Neu hier, 3 Geigen: Stimmriss, Bassbalken-Riss und Anschäften

  • Chiocciola vielen Dank, sehr interessant - vor allem auch die Bilder!

    Hmmm... das bringt mich von der Idee, auch teils die funktionierenden Belege zu erneuern, wieder ab und zurück zur Einstellung, nur das nötigste zu reparieren. Das wären kleinere Riss-sicherunungen an den Rändern, diese eventuell mit Pergament, und ein neues Futter unterm Stimmriss. Ich dachte erst, ich könnte diese Geige infach als Reparatur-Übungsgeige verwenden aber das bring ich eh nicht übers Herz.

    Einen Artikel zu Pergament hab ich gefunden:

    https://www.schilbach.net/de/p…artikel-veroeffentlichung

    - an dieser wenig wertvollen Geige wage ichs.

  • Danke, der Artikel ist vor ca. 10 Jahren geschrieben und mir bekannt. Grundsätzlich würde ich mir mehr solche wissenschaftlichen Arbeiten wünschen.

    Ich sehe folgende Probleme:

    1)Die Messung bezieht sich nur auf den Vergleich des Elastizitätsmodul es aus der Dehnung. Die Belastung bei einem Saiteninstrument wie zum Beispiel eine Geige ist aber die Dauer Vibration.


    2) Die Messung bezieht sich nur auf die vom Autor validieren Pergamentstücke. Diese muss ich für teures Geld (beim Autor?) erwerben und an die Qualität glauben. Gelegentlich ist der Onlineshop nicht lieferfähig.


    3) Pergament ist schon immer als Druckträger und Schriftträger eingesetzt. Schon früher hat man versucht die Qualität zu standardisieren mit sehr wechselndem Erfolg. Auch bei der Entstehung von Tafelbildern im Mittelalter hat man erstens den Beruf des Tafelmachers entwickelt. Zweitens wurden die Tafeln von der Innung noch mal abgenommen um die Qualität zu sichern. (Zwei verschiedene Brandstempel Jeweils von Tafelmacher und von der Innung.). Trotzdem gibt es auch bei großen Meistern Tafeln von sehr unterschiedliche Qualität.



    4) Der vermeintliche Qualitätsvorteil von circa 10 % (bei hohen Kosten und schwieriger Beschaffbarkeit) ist mir persönlich zu gering.


    5) Die Massenzunahme durch die Belege entspricht ungefähr dem Massenverlust einer Cellodecke nach 100 Jahren. Die Einführung von Maße z.B. eine Cellodecke kann mit unter auch Vorteile haben, wird von einigen Geigenbauern sogar bewusst durchgeführt.


    Das sind einige der Gründe warum ich bei den von mir durchgeführten Arbeiten mit Holzbelegen bleibe. Es handelt sich aber nicht um eine zwingende Beweisführung, dass Pergament schlechter ist als Holzbelege. Weitere Messungen zu diesem Problem wären wichtig.😉.

    Ich bitte die schlechte Qualität der Bilder zu entschuldigen, irgendwie ist die Auflösung reduziert worden, ich versuche es noch mal mit zwei Bildern. Grundsätzlich wollte ich zeigen, dass manche Belege zusätzlich in der Decke versenkt sind. ( parallelnervige Längsbelege einer französischen Guersan-Kopie aus der Zeit von Louis Guersan, Decken-Holz mit Letztem Jahresring von 1781).

  • In dem letzten Bild sieht man deshalb aufgesetzte Querbelege und wie Futter versenkte Längsbelege (2x) mit paralleler Jahresringführung. Sie wurden als Ersatz für jeweils 2-3 alte, gelöste Querbelege eingefügt. Auf der anderen Seite in gleicher Höhe sieht man mit Bleistift eingezeichnet zwei weitere Längsbelege in Planung. Die Decke hat an den Stellen leichte Wurmschäden.

    Die russische Berufsmusikerin ist mit dem Ergebnis sehr zufrieden. Mancher Geigenbauer hatte das sehr alte angeschäftete Instrument als Totalschaden abgeschrieben.

  • Den Unterklotz würde ich wegen den Wurmlöchern austauschen.

    Die meisten Rissbelege finde ich in Ordnung. Du könntest einen Stimmfutter machen und den Riss am F-Loch stabilisieren (Beleg entfernen - neuen Beleg machen).

