Wie öffnet man eine Geige?

  • Schöne Beschäftigung! Bin ja schon auf den Klang gespannt.


    Übrigens schleift der Geigenbauer weder innen noch außen, sondern
    hobelt oder zieht mit der Klinge ab. Schleifpapier ist "tabu".


    Für das Schließen der Decke nimmst du dann aber schon richtigen
    Knochenleim, gell? :)

  • Huuuuuuiiiiii....das war ja mal ne Schachtel!!! Also, so grob hab ich Decken noch nie gesehen... Aber Du hast das ja echt ganz gut hinbekommen...!
    Vielleicht solltest Du aber wirklich versuchen, mal einen Bassbalken einzupassen-alleine aus Übungszwecken?


    Soweit ich weiss, sind Eckklötze vor allem dazu da, die Auflagefläche der Decke auf den Zargen zu erhöhen (und damit das Instrument etwas stabiler zu machen). Dies funktioniert mit den "Blendern" rein physikalisch auch (eingeschränkt, zumindest "stützen" sie die Ecken ab). Dass Klötzchen nicht zwingend notwendig sind, zeigen die vielen Gusetto-Geigen, und auch die vielen noch nicht "zusammengekrachten" Billiggeigen ohne Eckklötze. Die Schwachstellen liegen meist doch woanders... Es wird noch ein bisschen diskutiert, ob Eckklötzchen den Klang beeinflussen (sie formen ja die Innenform des Geigenkörpers), aber wenn, würden auch "Blender" ausreichen, um die sanfte 8-Form entstehen zu lassen.


    Ich würde Dir noch raten, den Sitz des Untersattes zu überprüfen, oft sind diese bei sächsisch/böhmischen Geigen zu straff eingepasst (dann neigt das Instrument zu Rissen neben dem Saitenhalter oder die Mittelfuge der Decke geht auf). Also einfach schauen ob er zu fest sitzt, und im Zweifelsfalle lieber ein klitzekleines bisschen "Luft" lassen... Das Deckenholz "arbeitet" auch anders als das sehr feste Ebenholz. Und ab jetzt möglichst Knochenleim nehmen, sonst kriegt man die Geige nie wieder auseinander...

  • Erstmal vielen Dank für Eure Unterstützung! Ich kann jeden Ratschlag gut gebrauchen.


    Zum Ankleben der Decke werde ich natürlich Knochenleim verwenden. Morgen muss ich sowieso zum Geigenbauer wegen einer anderen Sache, da frage ich mal ganz freundlich nach, ob er mir ein bisschen abgibt. Wenn nicht, bestelle ich welchen. Beim Einsetzen des Stimmfutters war das was anderes, das will man ja nicht mehr ablösen...


    Was den Bassbalken angeht, da traue ich mich nicht so ganz ran. Warum soll eigentlich ein angeleimter Bassbalken besser sein, ich meine, was macht das physikalisch für einen Unterschhied? Welches Holz nimmt man dafür (und wo kriegt man es her)? Und wie leimt man den "unter Spannung" ein?


    Die Ecken wirken tatsächlich erstaunlich stabil, ich glaube die lasse ich tatsächlich so. Irgendwo habe ich mal gelesen, dass die Eckklötze nur zur Stabilität da seien und eigentlich etwas vom Klang "wegfressen", da sie ja die Schwingung etwas dämpfen. Aber die Sache mit der 8er Form erscheint mir genauso plausibel...


    Was den Untersattel angeht: der hat genug Luft, denke ich, er ist außerdem, wie auch das Griffbrett und der Obersattel, nicht aus Ebenholz, sondern aus einem helleren Holz, das geschwärz wurde. Ich bin mir nicht sicher, ob es Ahorn ist oder was Anderes (leicht rötlich, vielleicht Robinie?). Da mir das Holz sehr hart vorkommt, werde ich die Teile erstmal wiederverwenden. Falls sie doch zu schnell verschleißen, sind sie ja vergleichsweise leicht auszutauschen.

