Wert meiner Geige von 1906 aus Mirecourt

  • Dann rede mal mit deiner Familie. Es ist doch viel, viel besser, wenn die Geige in der Familie bleibt. Den emotionalen Wert kann Dir keiner bezahlen, und wenn die Geige erstmal verkauft ist, bekommst Du sie nicht wieder... Ich würde Dir Folgendes vorschlagen: Geh mal zu einem Geigenbauer, erkläre ihm unbedingt die Situation, und bitte ihn um eine Einschätzung zu diesem Instrument, möglichst schriftlich den Verkaufspreis im Privatverkauf (also ohne Mehrwertsteuer, Gewinn etc.).


    Es ist bei solchen Erbstreitigkeiten am Ende des Tages immer besser, etwas „Schriftliches“ -auch wenn es nicht formvollendet ist- zu haben. Nicht dass einem geldgierigen Verwandten hinterher noch Nachforderungen einfallen oder sich jemand übervorteilt fühlt.


    Und nein, du stiehlst nicht unsere Zeit- wir sind ja hier im Forum gerne unterwegs. Nur sind eben solche Infos wie Du sie jetzt gegeben hast wichtig, um einzuschätzen, was du brauchst. Und ja, den Geigenbauer googeln ist ja keine grosse Mühe. Preisunterschiede: Es kommt eben nicht nur auf den Zettel und seine Authentizität an, sondern auch auf die Qualität und den Klang der Geige.Viele Geigenbauer haben unterschiedliche Qualitäten gebaut, um ein breiteres Kundensegment anzusprechen, und auch „mittlere Qualitätskategorie“ ist sehr dehnbar. Keiner weiss, wie die Geige klingt, welche Arbeiten nötig sind (neue Saiten, Wirbel überarbeiten etc., da können schnell ein paar hundert Euro zusammenkommen…) etc. Daher sind solche Werteinschätzungen als Ferndiagnosen sehr schwierig (und nützen einem bei missgünstigen Verwandten nix). Und ja, bei Auktionen muss man Glück haben, dass mindestens 2 interessierte Käufer dabei sind. Wenn es aber 10 gute Geigen und nur 9 Interessenten gibt, ist die Situation völlig anders als wenn es 20 Interessenten gibt.

  • Vielen lieben Dank für die ausführliche Stellungnahme. Ich werde den Geigenbauer bitten, für mich den ungefähren Preis im Privatverkauf herauszufinden.

    Der Familie geht es auch nicht unbedingt ums Geld, wir müssen nur beim Notar einen Wert angeben, der auch vom Finanzamt akzeptiert wird. Aber da ich jetzt von euch erfahren habe, dass ohne Zertifikat der Wert erheblich von den üblichen Handelspreisen abweichen kann, dürfte das wohl kein Problem sein.

    Liebe Grüße

    Kristin

  • Na ja, wenn die Schwester die Geige gespielt hat, wann wurde das gute Stück den gekauft, wie kam es in die Familie?


    Wenn die Geige echt ist, war sie nämlich schon immer teuer, und der Besitzer weiß das in der Regel?!

    Aber wenn die Bilder nicht wie von mir gewünscht kommen, bleibt nur der Weg zu Herrn Köstler oder Herr Graf in Straßburg.🤷‍♂️.

  • Na ja, wenn die Schwester die Geige gespielt hat, wann wurde das gute Stück den gekauft, wie kam es in die Familie?


    Wenn die Geige echt ist, war sie nämlich schon immer teuer, und der Besitzer weiß das in der Regel?!

    Aber wenn die Bilder nicht wie von mir gewünscht kommen, bleibt nur der Weg zu Herrn Köstler oder Herr Graf in Straßburg.🤷‍♂️.

    Aus eigener Erfahrung weiß ich, dass das oft nicht der Fall ist. Vielleicht hätten die Eltern noch etwas drüber wissen können, die leben vielleicht nicht mehr? Ich finde, dass die Instrumentenkunde überraschend oft auch bei ambitionierten Spielerinnen und Spielern sehr überschaubar ist. Bei mir im Orchester gibt es auch wirklich viele Leute, die ihre Geige schon seit der Jugend haben und weder wissen, was das für ein Instrument ist, wann es von wem gebaut wurde und was es mal gekostet hat. Da sind dann noch vage Erinnerungen, wie man vor 20 Jahren beim Geigenbauer war und die Eltern diese Geige dann gekauft haben oder dass das Instrument von Opa weitervererbt wurde. Mich fasziniert das immer, weil ich am liebsten die Geschichte jedes Instruments links und rechts neben mir im Detail kennen würde. Aber es gibt echt genug Leute, die das nicht juckt. "Geige klingt ganz gut und ist heil" reicht denen. Die kämen auch nie auf die Idee, upzugraden und nochmal zu schauen, ob es ein Instrument gibt, das ihren Bedürfnissen noch besser entspricht.

    Insofern finde ich es nicht überraschend, dass die Nicht-Spieler in der Familie dazu nichts sagen können und vielleicht vage vermuten, dass es ein gutes Instrument sein könnte, weil die Schwester talentiert war.