    Du könntest versuchen, die vielen Holzbelege durch weniger Pergamentbelege zu ersetzen. Belege brauchst Du an den Stellen, die stark schwingen, also vor allem an den F-Löchern sowie am Riss-Ende. Wenn es einen Riss gibt, der vom Untersattel in Richtung Stimmbereich geht, sichert man ihn mit einem Beleg am oberen Ende, so dass er hoffentlich nicht zum Stimmriss wird.

    Ich würde es genauso machen, wie es geigerlein beschrieben hat.

    Das unterm Zettel scheint auch von ihm oder einer Verwandtschaft zu stammen...
    ...steht da Wien? Die Jahreszahl könnte 1950 sein.

    Das ist auch ganz sicher von ihm, ich lese da "Zákányi" und "199?". Wenn da doch 1950 steht, könnte es der Vater von Mihály ZÁKÁNYI sein.

  • Danke!

    Ich hab jetzt viel darüber nachgedacht und denke, ich werde lieber nur das notwendigste machen.

    Alle Reparaturen von 1995 sind stabil, lediglich der Stimmriss bewegt sich etwas dort, wo das große Futter liegt.

    Dieses werde ich abnehmen und erneuern, das Wurmloch werde ich inszwischen im Auge behalten.

    Nachdem nirgends frische Fraßspuren zu sehen waren glaube ich, dass es alt ist. Es ist auch das einzige, das Holz ist ansonsten kompakt.

    Klanglich ist von dieser Geige nicht allzuviel zu erwarten, die Decke ist wirklich sehr dünn, daher wohl auch die vielen Risse.

    Eventuell werde ich an manchen Stellen mit Pergament-Belegen sichern. Ich mag dieses Instrument aber zum reparieren üben hab ich noch genügend andere kaputte Geigen rumliegen ;)
    Da wir regelmäßig Jam-Sessions veranstalten ist meine Idee, diese Geige als Gäste-Geige bei der Hand zu haben.

    Euch kommt das jetzt vielleicht unsportlich vor aber es sind mir auch die Faktoren Zeit, Wert und das Risiko, das das Tauschen der Belege mit sich bringt, die hier mit hinein spielen....

    ... irgendwie hab ich jetzt schlechtes gewissen aber ich denke, die Entscheidung macht Sinn.

  • Ich kann Dich gut verstehen! Wenn die Risse fest sind und die Belege halten, gibt es keinen Grund, sie neu zu machen. Prüf nur, ob alles ordentlich verleimt ist (Belege, Reifchen), sonst kann es beim Spielen zu Klirr- oder Schnarr-Geräuschen kommen, die u.U. nur schwer zu lokalisieren sind, weil sie dann nicht von einem zu tief gerillten Obersattel oder einem lockeren Feinstimmer kommen.

  • Prüf nur, ob alles ordentlich verleimt ist

    Danke, Geigerlein, hab ich gemacht. Es sitzt alles fest und auch der Stimmriss ist wieder stabil.

    Es waren übrigens alle Ratschäge von euch sehr hilfreich - auch für die Entscheidungsfindung und ich vermute ebenso für künftige Reparaturen, an die ich nun schon mit etwas mehr Gespür für die Dinge herangehen kann.

    Ein tolles Forum!

  • Fedele, hast Du jetzt den großen Holzbeleg über dem Stimmriss nur wieder aufgeleimt? Oder auch den Stimmriss selbst geleimt? Ich würde ein richtiges Stimmfutter machen, obwohl ich auf Youtube auch schon Videos von Geigenbauern gesehen habe, die auf einen geleimten Stimmriss einfach quer zur Faser einen großen Beleg geleimt haben. Wie gut das hält und wie es sich auf den Klang auswirkt, weiß ich nicht.

  • hast Du jetzt den großen Holzbeleg über dem Stimmriss nur wieder aufgeleimt?

    Ich hab ihn lediglich wieder aufgeleimt und davor den Riss darunter mit Pinsel gerubbelt und mit einer Spritze und meinen Fingern Leim eingebracht, das Plättchen etwas zurechtgeschliffen, da das Problem anscheinend Luft genau unterm Riss war - gefühlsmäßig ein fast planes Stück Holz mit wenig Druck aufgeleimt. Jetzt scheint es zu passen.