  • Inzwischen bin ich ein gutes Stück weitergekommen.
    Der Geigenbauer hat mir ein bisschen Knochenleimgranulat geschenkt (wahrscheinlich, weil ich inzwischen eine viel zu gute Kundin bin ;) ) Von meinem Vorhaben, die Geige selbst zu reparieren, war er einigermaßen beeindruckt.
    Bei der Gelegenheit habe ich ihn gleich nach seiner Meinng zum Bassbalken befragt. Er meinte, ein eingeleimter Bassbalken wäre zwar klanglich etwas besser als ein stehengelassener, aber nur wenn er auch passgenau sitzt, und das seien schon "die höheren Weihen der Geigenbaukunst." Der klangliche Unterschied sei wiederum nicht soo groß, dass sich der Aufwand lohnt bzw. das Risiko, es nicht richtig hinzubekommen... Eine Stradivari wird ohnehin nicht mehr daraus... ;) Daher habe ich mich entschieden, den Bassbalken zu belassen.
    Außen habe ich den dunklen Lack fast komplett abgeschliffen, bis nur noch ein Schimmer von Farbe auf dem Holz übrig war. Dann mit meiner selbstgebrauten geheime-Zutaten-Suppe, äh -Beize schön orangegelb eingefärbt.
    Dann habe ich die Geige wieder zusammengeleimt, siehe Foto. Merkwürdigerweise war da plötzlich keine Auflagefläche mehr für den Untersattel, sodass ich dann mühsam noch ein bisschen aus der Decke ausschnitzen musste. Das wäre natürlich vor dem Zusammenkleben viel einfacher gewesen, habe es aber leider erst hinterher gemerkt.
    An diesem Punkt überwog meine Neugier. Habe also das Griffbrett an zwei Punkten provisorisch angeleimt und Saiten aufgezogen Obwohl ich nur billige Stahlsaiten da hatte, klang sie gar nicht mal schlecht! :] Endgültig kann man das wohl aber erst nach dem Lackieren beurteilen.
    Inzwischen habe ich sie zweimal lackiert (zwischendurch mit Schleifpapier 280 abgeschliffen). Nachdem ich einiges über Geigenlacke gelesen habe und mich auch mit einem Experten beraten habe, ist mir einfacher Schellack aus dem Baumarkt gut genug. Da die Trocknungszeit relativ lange ist, dauert dieser Prozess am längsten, denn ich denke, dass ich das mindestens 3-4 mal wiederhole.


    Über weitere Rückmeldungen würde ich mich freuen, auch sagt mir bitte Bescheid, falls jemand einen bestimmten Arbeitsschritt gerne noch ausführlicher beschrieben hätte, oder aber falls meine weitschweifigen Erzählungen langweilen ;)...

  • Zitat

    Original von violaine
    Habe also das Griffbrett an zwei Punkten provisorisch angeleimt und Saiten aufgezogen Obwohl ich nur billige Stahlsaiten da hatte, klang sie gar nicht mal schlecht! :] Endgültig kann man das wohl aber erst nach dem Lackieren beurteilen.


    Ach ja, natürlich habe ich vorher noch einen Stimmstock geschnitzt und hineingestellt, das war auch eine lehrreiche Erfahrung - Er wurde nämlich schätzungsweise 1mm zu kurz und kam somit zu weit außen zu stehen. Das Platzieren ist auch echt nicht einfach. Beim zweiten Versuch klappt es hoffentlich besser.

  • Hallo Violaine,


    habe gerade Deinen interessanten Doku-Beitrag gelesen. Zwar bastle ich selbst auch ständig an irgendwelchen "zugelaufenen Biestern" herum, würde bei mir jedoch nicht von tieferer Kenntnis der Materie sprechen, daher meine Überlegung mit Vorsicht genießen.


    Du schreibst :


    "Merkwürdigerweise war da plötzlich keine Auflagefläche mehr für den Untersattel, sodass ich dann mühsam noch ein bisschen aus der Decke ausschnitzen musste. Das wäre natürlich vor dem Zusammenkleben viel einfacher gewesen, habe es aber leider erst hinterher gemerkt."


    Das irritiert mich. Möglicherweise hat sich die Decke durch den Materialabtrag, - weil jetzt dünner und flexibler- gestreckt, und es hat eventuell die Bodenzargeneinheit auch gearbeitet, sodaß die Decke jetzt u.U. am Untersattel unverhältnismäßig weit über den Zargenrand hinausragt?
    Die Perspektive des Fotos läßt dies nicht genau erkennen, aber wenn es so ist, wäre es vielleicht ? lohnenswert, jetzt wo sie noch nicht fertig ist, nochmal zu öffnen und zu korrigieren. Ich meine, wo Du Dir doch schon soviel Arbeit gemacht hast? Aber wie gesagt, bin selbst nicht tiefenkundig.....


    gespannt auf alle weiteren Schritte,
    Lou

  • Ja, daran habe ich auch schon gedacht. Da ich aber nicht den Eindruck habe, dass das Holz irgendwo unter Spannung steht, lasse ich es glaube ich trotzdem so, denn inzwischen (nach dem Ausschnitzen) passt es ganz gut. Trotzdem danke für deinen Beitrag. Ich denke auch, dass ich nicht so viel Ahnung von der Materie habe, aber durch das Herumbasteln lernt man unheimlich viel, sowohl über das Material, als auch über die Werkzeuge, man trainiert seine handwerklichen Fähigkeiten und bekommt außerdem ein besseres Verständnis für den Aufbau und die Akustik von Streichinstrumenten. Und der Austausch unserer Erfahrungen ist ein Gewinn für alle.