es bei uns nicht einfach ist, genug GeigerInnen zu finden. Eine Kollegin vom Orchester war auch schon um die 40J., als sie mit Geige begonnen hat, weil sie das als Kind nicht durfte, und es macht ihr viel Freude, auch wenn sie die schnellen Passagen oft nicht mitspielen kann, aber wir ziehen sie mit!

  • Ich kann dem ganzen ebenfalls nur zustimmen. Man ist nie zu alt um etwas neues zu lernen, gerade bei allem was musik angeht.Denn Musik beflügelt und ist ein Balsam für die durchs Leben geschundene Seele. Ich werde nun bald mit 25 Jahren auch die Geige und die Bratsche beginnen, sobald mein geschenkter Gaul wieder einsatzbereit ist. Und ich muss sagen ich freue mich tierisch darauf, ebenso wie aufs Bratsche spielen(ein Kindheitstraum eben). Ich wollte diese Instrumente immer schon lernen, leider leider hat es bei mir bisher nur bis zum Cello und dem Kontrabass gelangt. Aber Träume sind ja dazu da ausgelebt zu werden, und nicht um im Hinterstübchen zu versauern oder nicht ? ;)


    Selbst als ausgemachter Autodidakt, der vielleicht nie den Olymp der Solisten ersteigen wird ist es dennoch für jedermann ein genuss sich einfach der Musik hinzugeben. Selbst wenn man noch nicht sonderlich viel beherrscht ist es ein tolles Gefühl mit Freunden und Bekannten oder auch Wildfremden zu musizieren und sich einfach durch das Feeling leiten zu lassen. ( Man muss bei gutem Wetter nur mal in den Parks ausschau halten, eine Gelegenheit für eine Jamsession bietet sich öfters als man denkt ;) und sowas ist auch immer ne gute Übung, man erweitert immer wieder seinen Horizont ) Und letztendlich ist es doch wirklich NUR der Spaß der zählt, egal welches Instrument man hat und gerne spielt/spielen würde.


    Ich kann jedem das Musizieren, egal in welchem Alter, sehr ans Herz legen !!!

  • Hallo, liebe UserInnen,
    zu den hier bislang genannten Altersstufen nehm ich als erwachsene Anfängerin - vor gut 5 Jahren 61-jährig!!!! - momentan wohl den 1. Platz ein. :P
    Nach einem arbeitsreichen Berufs- und Familienleben etc. habe ich mir endlich einen Kinheitstraum erfüllt, die Geige! Musik war mir schon als Kind sehr wichtig. In der Schule habe ich die Blockflöte und später dann auch noch die Altflöte gespielt. Die damals erworbenen Notenkenntnisse kommen mir jetzt natürlich beim Geigenspielen zugute. :]
    Allerdings ist das Notenlesen auch so ziemlich das Einfachste bei dem ganzen Unternehmen. Zu Beginn meiner Streicherkarriere war ich mit mir sehr ungeduldig, alles dauerte mir viel zu lange. Vor allem machte mir die Intonation zu schaffen, weil die Geige nur die 4 Saiten ohne Bünde hat, so daß ich die einzelnen Notenpositionen "voraushören" sollte. :rolleyes: Meine Lehrerin bremste mich anfangs immer mal aus und führte mich Schritt für Schritt an die Sache heran. Mittlerweile spiele ich die 1., 2., 3. und etwas auch die 5. Lage. Das Vibrato geht auch schon ganz leidlich und ich übe seit Beginn meines "Geigenstudiums" TÄGLICH mindestens 2 - 3 Stunden!!! Doch das Wichtigste dabei ist, daß es mir bis dato unbändig viel Freude bereitet. Ein Tag ohne Geigenspiel kann ich mir überhaupt nicht vorstellen! 8o
    Und damit bin ich ein weiteres Beispiel mehr, dass man auch als Erwachsener ein Instrument erlernen kann, wenn man Spaß daran hat. Denn alles was man mit Freude erlernt, das lernt man auch viel leichter. :]
    Zu meiner großen Freude und Überraschung bekam ich im vergangenen November eine ordentliche Schülerbratsche geschenkt (die Geschichte berichte ich demnächst mal), und nun habe ich im wöchentlichen Wechsel einmal Bratschen- und einmal Geigenunterricht. Den Bratschenschlüssel kann ich in der ersten Lage inzwischen auch schon ganz gut.
    Mit lieben Grüßen,
    ehrenpreis. ;)

  • also ich finde das toll, dass Sie so begeistert Geige und nun auch noch Bratsche spielen!


    Das Sie es bei der Geige schon bis in die 5.Lage gebracht haben, ist erstaunlich!
    auch ich habe erst mit 45 das erste Mal eine Geige in die Hand genommen - und wie Sie als Kind Blockflöte, Altflöte und dann ( aber erst mit 40) Querflöte gespielt.
    Die Geige hat mich von Anfang fasziniert, weil es eine so große Herausforderung ist, die Töne selbst zu finden!
    Ich habe mir dann 1/2 Jahr unterricht geleistet, seither lerne ich "im Alleingang"
    Die Violinschule von Hohmann-Heim und die Kayser-Etüden waren mein "tägliches Lernfutter"
    es gab auch Frustphasen, wo ich wochenlang gar nicht geübt habe, weil "ich es eh nicht mehr bis zum Beethoven-Violinkonzert" schaffen werde...
    Aber jetzt mach' ich dennoch weiter - mit Kreutzer-Etüden und Dancla-Etüden
    Mein Problem sind die Doppelgriffe - da haperts gewaltig, und das Vibrato habe ich bis jetzt ganz weggelassen.
    Aber: Das Spielen mach mir große Freude! und das ist doch das Wichtigste!
    Dafür, dass ich erst seit 3 Jahren spiele, bin ich ganz zufrieden.
    Ich wünsch allen "Erwachsenen-Anfängern" viel Freude mit Ihrer Geige!