Alte Geige italienisch? Unbekannte Herkunft, Alter?

  • Diese Geige lässt mich auch etwas ratlos zurück.


    Reparatur am Halsfuss: Offensichtlich wurde der Originalhals verlängert. Der Geigenbauer hat dafür ein Stück eingesetzt.


    Helle Stellen am Wirbelkasten: Ich sehe die nicht auf meinem Rechner. Die Wirbellöcher sind aber sehr hell, aber das könnte Kreide sein.


    Anschäfter: Da sehe ich zwar Linien m Wirbelkasten (Draufsicht) würde die aber für Fake halten.


    Lack: Ich glaube nicht, dass das der Originallack ist. Da hat meiner Meinung nach schon mal jemand alles entlackt (Schleifspuren Decke) und neu lackiert, und das vor gar nicht langer Zeit.


    Heller Innenraum: Das wage ich mir von den Fotos nicht zu beurteilen. Das Reinleuchten kann je nach Licht und Kamera da sehr täuschen.

  • Helle Flecken bei sehr kleinen Lackschäden sind für Schellack typisch. Man sieht also nicht das Holz durch, sondern helle Lacksplitter.


    Ich wunderte mich über die zu gleichmässig „rundgenudelten“ Ecken, ohne Spielsuren am Mitrelbügel. Aber da wurde ein komplett neues Stück Holz eingesetzt.


    Die ganze Geige ist mal sehr aufwendig „rundumerneuert“ worden- was datan original ist und ob der Hals von dieser oder einer anderen Geige stammt kann ich von den Bildern her nicht sagen.

  • Also ich war heute beim Geigenbaumeister.


    Vorab schonmal: Er hat sich auch nicht festlegen lassen, woher die Geige stammt. Alter ca.150 Jahre +/-


    Zum Lack:


    Die Geige war wahrscheinlich original dunkel lackiert und wurde mit viel Aufwand abgeschliffen und neu lackiert. Daher auch die auf dem Boden dunklen "Schleifspuren", da dort die Orginalbeize wohl im Original zu tief ins Holz gedrungen war. Und diverse andere tiefe Gebrauchsspuren, sowie die Reperaturende der Risse, deshalb auch so dunkel erscheinen. Der neue Lack, wann auch immer aufgetragen, ist wohl ein Spirituslack. Dieser ist wohl nicht soo toll, denn wenn man nur leicht mit dem Fingernagel reindrückt entstehen diese nicht so schönen weissen Krater.


    Zum Hals:


    Aller Wahrscheinlichkeit war der Hals rausgebrochen, denn es ist ein neues Blättchen eingefügt und darüber eine auch von aussen sichtbares Dünnes Holz, was bis innen rein reicht, zur Stabilisation. Das andere eingesetzte Stück Holz ist nur links, und wahrscheinlich reperaturmäßig eingesetzt. ( also nicht zur Verlängerung des Halses, der wohl schon vorher "modern" war. Deshalb auch kein Anschäfter.


    Zur Schnecke:


    also nicht Markneukirchen, seltenes rundes Wirbelkastenende, bis tief runter gestochen,


    Am a Wirbel der äußere Aufsatz ist 1 Stück, das 2. schmale Stück ist keine Reparatur, da die Maserung durch geht.


    Das linke innere eingesetzte Stück, was aussieht wie beim Anschäfter, ist wie gesagt von innen reingesetzt, da wohl um den g Wirbel das Holz etwas "zerbröselt" war.


    Außerdem wurde die Geige " geschachtelt", soll heißen ohne äussere Form gebaut. Die Zargen sind gegenseitig manchmal etwas verwunden, übertrieben gesagt. Griffbrett würde auch Mal erneuert.


    Zum Inneren der Geige ist zu sagen, dass sie 4 Eckklötzer hat, welche, wie auch die Reichen aus Nussbaum sind, was wohl auch nicht so häufig vorkommt.


    Sie besitzt ein grosses Brustfutter, obwohl äußerlich auf der Decke kein Stimmriss ist.


    Alle Risse hinterlegt.


    Ca. in der Mitte des Bodens, zwischen 2 Reperatur Blättchen der Bodenfüge ist ein plan eingelegtes Stück rechteckiges Holz. Keine Erklärung, ausser dass Italiener wohl manchmal den Boden auf einem Nagel hätten "ausbalanciert" , was einen Einstich hinterlassen haben könnte, der dann so verdeckt würde. Aber selbst das hielt der Meister für eher unwahrscheinlich.


    Eine Seltenheit stellt die Konstruktion der Seitenbügel ( mittlerer U bügel) dar, welche bis ganz aussen geführt sind, sodass die unteren und oberen Bügel daran anstoßen. Im allgemeinen wird das wohl andersherum gebaut. (jetzt verstehen wahrscheinlich. alle nur Bahnhof, ich häng Mal ne Skizze an)


    Zusammenfassend war sich der Geigenbaumeister nicht sicher wo dieses Stück erbaut wurde. Die Schnecke sieht aus wie Italien, aber ob wirklich dort gebaut? Die Reperaturen jedenfalls scheinen etwas schnell ausgeführt worden zu sein. Diese hätte man mit mehr Zeit und Aufwand schöner machen können, so sein Urteil.


    Ich hoffe, ich habe mich etwas verständlich ausgedrückt. Falls irgend etwas nicht fachgerecht oder gar falsch wiedergegeben ist, dann war das mein Fehler. Mein Geigenbauer jedenfalls hat mein vollstes Vertrauen und sein Können schon mehrfach unter Beweis gestellt. Aber ihm in allen Details als Laie zu folgen ist auch nicht leicht.


    Auf jeden Fall wars interessant, auch wenn noch viele Fragen offen sind und nur Vermutungen angestellt werden können. Ich finde sie trotzdem schön und werde mit Freude drauf spielen. Eine Geige, die soviel mitgemacht hat, hat immer noch mehr Charme, als ein 0815 Instrument aus Fernost, ect... . Ich hab mir jetzt noch einen Wittener Leichtmetall Saitenhalter mit Feinstimmern montiert, zum einfacheren Stimmen, da nur Hobbyspieler und mit 41 noch Musikschüler.


    Danke für alle Beiträge, die gegebenen würden oder noch kommen.

  • Ein großes Brustfutter wurde häufig beim Umbau von Barockinstrumenten gemacht, um die Stabilität der Decke zu erhöhen. Viele gute Instrumente wurden dadurch klanglich ruiniert.
    Eine Berechtigung kann es haben, wenn die Decke tatsächlich nicht stabil genug ist und dadurch der Eigenton der Decke zu tief ist.

  • Also danke an alle, die sich mit den Fotos beschäftigt haben. Es wird wohl nicht rauszufinden sein, wer sie gebaut hat. Auf alle Fälle kann ich sagen, dass mein Geigenlehrer (1. Bratsche richtig der Philharmonie) sehr angetan war vom Ton Er hat sie Mal richtig rangenommen. War wirklich 1.Sahne. Er war fasziniert. Und ich erst Recht.