Die Zigeunergeige meines Opas - was könnte sie wert sein ?

  • Liebe Community,


    ich habe mich hier angemeldet, weil ich gerne eine Einschätzung hätte was meine Geige wert sein könnte. Im Internet habe ich leider keine vergleichbare Geige gefunden, zumindest nicht mit so einer hübschen Verzierung auf dem Saitenhalter...


    Das wie ich finde überaus hübsche Exemplar ist seit ca. 30 Jahren in meinem Besitz. Ich habe die Geige damals auf dem Dachboden meiner Großeltern ohne Kasten zwischen 3 Balken gefunden. Mein Opa hat sie mir dann überlassen, mit der Bedingung, dass ich auch darauf spiele (was ich zu dem Zeitpunkt auch unbedingt wollte). Er hatte mir erzählt das er die Geige von einem Zigeuner hat. Er hatte seine gegen diese eingetauscht, ich meine es war in der Zeit als er im Krieg war, kann das aber nicht mehr sicher sagen. Mein Opa ist 1920 geboren. Mehr weiß ich leider nicht darüber.


    Mit meinen fast 13 Jahren war es aber dann doch irgendwie zu spät um Geige zu lernen und nach ca. 1 1/2 Jahren Unterricht habe ich wieder aufgegeben und mich weiter auf mein Klavierspiel konzentriert. Es war einfach nichts für mich... ;)


    Als ich die Geige bekommen habe hatte sie einen durchgehenden Riss im Oberteil. Ich wollte, das sie sich ein Geigenbauer ansieht, aber meine Mutter hat dann doch das getan was für mich ganz schrecklich war, sie hat sie selbst geklebt. Sie wollte einfach Geld sparen und dem Kind trotzdem den Wunsch nach Geigenunterricht ermöglichen...


    Man sieht den geklebten Riss auf den Bildern und auch entlang er Äußeren Kanten. Trotz all dem Übel meinte meine Geigenlehrerin damals trotzdem sie hätte einen schönen Klang und meine Mutter hätte das ganz gut gemacht, also war alles nicht mehr soooo schlimm...


    Die Geige lag nun seit ich den Unterricht an den Nagel gehängt hatte in einem billigen Geigenkasten den wir damals gekauft haben. Wir hatten auch einen neuen Bogen gekauft, auf dem Bild ist aber der zu sehen der bei der Geige auf dem Dachboden lag.


    Nun bin ich gespannt ob mir hier jemand weiterhelfen kann, denn ich würde gerne wissen was mein Schätzchen wert sein könnte. Dass man sie restaurieren müsste ist denke ich klar, aber würde es sich das überhaupt lohnen ?


    Ich freue mich auf Eure Rückmeldungen !!


    Hier die Bilder (sind etwas dunkel geworden)

  • So wie ich das sehe ist es eine der Unzähligen Böhmischen Geigen mit Löwenkopf. Es scheint hier die einfachste Ausstatung zu sein.
    Der Wert im Tadellosen zustand und bei Guten Klang vielleicht 100-200€.
    Bei dieser Geige fehlt die Zunge im Löwenkopf und der Riss ist ein Stimmriss Kosten für eine Reparertur jenseits des Wertes dieser Geige. Bemerkens Wert ist allerdings das der Steg so Aussieht als wäre er gestern angefertigt worden und keine 30 Jahre alt ist oder sogar so alt wie die Geige selbst und bei der mach Art bezweifel ich auch das die Geige einen guten Klang hat ich glaube das die Geigenlehrerin sehr nett und großzügig war in Ihrer Auslegung was den Klang der Geige an ging um Ihren lieben schüler zu behalten.
    Als Errinnung an frühere zeiten als man noch Geige spielte und als Andenken an die Lieben Großeltern eine schöne Decko Geige Wert 20-30€.
    Zum wieder herrichten nur wenn man zu viel Geld über hat und nicht weiß wohin damit (Tschuldigung).
    Zum Bogen kann ich leider nichts sagen aber besonders wertvoll sieht er nicht aus.
    Zur Verzierung des Saitenhalters ist noch an zu merken das diese auch in unendlich vielen und schönen Aussführungen gab.
    Aber nur weil ein Saitenhalter Hübsch aussieht wertet er die Geige nicht auf, er ist ein gebrauchs Gegenstand, der wie Saiten Wirbel Steg usw.
    regelmäßig auch gewechselt werden. Auch hier gibt es Natürlich auch Aussnahmen wenn eine Geige in allen teilen Authentisch und Wertvoll ist.
    Was aber bei dieser Geige leider nicht zu trifft.

