Geigenrätsel

  • Hallihallo liebe Community,


    ist schon eine Weile her, seit ich das letzte mal hier eine Geige eingestellt habe, aber diesmal ist es wieder soweit.

    Diesmal als Rätsel mit Lösung, aber mich interessiert eure Meinung dennoch sehr hinsichtlich Herkunft, Alter und Wert.


    Persönlich finde ich sie sehr gut gebaut. Bspw: man sieht auf den Bildern vermutlich nicht, dass die Schnecke durchgängig (leicht) gekehlt ist. D.h. die "Außenwände" der Schnecke sind konkav.

    Ich hoffe, dass macht Sinn.


    Klanglich ist sie erwartungsgemäßg gut, obwohl ich nichtmal weiß welche Saiten drauf sind. Sind auf allen vier Saiten beidseitig schwarz gewickelt.

    Sie kommt demnächst zum Geigenbauer für ein Service. Sie hat noch eine Stahl-Einhängesaite. Hatte ich bisher auch noch nicht, würde es aber gerne gegen ein anderes Material tauschen.

    Vorschläge gerne willkommen!


    Auflösung folgt natürlich!

    Freue mich auf Antworten!


  • Sie hat eine schöne Decke aus Haselfichte und ist insgesamt schön verarbeitet. Ich tippe auf eine Herkunft aus Rumänien oder China und ein maximales Alter von 50 Jahren. Stahl-Hängesaiten sollen gar nicht schlecht sein, manche halten sie für besser als Kevlar.


    Dass die Schneckenwände leicht gekehlt sind, ist normal. Mal mehr, mal weniger. Die Geige könnte um eine Innenform gebaut worden sein, genau kann ich es aber nicht erkennen. Der einteilige Boden gefällt mir gut. Die Saiten kenne ich nicht.

  • Hallo geigerlein!


    Danke schonmal für die Einschätzung. Werde den Geigenbauer zur Einhängesaite befragen. Es ist tatsächlich nur ein dünner Stahldraht. Hier habe ich nediglich die Befürchtung, dass dieser irgendwann in den Endknopf reinschneidet.


    Bisschen älter ist sie, China oder Rumänien ist es nicht.


    LG

  • Hallo liebe Leute,


    die Geige ist vom Geigenbauer zurück, es war ja nicht wirklich viel zu tun.


    Die Saitenfrage hat sich auch geklärt: es waren Thomastik Präzision, medium :)

    Der Saitenhalter ist draufgeblieben, die Stahleinhängesaite ist original Bestandteil dieser Art von Saitenhalter von Otto-Infeld.


    Ich habe ihn oben gelassen, da dieser passend zur österreichischen Geige ist.


    Es ist eine Geige von Franz Nosek, Innsbruck.

    Gebaut 1951.


    Die Geigenbauer waren angetan von der gekehlten Schnecke und meinten, dass dies manchmal noch extremer vorkommt, es grundsätzlich aber selten ist. V.a. ist es schwierig diese Kehlung so gleichmäßig hinzubekommen. Sie meinten auch, dass es eine sehr saubere Arbeit und ein Original ist. Auch der Steg ist von ihm gestempelt, daher wollte ich den umbedingt erhalten. Gekannt haben sie den Geigenbauer leider nicht. Allerdings hatten sie sofort Ideen, wer der Erbauer sein konnte, ohne den Zettel gesehen zu haben.


    Irgendwie haben wir uns statt den alten Saiten für Larsen Aurora hingearbeitet, als Alternative zu den Pirastro Tonica. Wohl ausreichend für meine Spielfähigkeiten. Die sind relativ neu, daher gibt es noch nicht wirklich viele Reviews dazu. Jedenfalls passend zu meinem Wunsch mal etwas ganz anderes zu probieren statt den ewigen Dominant.


    Was alle angemerkt haben war, dass der Stimmstock nicht in der Idealposition steht. In der Annahme, dass dies noch vom Ersteller eingerichtet wurde, bleibt der Stimmtstock mal dort bis ich den Klang bewerten kann. Bisher bin ich sehr zufrieden.