    Abschließend sei dazu aber auch noch gesagt, dass "Schwester spielte im Landesjungedorchester" nicht viel aussagt, außer, dass die Schwester gut Geige spielte. Es gibt genug junge Menschen auf diesem Niveau, die auf einer 2.000 - 3.000-Euro-Geige spielen. Ob das Instrument zum Talent passt, ist einfach auch stark abhängig vom Portemonnaie der Eltern.


    LG

  • Da habe ich andere Erfahrung. Die Streicher unseres Barockorchesters hier wissen alle sehr genau, wo ihr Instrument herkommt, haben einen genauen Plan, wie es eingerichtet sein soll, was es Wert ist etc., haben andere Instrumente schon probiert. Natürlich ist der Geigenbauer oft nicht bekannt.


    Wenn nicht mehr bekannt ist, ob der Opa oder die Oma gut Geige gespielt hat, ist die Violine nie etwas besonderes. Natürlich sind das nur Verallgemeinerungen, die aber in der Regel zustimmen. Und es soll auch nicht heißen, dass ein kostengünstiges Instrument immer schlecht ist. Aber ein teures, in Paris gebaute Instrument taucht nicht aus dem Nichts um Jahrhundertwende in Deutschland auf.



    Eins zu 10.000 passiert sowas mal . Man könnte wenigstens nachfragen in der Familie und diese Sachverhalt zu rekonstruieren.

    Aber wenn es einem der Arbeitseinsatz nicht wert ist, zu fragen…….🤷‍♂️…………. oder noch ein paar ordentliche Bilder einzustellen?



    eine sehr fein gebaute Violine sehe ich zumindest bisher nicht. da bleibt wohl nur der Weg zu Herrn Köstler beziehungsweise einem Spezialisten für französische Geige. Herr Baumgartner in Basel käme noch in Betracht. Wo ist denn Violine Ortsansässig 😉?

  • Grundsätzlich: Alles hat seinen Wert und vieles hat einen Preis, der nicht immer identisch mit dem Wert ist. Wenn der Zettel unklar ist, muss ein Gutachten her, wenn man einen sachgemäßen Preis erzielen will.


    Allerdings ist natürlich das Angebot von Geigen aus dieser Preisklasse und "Mittelklasse" zwischen Meistergeige und guter Maufaktur groß.


    Daher kann es schwierig sein, einen angemessenen Preis zu erzielen. Aber ohne Gutachten wird es schwierig....

  • Bei Corilon ist eine von Köstler zertifizierte Geige von diesem Geigenbauer gerade angeboten. Man sieht an dem Lack, den Loch klappen, der Schnecke, dass es sich hier um eine sehr fein gebaute Geige handelt.


    Die von uns diskutierte. Geige stammt meiner Meinung nach aus einem peripheren Haus dieser in Paris vertretenen Manufaktur oder vermutlich sogar aus dem böhmischen sächsischen, auch wenn sie keine klassische Schnecke von dort hat.

  • Böhmisch sächsische Geigenbauer waren weltweit bekannt für ihre akkurate Arbeit.

    Deshalb gingen bei Ihnen schon sehr früh Bestellungen ein aus aller Welt für französische und italienisch anmutende Geigen. Da der Markt halt so war, wurde in Markneukirchen nach dieser Vorgabe gebaut, hier ein entsprechendes historisches Dokument aus Zöbisch, Bd. 1 im Anhang.: So kurios ist die Welt halt! Das könnte die leicht französische Schnecke aus Markneukirchen erklären.



    Geschichte am Rande:


    Ich saß gestern bei einem Geigenbauer in der Werkstatt, der ein Paket vor sich hatte aus China: Darin italienische Fichtendecken, circa 50 Jahre alt. Der chinesische Auftraggeber hat vor circa 30 Jahren italienisches Ton Holz nach China eingeführt . Jetzt schickt er es zurück zum Deutschen Geigenbauer, der soll daraus für den Sohn des chinesischen Investors zwei möglichst identische, italienische Geigen (nach)bauen. So schöne Haselfichte für Neubau habe ich noch nie gesehen, bisher!😂😂😂



    Der Zöbisch (zweibändige Werk) ist übrigens mit das Beste, was es über böhmisch sächsischen Geigenbau gibt.

  • Ja, viele -nicht alle!- Musiker kennen ihre eigenen Instrumente und deren Geschichte. Aber meine Familie weiss auch nicht, was meine Instrumente gekostet haben, erst recht nicht, wenn das 20/30/noch mehr…Jahre her ist. Der Markt hat sich gewandelt, und ich finde es eher ein Zeichen von seriösem Interesse, wenn Rat gesucht wird und man sich nicht auf „Familiengeschichten“ verlässt. Wir kennen doch hier auch genug solche unter anderen Vorzeichen- garantiert echte Stradivari, weil Opa „Berufsmusiker“ (Kneipencombo…) war.


    Soweit ich das verstanden habe, geht es hier aber eher um eine Werteinschätzung, die auch vom Finanzamt akzeptiert wird und um Erbstreitigkeiten. So interessant diese Geige vielleicht auch für‘s Forum ist, für solche „offiziellen“ Sachen ist ein Geigenbauer/Gutachter die bessere Adresse.