  • Ja, es handelt sich bei der Geige um eine böhmische Geige, welche in Ahnlehnung an die Modelle Stainers gefertigt wurde. Der rein objektive Wert ist -da stimme ich Abalon zu- gering. Aber es gibt Familiengeschichten und Werte, die sind mit Geld nicht zu bezahlen. Unter diesen Vorzeichen -und nur unter diesen- kann man die recht kostspielige Reparatur erwägen. Für einen Verkauf lohnt sich das nicht, und den hübschen Saitenhalter kann man auch auf eine andere Geige montieren, die besser in Schuss ist.


    Zum Klang: Da möchte ich Abalon widersprechen: ich kenne auch sehr einfache Geigen, die sehr gut klingen. Das kann man vom Foto einfach nicht sagen. Ich habe da in letzter Zeit sehr dazugelernt- das Cello eines Bekannten hatte einen Stimmriss, einen Bassbalkenschaden und eine so eingefallene Decke, wie ich es noch nie bei einem Instrument gesehen habe. Der Klang war dennoch besser als der des Meistercellos im guten Zstand, welches er noch besass-und nein, das hat nicht schlecht geklungen. Ich habe es selber nicht geglaubt, bis ich es gehört habe. Und ja, ich hatte immer die Regel, dass mir kein Instrument mit Stimm-oder Bassbalkenriss ins Haus kommt. Und nun habe ich selber eines gekauft, welches einen Stimmriss, einen durchgehenden Bassbalkenriss und noch einen weiteren Riss 1cm neben der Stimme hat. . Der Grund ist, dass es besser klingt als alles, was ich bisher in der Hand hatte. Keine Frage, ohne die Risse muss das mal ein Topinstrument gewesen sein. Übrigens meine ich das nur klanglich, es stammt nämlich auch aus Böhmen... ;)


    Nein, kaum ein Instrument klingt mit einem Stimmriss oder einem ähnlichen Schaden gut. Vielleicht eines von 10.000. Aber wie gesagt, in letzter Zeit habe ich dazulernen müssen, und meine Meinung da etwas geändert. Teuer iist so eine Reparatur auf jeden Fall.

  • Und Thema Geigenunterricht: Nicht gleich die Geige ins Korn werfen! Die Vorstellung, dass man nur als kleines Kind Geige lernen kann, ist absolut falsch. Es reicht nur rein zeitlich nicht, als Erwachsener ein Niveau zu erreichen, welches einem eine Solistenkarierre ermöglicht. Bei jemandem, der mit 30 anfängt, Tennis zu spielen, mit 40 Reiten lernt oder Spass am Joggen hat, sagt man doch auch nicht, dass er nie in Wimbledon spielen, bei internationalen Turnieren starten oder den Marathonrekord brechen wird.


    Es gibt sehr viele erwachsene Anfänger (teilweise über 50jährige!!!), die mit einem Streichinstrument beginnen, und es durchaus noch in ein Amateurorchester (Uniorchester, Musikschulorchester...), eine Kammermusikgruppe (Hausmusik, Kirchenmusik...) oder kleine Combo/Band (Folkfiddler....) schaffen! Und ganz ehrlich: Die allermeisten der Kinder, die mit 5 Jahren angefangen haben, werden auch keine Berufsmusiker, und landen genau in den gleichen Orchestern...vielleicht eher am 1. Pult als am letzten, aber das Wichtigste ist der Spass an der Sache, den man sich nicht durch Druck und "ich-bin-zu-alt-Stress" verhageln lassen darf.


    Und wenn es wenigstens ein paar Weihnachtslieder in Andenken an die Grosseltern sind, dann hat die Geige schon ihren Zweck erfüllt.

  • Vielen Dank für Eure ehrlichen Antworten !
    Ich habe schon fast befürchtet, das die Geige keinen großen materiellen Wert hat, vor allem aufgrund des Zustands. Nachdem sie aber nun nach Eurer Einschätzung tatsächlich eigentlich gar nichts wert ist und sich eine Restauration nicht lohnt werde ich sie auf jeden Fall behalten.
    Vielleicht versuche ich's ja auch tatsächlich noch mal auf meine alten Tage mit dem spielen ;)


    Die Geigenlehrerin hatte die Geige übrigens nicht großartig gelobt sondern meinte halt sie wäre gar nicht so schlecht und hätte einen schönen Klang. Spielbar war sie ja auch und das war das wichtigste. Ich denke auch dass der ideelle Wert immer der größte ist ...


    Vielen Dank also nochmals für Eure Einschätzungen, ihr habt mir sehr geholfen !!

  • ...im Vergleich zu dem, was Geigenlehrer sonst manchmal an Instrumenten zu sehen bekommen, kann das auch ein sehr ehrliches Urteil sein. Und wie gesagt, manchmal - MANCHMAL- gibts auch Instrumente, die trotz solcher Schäden klanglich ok sind.