    Ein paar Fragen habe ich noch am Ende:


    Kennt jemand den Geigenbauer? Das Internet weißt nur sehr wenige Infos auf.


    Und was wäre so eine Geige denn ca. Wert? Ich habe den Beitrag von Hannes_F gelesen, bei dem Meistergeigen allein wegen der Arbeitszeit bei 6000€+ anfangen müssen, bei einem Stundenstatz von 25€/h. Die Geigenbauer hielten sich hier bedeckt, und ließen sich nichtmal etwas mündlich entlocken. Gerne aber gegen Zertifikat - vielleicht mache ich das ja noch. Ist natürlich alles nachvollziehbar, verkaufen werde ich sie aber eh nicht.


    Freue mich sehr über Rückmeldung!


    Liebe Grüße!

  • Nein, ich kenne diesen Geigenbauer nicht. Es gibt einfach viel zu viele Geigenbauer, als dass man alle -und die Merkmale ihrer Instrumente- kennen könnte. Seriöse Gutachter haben daher oft auch einen geographischen und zeitlichen Schwerpunkt, also Epochen und Regionen, wo sie sich richtig gut auskennen, und bei anderen Instrumenten Kollegen zu Rate ziehen.


    Beispielsweise frage ich bei sächsischen Instrumenten immer in Markneukirchen an- die erkennen oft sogar „anonyme“ Geigen, und können sie zumindest „in einer Richtung“ einordnen. Einfach weil sie Spezialisten „für ihre Region“ sind…


    Wert und Zertifikate:

    Klar halten die Geigenbauer sich bedeckt. Eine Geige werttechnisch einzuordnen bedeutet, dass man sich gewissermaßen „festlegt“, und das ist bei eher unbekannten Geigenbauern manchmal nicht einfach. Ausserdem bedeutet es Arbeit- und so mancher Geigenbauer könnte seine gesamte Lebenszeit mit dem Einschätzen von Instrumenten verbringen- das kann er nicht kostenlos tun. Er hat viel Zeit investiert, um sich dieses Wissen anzueignen. Nimm als Vergleich den Arzt: Der begutachtet Dich, und sagt Dir (im Idealfall), was Du für ein gesundheitliches Problem hast. Keiner würde erwarten, dass ein Arzt das kostenlos macht. Aber so ein Geigenbauer, der „kann doch mal schnell was sagen…“?


    Wert einer „Meistergeige“: Für den Neuwert stimmen die 5-6000 Euro. Aber auf dem Gebrauchtmarkt sieht das ganz anders aus. Da geht es dann um den Klang, den Klang und den Klang. Ja, es gibt Instrumente bekannter Meister, die einen Wert als Kunstgegenstand („eine echte XYZ!“) haben, das ist bei unbekannten Geigenbauern aber weniger der Fall (man denke nur an manche chinesischen Meister…). Ja, es gibt einen kleinen Aufschlag, wenn die Geige ein „Meisterinstrument“ ist- aber der Klang spielt die grössere Rolle. Und wenn sie nicht klingt, kann ein Manufakturinstrument mit einem besseren Klang gleich viel oder sogar mehr wert sein. Der Wert steigt auch mit guter Verarbeitung, aber dann liegt der Wert der Geige eben darin, dass sie ein toll gebautes Instrument ist- egal ob es Meister Eder oder Pumuckl oder Meister Cheng Ling Ding Dong war, der sie gebaut hat. ;) Das ist jetzt etwas platt gesagt, denn ein bisschen eine Rolle spielt die Herkunft schon… Aber vielleicht wird an diesem Beispiel auch deutlich, warum die Werteinschätzung nicht immer einfach ist, und warum sich die Geigenbauer zu Recht bedeckt halten. Wer sich „festlegt“, kann darauf auch „festgenagelt“ werden… ;)


    Apropos Meisterinstrument: Eine meiner Bratschen ist ein „echtes Meisterinstrument“, auch ganz hübsch- und hat mich 800 Euro gekostet. Eine andere -signiert und gestempelt- 1200 Euro. So sieht es im Gebrauchtmarkt aus…