Alter dieser Geige

  • Die Hälfte der Texte hier beziehen sich auf die Abnutzung oder nicht vorhandene um das Alter zu schätzen. Das ist NIE Zielführend. Man kann eine Geige 300 Jahre wie neu erhalten oder eine Geige nach 5 Jahren bis aufs Holz blankgespielt haben und darunter die Ränder aufgeweicht haben. Natürlich ist das für viele das Offensichtilichste, aber eben auch zwecklos zu untersuchen.
    Was ich anders als an neueren Geigen sehe:
    Zunächst ist es wirklich der typische Schönbach-dieser-Zeit-Gesamteindruck, der schwer in Worte zu fassen ist.
    Dann aber auch Einzelheiten, die ich benennen kann:
    -Die nach unten gezogenen Ecken
    -Die typische Holzwahl, insbesondere der Boden. Geht man weiter zurück, findet man selten Holz mit diesen Sprenkeln, ebenso später wieder seltener.
    -Äußerst typische Proportionen, die klein Wirken, es aber nicht sind.
    -Die Flügel der F-Löcher und der Geringe Abstand an der Stelle
    -typische Schönbachschnecke, die an Ende des Wirbelkastens recht "klein" wirkt
    -geringer Abstand der Randeinlage zum Rand in Kombination mit der trotzdem klar weitergehenden Ecke mit leichter Wulst
    -typischer Lack, insbesondere die Farbe-Krümmung der Außenlinie unter dem Hals, sehr typisch


    Das sind alles sehr typische Merkmale. Alle kann man auch bei neueren Geigen finden, aber seltenst alle gleichzeitig. Wenn sich jemand zum Ziel gesetzt hat, eine SchönbachGeige dieser Zeit zu kopieren, ja dann kann man das wohl so anhand der Bilder nicht sehen, das würde ich allerdings als den unwahrscheinlichen Fall betrachten.
    Sonst empfehle ich tatsächlich mal mit einer kleinen LED-Lampe nah ran zu gehen und ein Bild davon zu machen, dann können wir vielleicht mehr sagen.

  • Vielen Dank für diese schöne Analyse!
    Wenn „Schönbach“ zutrifft, dann denke ich nicht, dass es ein Massenware der unteren Kategorie ist,
    sehe ich das richtig? Eher eine gehobene Klasse. Man könnte das z.B. daran erkennen, dass der Bassbalken
    montiert ist und nicht stehen gelassen (genau in Maserungsrichtung), oder dass die Eckklötze vorhanden sind.

  • Vielen Dank für eure Antworten!
    Also wenn ich das richtig verstehe, ist es keine 0815-Manufakturgeige?
    Wie würdet ihr denn den Wert einschätzen?


    Ich bin mittlerweile auch der Meinung und inzwischen gefällt sie mir auch immer besser. Der Lack der Geige ist übrigens sehr schön, m.E. ist das kein billiger Spirituslack. Insgesamt erinnert sie mich sehr an eine andere Geige (wahrscheinlich aus Böhmen, ca. 150 Jahre alt), die ich besitze (auf der ich spielen gelernt habe), die hat einen ganz ähnlichen einteiligen Boden, allerdings nicht genagelt, aber von Struktur und Maserung sehr ähnlich, auch mit diesen Sprenkeln.


    Vielleicht spendiere ich ihr die Tage mal ein paar neue Saiten. Der Steg ist zwar nicht mehr besonders, aber sie hat sogar damit und mit den alten Tonica-Saiten bereits einen sehr schönen, vollen Klang!

  • Achja, das wollte ich ja noch schreiben: Unbedingt den Steg gerade stellen. Der ist auf den Bildern
    nach vorne geneigt und dadurch, wie es scheint, auch schon krumm geworden (das passiert dann gerne).
    Mittelfristig sollte ein neuer Steg her.
    Neue Saiten sowieso. Und wenn es erst einmal günstige sind wie z.B. Tonica (die ich sogar momentan
    genauso gut finde wie die Dominant)


    Den Wert sehe ich abhängig vom Klang. Für mich gehört die Geige nicht zu den einfachen Instrumenten,
    sondern zu besserer Manufaktur, das sind beim Geigenbauer bei neuen Geigen etwa 2000 EUR, vielleicht
    würde der für diese auch etwas mehr verlangen, wie gesagt, bei gutem Klang. EIn Besuch beim Geigenbauer
    wäre sicherlich hilfreich.

  • Wenn der Steg verformt ist, unbedingt die Saiten nicht mehr voll spannen! Mir ist schon einen Steg einer alten Geige beim ersten Mal stimmen gebrochen. Dadurch hat es gleich einen Riss in der Decke gegeben und natürlich Lackschäden. Zum Glück war die nicht sehr wertvoll, aber weh tat es doch.
    Ich bin da ganz vorsichtig geworden.

  • Vielen Dank für die Antworten.


    Mir gefällt Dominant etwas besser als Tonica, aber ist natürlich auch gleich teurer.


    Der Steg muss auf alle Fälle gewechselt werden, das ist keine Frage, ich habe ihn aber gerade gerichtet, er war tatsächlich ein bisschen schief, ist beim Stimmen passiert und ich habe es nicht richtig kontrolliert.


    Aber behalten werde ich die Geige wohl eher nicht, da ich wie gesagt schon eine sehr ähnliche, hergerichtete Geige habe. Ich konnte sie nur auf dem Flohmarkt nicht einfach liegen lassen.


    Also falls jemand hier Interesse daran hat, darf er sich gerne bei mir melden.