Geige mit Stimmriss im Boden

  • es mag schon sein, dass irgendjemand aus purer Liebhaberei seine Geige auf koste es was es wolle reparieren hat lassen.
    Mag sein dass sie halt seine erste Geige war oder sie wider erwarten einfach toll klingt.
    Ein mir bekannter Gitarremacher bekam auch mal den Auftrag eine uralte billige tschechische Lignaton Sperrholzruine zu restaurieren. Da half kein Hinweis, dass die Gitarre absolut wertlos ist. Sie war die Lerngitarre vom Besitzer - aus basta!

  • Na ich hoffe das es hier nicht so war. Ich habe zwischenzeitlich den Zettel angelöst. Darunter war mal ein zettel aber leider nicht mehr lesbar.
    Also bevor ich die 3 KW für mein Haus zum Heizen nutze ( kleiner scherz würde ich nie machen) hat vielleicht noch einer ein hinweis.

  • Also, meiner Meinung nach ist das eine Geige, die irgendwo aus dem ländlichen Raum stammt, und noch sehr an eine Barockgeige angelehnt ist. Der Halsansatz ist "barock", einen Anschäfter sehe ich nicht (nur eine Reparatur des Wirbelkastens), und die Geige wurde wahrscheinlich frei aufgeschachtelt, hat keine Eckklötze und (evtl. später eingesetzte??) Blender. Die Idee, die Zargen mittels Schlitzen am Hals zu befestigen, passt auch gut zu "barock" bzw. den damals noch uneinheitlichen "Geigenbaustandards", dazu passend auch der "Bassbalken". Ich würde das Instrument ins 19. Jahrhundert einordnen, erste Hälfte bis Mitte.


    Ist der Hals unter dem Griffbrett ausgehöhlt?


    Herkunft: Ich tippe auf Böhmen oder Süddeutschland/bayrischer Wald/Westböhmen, vielleicht auch Prag, so diese Ecke. So ganz sicher bin ich mir nicht, weil der Lack auf deinen Bildern farblich "alles" sein kann- golden, rot, braun,… :)

  • So ein bisschen hatte ich auch schon auf Barock getippt. Bin aber nicht sicher.
    Ich habe nochmal Bilder von Boden und Decke gemacht, hier sieht man die farbe etwas besser.
    Auch habe ich ein Bild unterm Griffbrett gemacht da ist nichts zu erkennen das es ausgehöhlt wurde oder muß ich erst das Griffbrett abnehmen? Ich welch eine bedeutung hat es wenn es ausgehölt wurde oder nicht.. Das Griffbrett ist von unten genauso grob geschgnitzt könnte es vielleicht möglich sein das es eine Barock geige im original ist.

  • Der Hals unter dem Griffbrett wurde gelegentlich ausgehöhlt, um die Geigen leichter und weniger "halslastig" zu machen. Was meinst du mit "Barockgeige im Original"? Geigen barocker Bauart bzw. mit solchen Merkmalen wurden -wenn auch in geringerer Stückzahl gemessen an der Gesamtzahl- nahezu immer (seit der Barockzeit) gebaut. Es gibt also auch Instrumente in barocker Bauart, die von 1870 sind, oder 1930, oder 1990…


    Bei Deinem Instrument denke ich an den angegebenen Zeitraum, weil die Innenarbeit doch sehr grob ist und das "freie Aufschachteln" sehr für Sachsen/Böhmen/Prag… spricht. Wie Du gut fotografiert hast, ist das Griffbrett von unten der Innenarbeit ähnlich, es wird sich also wahrscheinlich um das originale Griffbrett handeln. Ebenholz war zur Barockzeit im 18. Jahrhundert ausgesprochen teuer, und Barockgeigen aus der Barockzeit hatten meistens furnierte oder lackierte Griffbretter. Einerseits, um Holz zu sparen, andererseits, um Gewicht zu sparen. Auch das spricht für eine Entstehungszeit im 19.Jahrhundert, und wahrscheinlich sogar eher in der Mitte als am Anfang.


    Bitte mach mal ein Bild vom Untersattel (und Knöpfchen).

  • …ich meinte ein Bild wo man sehen kann, ob die Unterzarge durchgehend ist. Desweiteren gibt es sehr flache Untersättel, die nahezu nur auf der Decke aufliegen, welche, wo die Decke ausgespart ist, und welche, die so tief nach unten gehen, dass sie in die Unterzarge hineinreichen. Letztere kommen z.B. ab und zu bei Klingenthaler Geigen zwischen 1780 und 1850 vor.

  • Ok, den "tiefen" Untersattel der alten Klingenthaler hat sie schon mal nicht, das sieht schon eher moderner aus.


    Stimmt denn die Deckenmensur (ca. 19.5 cm)? Bzw. wie lang ist der Hals? Bei Barockgeigen (und ihren Nachfolgern!) ging man mit den Mensuren durchaus grosszügig um, da gibt es welche mit "Normalmensur" und Kurzhalsgeigen. Ein Rückschluss auf das Alter oder den Erbauer kann man dennoch nicht ziehen.


    Ich bleibe bei meiner Einschätzung.