Bratsche ohne Zettel?

  • Hallo,


    wir sind gerade dabei, den Nachlass meines Onkels zu verwalten. Dabei sind wir auf diese Bratsche gestoßen und da sich keiner in meiner Familie mit Streichinstrumenten auskennt, wollten wir hier einmal nachfragen, ob es sich um ein gutes Instrument handelt und welchen Preis man beim Verkauf ansetzen könnte. Mein Onkel hat früher in einem Orchester mitgespielt, in den letzten Jahren war ihm das aber nicht mehr möglich. Eine Rechnung finden wir nicht mehr, er war aber eher immer ein sparsamer Mensch.


    Leider hat sie keinen Zettel, also wird sie wohl noch weniger wert sein als die typischen Fake-Stradivaris? Es fehlt ein Wirbel und zwei Saiten, der Stimmstock steht aber noch.


    Link zu den Bildern: https://1drv.ms/a/s!AorkhhJJqlwUgS-ugHsMI0enzJTe

  • Ob falscher Zettel oder gar kein Zettel ist völlig egal.


    Ein namenloses/gefaktes Instrument hat im Wesentlichen den „Spielwert“, wird also nur nach Klang beurteilt. Aufschläge kann es geben, wenn das Instrument nachweislich sehr alt ist, oder sehr hübsch, sich besonders einfach spielen lässt etc.


    Instrumente, die dank Zettel etc. einem Meister authentisch zugeordnet werden können, haben neben dem „Spielwert“ noch den „Wert als Kunstwerk“.


    Bei Ihrem Instrument ist also nur der Klang ausschlaggebend. Da wir den nicht testen können, ist eine Werteinschätzung schwierig.


    Aber es dcheint auf den ersten Blick ein ordentluch gebautes Instrument mit guter Holzauswahl zu sein. Wirbel etc. sind Verschleissteile, die kann man ersetzen.

  • Leider hat sie keinen Zettel, also wird sie wohl noch weniger wert sein als die typischen Fake-Stradivaris? Es fehlt ein Wirbel und zwei Saiten, der Stimmstock steht aber noch.


    Guten Tag


    Ich würde sagen, dass die Bratsche mehr Wert ist, als die typische Fake-Stradivari.


    Die Begründung hierfür:
    Die Bratsche scheint von guter Qualität zu sein (Holz und Verarbeitung).
    Die Bratsche wurde wahrscheinlich oft gespielt, was für die Bratsche spricht (Ausbuchser am Wirbelkasten).
    Tolle Lackierung. Da war schon ein Profi am Werk.


    Die Herkunft sieht mir nach dem deutschen alpenländischen Raum aus, wo man gerne mal ein "Blümchen" als Zier hinzugefügt hat.


    Ich würde die Bratsche einem Geigenbauer in Kommission geben, sofern er diese nimmt.
    Bei eBay kriegen sie nicht den Preis, der die Bratsche verdient.

  • Vielen Dank für die Einschätzungen!


    Ich war jetzt heute mal mit der Bratsche beim Geigenbauer, der ordentliche Saiten aufgespannt hat und das Instrument mal angespielt hat.


    Seine Meinung zum Instrument hat sich mit eurer weitgehend gedeckt: Auch er war vom Lack und der Verarbeitung recht angetan. Er ging sogar so weit, das Instrument ziemlich sicher als Meisterinstrument zu klassifizieren. Aber hätte ein Meister nicht einen Zettel in das Instrument geklebt?


    Klanglich fand der Geigenbauer die Bratsche auch sehr ordentlich, anscheinend klingt sie relativ laut/solistisch und ausgewogen, aber ganz perfekt in Sachen Ansprache ist sie nicht. Er fand auch, dass sie für wirklich professionelle Musiker noch nicht ganz geeignet ist, weil sie anscheinend nicht ganz frei klingt.


    Er schaut sich die Bratsche übers Wochenende nochmal genauer an und sagt uns dann, ob Komission in Frage kommt.